Barrierefreiheit? – Man sah keinen akuten Handlungsbedarf

Ein Bericht der Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN) zeigt leider sehr deutlich, wie in Österreich noch immer mit dem Thema Barrierefreiheit umgegangen wird. Ein Kommentar.

Ansicht Behindertengleichstellungsgesetz
BIZEPS

Die positive Nachricht zuerst: Laut Bericht der OÖN vom 3. November 2011 ist das Kinderschutzzentrum Wigwam in Steyr nun barrierefrei zugänglich. Es ist in die Werndl-Straße 46a umgezogen – und konnte bei dieser Gelegenheit auch qualitative Verbesserungen vornehmen.

Grund des Umzuges

Der Umzug erfolgte allerdings nicht aus eigenen Stücken. Die OÖN schreibt dazu: „Ein Kinderschutzzentrum muss auch für Menschen erreichbar sein, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind: Das schreibt der Bund so vor. Für den Fall, dass das nicht so ist, können keine Förderungen mehr gewährt werden. Mit dieser neuen Richtlinie sah sich auch das Steyrer Kinderschutzzentrum Wigwam konfrontiert.“

Auch wenn es so nicht dasteht. Hintergrund ist, dass endlich das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz aus dem Jahr 2006 ernst genommen wird und der Bund langsam darauf zu achten beginnt, dass mit Bundesmitteln niemand diskriminiert wird.

Man sah keinen akuten Handlungsbedarf

Von sich aus hätte das Kinderschutzzentrum Wigwam und dessen Leiterin, Sonja Farkas, höchstwahrscheinlich nicht reagiert. „In Sachen Barrierefreiheit sahen Farkas und ihr Team zwar keinen akuten Handlungsbedarf“, schrieben die OÖN und zitierten die Leiterin: „Wir haben bislang auch keinen Rollstuhlfahrer betreut.“

Doch auch hier passierte, was in solchen Situationen häufig vorkommt. Kaum ist die Zugänglichkeit geschaffen, wird von der bisher ausgeschlossenen Zielgruppe das Angebot auch genutzt.

Nach der Übersiedlung – so die OÖN – sei es dann aber so weit gewesen. „Vor Kurzem war auch eine Dame hier, die im Rollstuhl sitzt“, erzählte Farkas.

Typisch für Österreich

Das Beispiel ist typisch für Österreich. Öffentliche Förderungen werden vom Bund ohne Nachdenken auch für Angebote ausgegeben, die behinderte Menschen ausschließen. Weil diese Menschen dadurch nicht sichtbar werden, wird angenommen, dass die gar nicht tatsächliche Zielgruppe sind.

Es bedarf noch viel Arbeit, dass in den Köpfen aller Fördergeber klar wird: Leistungen finanziert durch öffentliche Förderungen dürfen nicht ausschließen. Die öffentliche Hand ist hier mehrfach gefordert – einerseits durch Änderung der Förderbedingungen andererseits auch in der Unterstützung jener Organisationen, die für deren Erfüllung finanzielle Hilfe benötigen.

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