Barrierefreiheit wird verschoben

In den letzten Wochen wurde vielfach über die geplante überfallsartige Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes berichtet. Die ORF-Sendung Hohes Haus befragte die Abgeordneten.

Parlament
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„Vor fünf Jahren beschloss die damalige schwarz-blaue Regierung bis Ende 2015 sämtliche öffentliche Gebäude behindertengerecht umzubauen. Die SPÖ kritisierte damals, dass diese Übergangsfrist zu lange sei. Doch mit der Macht hat sich auch der Standpunkt geändert“, ist dem Beitrag der ORF-Sendung Hohes Haus vom 19. Dezember 2010 zu entnehmen.

Groß ist die Aufregung seit bekannt ist, dass auf Initiative von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ein Gesetzesvorschlag erarbeitet wurde, um das Erreichen der im Behindertengleichstellungsgesetz festgeschriebenen Barrierefreiheit um weitere vier Jahre zu verschieben.

Mit den – im Lauf der Budgetverhandlungen – immer wieder veränderten Gesetzesvorschlägen will der Bund nun „123 Millionen Euro einsparen“, informiert der ORF in seinem Beitrag und ergänzt: „Es fehlt offenbar an Geld und politischen Willen die Hürden abzubauen. Die Fristverlängerung stösst als Anlassgesetzgebung auf Unverständnis“.

Zur geplanten Verschiebung wurden alle Behindertensprecherinnen und Behindertensprecher der im Parlament vertretenen Parteien befragt. Hier Ausschnitte aus den Interview:

Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Find‘ ich nicht in Ordnung

„Dass man das jetzt um vier Jahre verlängert, das find‘ ich nicht in Ordnung, weil’s zulasten von behinderten Menschen geht“, meint der BZÖ-Behindertensprecher im TV-Beitrag.

Norbert Hofer (FPÖ): Ministerien werden Frist maximal ausnutzen

„Was jetzt passiert ist, ist, dass man sagt: Ok, wer jetzt einen Plan neu vorlegt, der kann den bis zum Jahr 2020 erstrecken. Wer keinen Plan vorlegt, der muss bis 2016 die Barrierefreiheit umsetzen. Es ist ein Widerspruch in sich, der schwer nachvollzogen werden kann“, zeigt der FPÖ-Behindertensprecher auf und prognostiziert: „Ich geh‘ davon aus, dass die Ministerien jetzt die Frist maximal ausnutzen werden; sehr zum Nachteil der betroffenen Menschen in Österreich.“

Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Nicht alle werden Etappenpläne ändern

„Es gibt von fast allen Ministerien Etappenpläne – ist ja auch vorgesehen gewesen im Behindertengleichstellungsgesetz und jetzt müssen sie auch auf den Websites veröffentlicht werden; bis Ende des Jahres“, erinnert die SPÖ-Behindertensprecherin und ergänzt: „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ministerien jetzt alle ihre Etappenpläne ändern werden und die Frist verlängern werden in ihren Etappenplänen. Also ich geh‘ davon aus, dass das nicht passieren wird.“

Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Ich hab Verständnis

„Also mir wäre natürlich auch recht, wenn mit einem Fingerschnippen von heute auf morgen ganz Österreich barrierefrei wäre, aber es braucht Übergangsfristen“, so der ÖVP-Behindertensprecher im ORF-Interview. Er verteidigt die Verschiebung der Barrierefreiheit mit folgenden Worten: „Ich hab‘ Verständnis, wenn einzelne Großinstitutionen länger brauchen, wie die Ministerien; allerdings darf kein Stopp passieren.“

Wie geht es weiter?

Die Barrierefreiheit im Bundesbereich wird „also um 4 Jahre verschoben“ wird im Beitrag der Sendung „Hohes Haus“ resümiert und abschließend folgerichtig erwähnt: „Ob dieses Datum halten wird, werden wohl die nächsten Budgetverhandlungen zeigen.“

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