Bartenstein, Bures und Gusenbauer beantworten Parlamentarische Anfrage zu Antidiskriminierung

Teils aufschlussreich, aber oft ausweichend und auf die rechtliche Zulässigkeit reduziert: Die Spannbreite der Antworten in einer Kurzzusammenfassung.

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Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger, hatte im März an die für die Gesetzgebung und Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes verantwortlichen BundesministerInnen Doris Bures und Martin Bartenstein sowie Bundeskanzler Alfred Gusenbauer umfassende parlamentarische Anfragen gestellt. Im Mittelpunkt standen Fragen zur Anwendung des Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG). Ende April wurden die Antworten übersandt. Diese können auf der Website des Parlaments heruntergeladen werden:

Formal betrachtet sind die Antworten der Frauenministerin und des Bundeskanzleramts lesefreundlicher, da sie vor den Antworten die Fragen wiederholen. Die Antworten des Arbeitsministers verweisen dagegen nur auf die Nummer der Frage, die in einem anderen Dokument nachgelesen werden muss.

Einige Auszüge im Überblick:

Frauenministerin Bures

Auf die Frage 6 nach der überlangen Verfahrensdauer vor den Senaten der Gleichbehandlungskommission (GBK) weist die Bundeskanzlerin auf die Verstärkung der Geschäftsführung hin und betont, dass ein „nicht zu vernachlässigender Teil der Verfahrensdauer“ an der mangelnden Mitwirkung der Beteiligten liege (S. 2).

Sie sieht in den zweijährigen Berichten an den Nationalrat eine Evaluierung der Wirksamkeit und Praxis der Umsetzung der Gleichbehandlungsgesetze (S. 5).

Auf die Frage 30 nach der Datenlage zu Rassismus und ethnischer Diskriminierung in Österreich verweist sie auf den Bericht der Bundesregierung über die innere Sicherheit in Österreich (siehe etwa den Sicherheitsbericht 2007 und den Rassismus Report von ZARA (Seite 6).

Es ist schade, dass die Bundesministerin die Frage nach der Unabhängigkeit und Zusammensetzung der GBK und Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) nicht selbst beantwortet, sondern auf die Beantwortung des Bundeskanzlers verweist – dieser beantwortet sie ebenfalls nicht selbst, sondern verweist an den Arbeitsminister.

Leider beantwortet sie nicht die Frage 38: „Halten Sie die Nicht-Veröffentlichung von Entscheidungen insbesondere des Senates III, mit denen die Zuständigkeit des Senates abgelehnt wird, für korrekt?“ (Seite 8).

Die namentliche Nennung der Mitglieder der Senate (Frage 41) – wie bei den Senaten der Bundes-Gleichbehandlungskommission üblich – hält sie, besonders für die Akzeptanz der Entscheidungen, nicht für nötig (Seite 9).

Den Dialog mit NGOs (Frage 44) erachtet sie als Grundpfeiler ihrer frauenpolitischen Tätigkeit, sie verweist auch auf die – im Juni stattfindende – Dialogveranstaltung zum Thema Antidiskriminierung (Seiten 9-10).

Die Fragen 51 bis 55 zu den kritischen Feststellungen des Europarats beantwortet sie pauschal mit einem Hinweis auf den Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. (Anmerkung: Dieser wird vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten koordiniert. Die Arbeiten fanden bisher unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, NGOs wurden nicht einbezogen.)

Schließlich sieht sie keine Notwendigkeit, das Delikt der diskriminierenden Stellenausschreibung als von Amts wegen zu verfolgendes Offizialdelikt auszugestalten. Derzeit können nur „Betroffene“ und die Gleichbehandlungsanwaltschaft eine Anzeige erstatten. (Frage 57, Seiten 11-12)

Bundeskanzler Gusenbauer

Der Bundeskanzler verweist zu den meisten Fragen auf die Beantwortung der beiden anderen MinisterInnen. Die Bekämpfung von Rassismus bezeichnet er als wichtiges Anliegen, was auch die Beschaffung von Daten und die Unterstützung von derartigen Initiativen betrifft. Etwas unverständlich ist der abschließende Satz: „Ich habe bereits den Auftrag erhalten, die dafür notwendigen Schritte zu prüfen.“ (Seite 5)

Arbeitsminister Bartenstein

Ausweichend ist die Antwort, ob das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) positive Maßnahmen gesetzt habe. Der Bundesminister sieht diese vor allem auf (über)betrieblicher Ebene, gesetzliche Grundlagen seien ausreichend. „Daher kommen gesetzlich geregelte positive Maßnahmen kaum in Betracht und stehen derzeit auch nicht zur Diskussion.“ (Seite 5) Es wäre schade, wenn sich das BMWA – außer im Falle der Initiativen im Rahmen des Jahres für Chancengleichheit 2007 – nicht für Initiativen in der Arbeitswelt zuständig sähe.

Auf die Frage nach der Evaluierung des GlGB antwortet er – wie die Frauenministerin – unter Hinweis auf den alle 2 Jahre erscheinenden Bericht über die Vollziehung des GlBG. Als Quellen zur Wirksamkeit der Bestimmungen und allfälligem Änderungsbedarf bezieht er sich auf die GBK, die GAW sowie die Interessensvertretungen (Seite 7). NGOs werden nicht erwähnt.

Schließlich kündigt er für das Jahr 2008 auch einen Leitfaden über nicht-diskriminierenden Sprachgebrauch an (Seite 8).

Die Frage nach den Gründen der Hierarchisierung – konkret: warum es keinen Diskriminierungsschutz beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen aufgrund der sexuellen Orientierung, des Alters und der Religion und Weltanschauung gibt – wird nur mit der – unbestrittenen – verfassungsmäßigen Erlaubtheit einer solchen Differenzierung beantwortet (Seiten 9-10). Es ist schade, wenn ein Bundesminister zwar auf den politischen Gestaltungsspielraum hinweist, aber nicht ausführt, aus welchem Grund dieser mit dem Ergebnis unterschiedlicher Schutzstandards ausgenutzt wurde.

Die Frage 32, ob diese Bestimmung Diskriminierung von Angehörigen (discrimination by association) umfasst verneint er mit einem kurzen Hinweis, dass dies europarechtskonform sei. Dagegen betont er zu Frage 35, dass Diskriminierung wegen vermeintlicher Zugehörigkeit zu einer Gruppe durchaus eine Diskriminierung darstelle (beide Seite 10).

Die Fragen 37-39, ob Behörden – insbesondere die Polizei – vom Diskriminierungsschutz umfasst sind, wird sehr allgemein beantwortet. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird abgeleitet, dass „staatliche Tätigkeiten im Rahmen der (schlichten) Hoheitsverwaltung nicht diesem Begriff [Dienstleistungen, die vom Diskriminierungsverbot erfasst sind] zu unterlegen sind“. Diesem Ergebnis ist in seiner Allgemeinheit nicht zuzustimmen. Innerhalb der staatlichen Verwaltung ist wohl genauer zu differenzieren. So wird etwa die Verwaltungspolizei wohl nach den Antidiskriminierungsbestimmungen zu beurteilen sein. Dasselbe gilt etwa für Belästigungen durch RichterInnen oder andere öffentlich Bedienstete oder Beauftragte. Dafür spricht Artikel 3 Absatz 1 der Antirassismus-Richtlinie, der den Diskriminierungsschutz „für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen“ festlegt.

Die Fragen 49-51 betreffen die Paris Principles zur Durchsetzung des Menschenrechtsschutzes. Der Bundesminister hält diese Empfehlungen zwar grundsätzlich für relevant, im Falle der FBK und GAW aber nur am Rand von Bedeutung. Erstmals (?) wird ausdrücklich die GAW als unabhängige Stelle im Sinn der Antirassismus-Richtlinie bezeichnet (Seiten 16-17).

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