Betreuung kann unselbständig oder selbständig ausgeübt werden
Mit dem Hausbetreuungsgesetz geben wir den Menschen in Österreich die Sicherheit, in ihrer vertrauten Umgebung alt zu werden, und die Grundlage für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird geschaffen“, sagte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein zu dem heute vom Ministerrat beschlossenen Hausbetreuungsgesetz, das Betreuung daheim auf selbstständiger und unselbstständiger Basis ermöglicht.
Das Hausbetreuungsgesetz habe die Pflege daheim auf eine arbeits- und gewerberechtliche Basis gestellt, auf der das Finanzierungsmodell aufbauen könne. „Wir haben die bestmögliche unselbstständige und selbstständige Hausbetreuung so sichergestellt“, so Bartenstein.
Aufbauend auf dem Hausangestelltengesetz werde ein arbeitsrechtlicher Rahmen für unselbstständige Ausübung geschaffen. Gleichzeitig werde das bestehende freie Gewerbe der Personenbetreuung präzisiert, die Tätigkeitsbereiche genauer umfasst. „Es wird auch die Möglichkeit geben, dass Betreuungspersonen in Hilfsorganisationen angestellt werden. Dies ist eine sehr realistische Möglichkeit, wie die 24-Stunden-Betreuung zu Hause stattfinden kann“, so Bartenstein.
Mit dem heutigen Gesetz, so Bartenstein, setzen wir den „dritten wichtigen Schritt“ um Betreuung daheim zu ermöglichen. Der erste Schritt sei die Legalisierung der ausländischen Pflegekräfte gewesen, der zweite Schritt die Amnestieregelung, die am 30. Juni 2007 ausläuft. Jetzt sei es notwendig, aufbauend auf dem Hausbetreuungsgesetz bis zum Auslaufen der Amnestie ein Finanzierungsmodell zu entwickeln. „Außerdem“, so Bartenstein, „werden Qualitätssicherungsmaßnahmen vorgesehen, so dass die bestmögliche Betreuung der Patienten gewährleistet wird“.
Eckpunkte des Hausbetreuungsgesetzes
Das Regierungsübereinkommen sieht vor, dass jede/r Betreuungs- und Pflegebedürftige eine bestmögliche Form der Betreuung nach ihren/seinen Vorstellungen erhalten können soll. Pflege daheim soll genauso möglich sein wie Pflege im Heim.
Mit dem Hausbetreuungsgesetz wird eine Rechtsgrundlage für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung daheim geschaffen. Betreuung soll unselbständig oder selbständig ausgeübt werden können: Bei unselbstständiger Ausübung ist eine Anstellung sowohl beim Privathaushalt als auch bei Hilfsorganisationen möglich. Die selbstständige Ausübung wird durch eine Novelle der Gewerbeordnung geregelt. Das Gesetz soll bis zum 1. Juli in Kraft treten. In weiterer Folge ist die Inanspruchnahme öffentlicher Förderungen jedenfalls an Qualitätssicherungsmaßnahmen zu binden.
Bereits umgesetzte Maßnahmen
Mit Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) sind Pflegekräfte aus den neuen Mitgliedsstaaten vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ab der Pflegestufe 3 ausgenommen und damit legalisiert worden. Im Rahmen des Pflege-Übergangsgesetz („Amnestiegesetz“) sind bestimmte Verwaltungsstrafbestimmungen für Arbeitsverhältnisse zur Pflege und Betreuung von Personen in Privathaushalten bis 30. Juni 2007 ausgesetzt. Mit dem Hausbetreuungsgesetz wird nun ein arbeits- und gewerberechtlicher Rahmen für die Betreuung daheim geschaffen.
Arbeitsrechtliche Grundlage für unselbstständige Ausübung
Aufbauend auf dem Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz werden arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen für Dienstnehmer, die Betreuungsleistungen in Privathaushalten erbringen, geschaffen. Der Geltungsbereich umfasst Privathaushalte im Inland, in denen ein Pflegegeldbezieher (Bundes- oder Landespflegegeld) ab Pflegestufe 3 – oder Pflegestufe 1 bzw.2 bei Demenzerkrankung – dauerhaft zu pflegen ist. Die Beschränkung auf Pflegefälle Pflegestufe 3 und aufwärts wird bis 1. Juli 2009 einer Evaluierung im Hinblick auf die weitere Notwendigkeit zu unterziehen sein.
Die Regelung der Arbeitszeit für unselbständige Betreuung in Haushalten orientiert sich am geltenden Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz. Dieses lässt bei ständigem Betreuungsbedarf Arbeitszeiten von insgesamt maximal 128 Stunden in 2 Wochen zu. Die tägliche Ruhezeit beträgt mindestens 10 Stunden.
Im Rahmen des Hausbetreuungsgesetzes wird nunmehr neu ein Arbeitszeitmodell für die Rund-um-die-Uhr Betreuung geschaffen: Die Arbeitszeit soll wie im Hausangestelltengesetz 128 Stunden in der Doppelwoche betragen, ergänzt um eine Regelung in Anlehnung an die Bereitschaftszeit bei Ärzten (Bewertung von inaktiver Bereitschaftszeit in Anlehnung an die Regelungen über Zeiten nicht tatsächlicher Inanspruchnahme des Personals in Krankenanstalten). Im Anschluss an die zwei Arbeitswochen sind zwei freie Wochen vorgesehen. Daraus entsteht ein arbeitsrechtliches Modell, um Betreuung daheim rund um die Uhr zu ermöglichen.
Selbständige Ausübung – freies Gewerbe im Bereich Personenbetreuung
Bereits derzeit ist die Ausübung eines freien Gewerbes in einfachen Haushilfstätigkeiten möglich. Durch eine Novelle zur Gewerbeordnung werden jene (Betreuungs-)Tätigkeiten bezeichnet, die unter dieses freie Gewerbe fallen, wodurch ein klares Berufsbild geschaffen wird.
charlotte,
27.06.2007, 16:16
liebe elfriede, ich kenne keinen menschen, der keine pflege „braucht“. es ist eine frage der definition, was pflege eigentlich überhaupt ist. manche verstehen darunter „waschen“ oder „essen eingeben“ … aber pflege im sinne von international council of nurses ICN bedeuted:
„…die eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung, allein oder in Kooperation mit anderen Berufsangehörigen, von Menschen aller Altersgruppen, von Familien oder Lebensgemeinschaften, sowie von Gruppen und sozialen Gemeinschaften, ob krank oder gesund, in allen Lebenslagen (Settings).
Pflege schließt die Förderung der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten und die Versorgung und Betreuung kranker, behinderter und sterbender Menschen ein. Weitere Schlüsselaufgaben der Pflege sind Wahrnehmung der Interessen und Bedürfnisse (Advocacy), Förderung einer sicheren Umgebung, Forschung, Mitwirkung in der Gestaltung der Gesundheitspolitik sowie im Management des Gesundheitswesens und in der Bildung.“
Elfriede,
27.06.2007, 08:27
Es schaut jetzt so aus, als ob alle über anonym „herfallen“ würden, ich hoffe aber, daß sie diese Zeilen doch liest. Ich selber beziehe Pflegegeld der Stufe 4, da wegen MS im Rollstuhl (plus ..), bin jedoch voll berufstätig und lebe alleine. Natürlich brauche ich verschiedenen Hilfen, menschlicher wie auch mechanischer Natur, aber PFLEGE brauche ich Gott sei Dank noch keine. Bei den derzeitigen Möglichkeiten graut mir auch vor dem Gedanken, einmal tatsächlich PFLEGE zu benötigen. Und ich hoffe sehr, daß sich die leistbaren Möglichkeiten bis dahin in einem Maß entwickelt haben, wie ich mir das wünsche.
Alexandra,
10.06.2007, 13:22
@anonym: … ich muss Charlotte und meia Recht geben. Du schriebst: „Man spricht nicht mehr von BETREUUNG bei Menschen ab der Pflegestufe 3!“
Ich weiss nicht, wie praxisnah dein Studium ist, aber ich kann hier nicht feststellen, dass du viele Betroffene mit der Stufe 3 kennst. Denn mal ehrlich, wer möchte in ein Heim? Keiner, weder der mit Stufe 3 noch mit Stufe 7. Die häusliche Betreuung ist ein wichtiger Punkt, wenn es hier vor allem um Würde und Lebensqualität geht.
Du schriebst weiter: „Dort sind auch die nötigen Hilfsvorrichtungen vorhanden, die zu Hause nicht gegeben sind. Z.B. Pflegebett, spezielle Sanitäranlagen etc.“ Pflegebetten sind nicht an den Boden festgetackert, das heisst, sie können überall stehen. spezielle Sanitätanlagen lassen sich durch Förderungen in jede noch so kleine Wohnung einbauen.
Technisch ist heut zu Tage alles möglich. Wenn jeder ein bissl weiter, als bis zur Nasenspitze sieht, sind 24-Stunden-Betreuung keine Utopie, sondern Realität.
charlotte,
10.06.2007, 11:38
@anonym: professionelle pflege nur im heim möglich!???? diese gedanken sind mehr als rückständig! aber sie werden es in ihrer ausbildung wahrscheinlich so eingetrichtert bekommen … würden sie jedes beatmete kind auch ins heim stecken? ich kenne welche, die in kindergarten und schule sind mit professioneller begleitung!
als dkks mit weiterbildung in kinderhauskrankenpflege muss ich es wohl wissen. tausende menschen werden professionell zuhause gepflegt – besser als es in einem heim möglich wäre. pflege kann überall stattfinden, es liegt nur am sprichwort „wo ein wille, da ein weg“.
ich pflege seit fast 20 jahren einen menschen mit pflegestufe 7 – besser als irgendwo sonst möglich! das haben mir sogar heimmitarbeiter (alle therapeuten sowieso) bestätigt. in einem heim gibt es wegen personalmanges höchstens „überlebensmanagement“ aber keine menschen, die bezahlt werden fürs „genügend zeit haben für einen patienten“. leider realität.
vielleicht wird das ein thema für ihre abschlussarbeit? es fehlt an studien und umfragen zu themen „todesursache in heimen“ „überlebenszeit in heimen“ „verschlechterung seit einlieferung ins heim“ „anonyme umfragen von betroffenen und ihren angehörigen“ … usw. ich nehme an, sie sind erst am beginn ihres studiums …
meia,
08.06.2007, 13:31
@anonym: Pflegebett und Sanitäranlagen sind Sachleistungen, sind auch im privaten Wohnbereich möglich. In Dänemark kommt man ohne Pflegeheime aus, dort gibt es ein flächendeckendes Betreuungs- und Pflegesystem. Bin der Meinung, dass viele sogenannte Pflegefälle nicht in einem Heim durchgeführt werden müssten – Fehlendes und wechselndes schlecht bezahltes Pflegepersonal führen auch oft zu Verwahrlosung und Tod der Betroffenen, da auch die Kosten eines Pflegeplatzes limitiert sind, Einsparungsmaßnahmen auf Kosten der Qualität gehen. DAHEIM STATT HEIM: http://www.daheim-statt-heim.at/
Anonymous,
07.06.2007, 12:22
Als Gesundheits- und Pflegemanagement – Studentin möchte ich hiermit einen ganz wichtigen Punkt einwerfen: Man spricht nicht mehr von BETREUUNG bei Menschen ab der Pflegestufe 3! Das ist PFLEGE und nicht Hilfe im Haushalt etc. Pflege braucht Professionalität, fundierte Ausbildung und exakte Evaluierung. Wo bleibt hier die Qualität? Zweiter Punkt: Wer kontrolliert und sanktioniert? Wie soll das durchgeführt werden?
So sehr ich die Bestrebungen von Minister Bartenstein gut heiße, sich mit der 24 Stunden-Pflege zu beschäftigen. Ab einem gewissen Punkt hat Pflege daheim nichts mehr zu suchen und muss professionell in einem Pflegeheim durchgeführt werden. Dort sind auch die nötigen Hilfsvorrichtungen vorhanden, die zu Hause nicht gegeben sind. Z.B. Pflegebett, spezielle Sanitäranlagen etc.
Gottlieb Sailer,
22.05.2007, 12:19
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte besonders darauf hinweisen,dass die Betreuung bzw. die Genehmigung der Personen nicht ohne Aufsicht passieren kann. Das Betreuungspersonla muss einer Organisation (in Tirol den Sozial-und Gesundheitssprengeln) zugeordnet werden. Bei den Patienten handelt es sich meistens um Personen in den Pflegestufen 1 bis 3 die nur eine Betreuung brauchen und nur in geringem Ausmaß eine Pflege. Es macht daher keinen Sinn, wenn die Unterstützungen erst ab der Pflegestufe 5 möglich ist.
Ein weiters wichtiger Punkt wäre, dass die Verantwortichen in den Regionen und in den Gemeinden möglichst bald entsprechende Informationen erhalten, wie es nach dem 30.06.2007 weiter geht. Es betrifft die sozialen Organisationen und Einrichtungen aber auch jene die derzeit ausländische Pflegekräfte beschäftigt haben.
Siegfried.Klemme BPV-Graz,
26.04.2007, 22:20
Die Forderung nach Erhöhung des Pflegegeldes ist mehr als berechtigt (mittlerweile langjährige Forderung der GdG-BVP), wie die Erhebung der Kosten für die Dienstleistungen beweist. Alle Politiker dieses Landes sind zur unverzüglichen Umsetzung gefordert.die Grundlage für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird geschaffen“
Es ist unsinnig, soziale Transferleistungen mit Abgaben zu belasten, solange sie so wie das Pflegegeld auf so geringem Niveau sind. Lohnnebenkosten müssten vollständig von der öffentlichen Hand getragen werden.