Martin Bartenstein

Bartenstein präsentiert Vorschläge zur Pflege

Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein (ÖVP) präsentierte am 6. Februar seine Ideen zur Ermöglichung von 24-Stunden-Pflege. Zahlreiche Reaktionen zum Thema mit widersprüchlichen Argumenten eröffneten eine neue Diskussion.

Bartenstein hatte in einem Standard-Interview am 6. Februar 2007 seine Ideen vorgestellt. Das Thema habe „Top-Priorität für die Menschen, für die Regierung und für mich als Arbeitsminister“, so Bartenstein der ausführt: „Ziel bis zum Sommer ist es, nach der Legalisierung ausländischer Pflegekräfte, die Pflege und Betreuung daheim möglich zu machen.“

Er möchte, „dass Pflege daheim auf selbstständiger und unselbstständiger Basis für In- und Ausländer möglich wird. Bei Unselbstständigen aufbauend auf dem bewährten Hausangestelltengesetz.“

„Jetzt arbeiten wir am dritten Schritt, nämlich ein arbeitsrechtliches Korsett zu schnüren, das die Pflege daheim über 24 Stunden möglich macht.“ Er hofft, „dass es möglich sein sollte, auf einer legalen Basis mit Bruttokosten von 2500 bis 3000 Euro pro Monat durchzukommen“, so Bartenstein im Interview.

Er schlägt vor: „Wir können bei Unselbstständigen so zu einer Arbeitszeit von maximal 128 Stunden in zwei Wochen kommen und müssen ähnlich wie im Spitalsbereich inaktive Bereitschaftszeit nicht als Arbeitszeit anrechnen. Mit der klassischen 40-Stunden-Woche ist das Problem der 24-Stunden-Pflege nicht zu lösen. Im Sinne eines Wechseldienstes wird es nach 14 Tagen ein zweites Arbeitsverhältnis brauchen. Dazu wird wie im Hausangestelltengesetz gelten, alle 14 Tage ein freier Sonntag und pro Woche ein freier Halbtag.“

Auf Finanzierungsfragen könne er keine Antwort geben, so der Minister im Interview. „Das ist aber auch nicht meine Aufgabe“, hält er fest.

Arbeitsgruppe im Sozialministerium

Seit dem 25. Jänner 2007 ist laut Bundesministeriengesetz das Sozialministerium für „die Koordination von Pflegeangelegenheiten“ zuständig.

Laut Regierungsprogramm wurde als Ziel definiert: „Zur Neugestaltung der Pflege, die leistbare Pflege und Betreuung nach den vorher geschilderten Grundsätzen sichern soll, wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, der Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden angehören. Diese Arbeitsgruppe hat im Laufe des Jahres 2007, möglichst bis zum Sommer, ein Modell auszuarbeiten, das auf folgenden Grundsätzen basiert und allenfalls einer Volksabstimmung zu unterziehen ist“

Buchinger: „kontraproduktiv“

Der zuständige Sozialminister, Dr. Erwin Buchinger, war nicht erfreut über Bartensteins Vorstoß. Es sei „kontraproduktiv“, mit so einem Vorschlag „vorzupreschen“, ohne vorher mit dem Sozialministerium, das in dieser Angelegenheit „federführend“ sei, und den Sozialpartnern gesprochen zu haben, berichtet der Kurier über Buchingers Ärger. Außerdem sei das Bartenstein-Modell inhaltlich unausgegoren, so der Sozialminister.

Reaktionen

Die Gewerkschaft hat sich vehement gegen das von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein im präsentierte für die Pflege daheim ausgesprochen. „Rund-um-die-Uhr-Betreuung zum Billigtarif“ dürfe es nicht geben, so die Vorsitzende der Fachgruppenvereinigung Gesundheitsberufe im ÖGB, Gerda Mostbauer. Sie fordert eine „völlige Überarbeitung des Modells“.

„Illegales einfach zu legalisieren ist mir zu wenig. Wir brauchen flexible Modelle, aber sicher nicht einen zwei Wochen Rund-um-die-Uhr-Dienst“, so Mostbauer in einer Aussendung. Konkrete Vorschläge präsentierte sie aber keine.

Für Caritas-Direktor Landau ist der Vorschlag von Bartenstein „grundsätzlich positiv“, doch es bleiben noch eine Reihe von grundsätzlichen Fragen offen.

Volkshilfe-Bundesgeschäftsführer Erich Fenninger freut sich, dass nun „endlich wieder Bewegung“ in die Pflegediskussion geraten ist. Die Volkshilfe sieht das vorgestellte Modell der Legalisierung einer 24-Stunden-Betreuung als positiven, aber kleinen Teilschritt.

„Mit politischen Angriffen auf erste Vorschläge zur Lösung des Problems der „Rund um die Uhr Pflege wird nichts gelöst“, hält hingegen der Österreichische Familienbund fest. Es sollten Lösungen erarbeiten werden. „Dort ist ja vor allem in den Nachtstunden oft nur ein Bereitschaftsdienst erforderlich bzw. wäre auch eine Pauschalregelung möglich bzw. ist kollektivvertraglich Neuland zu beschreiten“, so der Präsident, Mag. Otto Gumpinger, vom Österreichischen Familienbund.

„Ein neues Modell der Hauskrankenpflege ist sozialpartnerschaftlich zu verhandeln. 14 Stunden am Tag und die Möglichkeit, dass die 10 Stunden in der Nacht unterbrochen werden, ist nicht mit dem gültigen Hausangestelltengesetz gedeckt. Dieses limitiert die Arbeitszeit mit 110 Stunden in 2 Wochen,“ betonte Willibald Steinkellner,, Sektionsvorsitzender für die Sozialen, persönlichen Dienste und Gesundheitsberufe in der Gewerkschaft vida.

„Das von Bundesminister Bartenstein skizzierte Modell zeigt, dass die im Regierungsprogramm festgeschriebenen Vorhaben zur Pflege und Betreuung nicht bloße Lippenbekenntnisse waren“, so Hilfswerk-Präsident Dr. Ernst Strasser. Neue Modelle der 24 Stunden-Betreuung wären eine sinnvolle Ergänzung bestehender Pflege- und Betreuungsangebote. Strasser: „Es muss ganz klar gesagt werden: Einen Menschen rund um die Uhr zu betreuen, den Haushalt zu machen und ihm Gesellschaft zu leisten – das ist enorm wichtig, aber das ist nicht Pflege! Pflege ist ein klar geregeltes und hoch qualifiziertes Berufsfeld.“

Es sei wichtig, dass bei der Pflege etwas getan werde. „Arbeitsminister Bartenstein, zuständig für die arbeitsrechtliche Komponente, hat seinen Job zügig erledigt“, so ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl, die weiter ausführt:: „Die Kritik von Sozialminister Buchinger ist unverständlich: Besser als zu kritisieren wäre, wenn Buchinger jetzt seinen Teil angeht. Schließlich ist er dafür zuständig.“

„Bartensteins Ansatz trifft weder die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen noch jene der in der Pflege beschäftigten Menschen“, kritisiert die SeniorInnensprecherin der Grünen, Sabine Mandak. Ohne Klärung der Finanzierungsfrage wird das ganze außerdem zur reinen Trockenübung: 3000 Euro im Monat sind zu teuer für die Familien und zu wenig für zwei Betreuende. Es kann doch nicht sein, dass die ‚Rund-um-die-Uhr-Pflege’ ein Privileg von Wohlhabenden ist.“, erklärt Mandak.

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