Die Behindertenanwaltschaft beschäftigte sich im Jahr 2023 mit 10 % mehr Diskriminierungsfällen von Menschen mit Behinderungen als im Vorjahr, 784 an der Zahl. (2022 wurden 715 Fälle protokolliert.) Auch die telefonischen Anfragen nahmen zu.

Als wichtigen Meilenstein definiert sie den Ausbau der Regionalstellen in Salzburg und Graz.
Schlichtungen rückläufig
Die Behindertenanwaltschaft berät und unterstützt Personen, die sich im Sinne des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder des Behinderteneinstellungsgesetzes diskriminiert fühlen. Von den entsprechenden 784 im Jahr 2023 verzeichneten Akten betrafen die meisten das Alltagsleben (121) und die Arbeitswelt (93), aber auch die Bereiche Bildung, Soziales und Pensionen, Wohnen, Finanzielles und Verkehr.
Zudem haben 766 telefonische Beratungen stattgefunden (gegenüber 558 2022), wobei diesbezüglich von einem besonders hohen Aufkommen von Fragen zu Sozialleistungen berichtet wird.
Ein Rücklauf wird bei den Schlichtungen verzeichnet. 28 Schlichtungen wurden im Jahr 2023 von der Behindertenanwaltschaft als Vertrauensperson begleitet, wobei rund die Hälfte mit einer Einigung endeten. (2022 gab es 43 Schlichtungsverfahren.) Ursache für den Rückgang könnte laut der Behindertenanwältin der anhaltende Mangel an Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen sein, wodurch die Motivation der Auseinandersetzung auf das Interesse an einem Schadenersatz begrenzt bleibe.
Sie sieht darin ein Indiz für mangelndes Wissen über das Instrument der Schlichtung in Österreich, dem künftig mit verstärkter Aufklärungsarbeit begegnet werden soll. Immerhin könnten Schlichtungsverfahren dazu beitragen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken und gesellschaftliche Inklusion zu fördern, heißt es.
Die Behindertenanwaltschaft bietet Sprechtage in allen Bundesländern an und beteiligt sich im Rahmen von Stellungnahmen am Gesetzgebungsverfahren.
Forderungen an die Gesetzgebung
Anhand der Handlungsempfehlungen des UN-Ausschusses zur UN-Behindertenrechtskonvention setzt sich die Behindertenanwaltschaft für Barrierefreiheit sowie den Ausbau der Partizipation von Menschen mit Behinderungen hinsichtlich aller gesetzlichen Entscheidungen, die sie betreffen, ein.
Angeregt wird etwa der Einbezug in Katastrophenschutzmaßnahmen oder ins Mietrecht sowie Sensibilisierungskampagnen zum Abbau von Klischees.
Im Gesundheitsbereich wird etwa ein verbesserter Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung für Menschen mit Behinderungen gefordert, im Bildungsbereich der Ausbau inklusiver Kinderbetreuungseinrichtungen und der Abbau von Sonderschulen.
Menschen mit Behinderungen sind überdurchschnittlich von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Die Herausforderungen im Arbeitsbereich liegen laut Bericht allerdings auch darin, dass Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung von Menschen mit Behinderungen nicht verpflichtend sind oder dass nicht alle Bundesländer am Pilotprojekt „Persönliche Assistenz“ teilnehmen.
Eine weitere Forderung betrifft die Ersetzung des „Taschengeldes“ in Tagesstrukturen durch einen Entgeltanspruch bei Tätigkeit in diesen Einrichtungen.
Ausblick
Die Behindertenanwaltschaft will sich weiterhin in den Diskurs mit politischen Stakeholder:innen einbringen. Vertieft aufgegriffen werden sollen die Themen intersektionale Diskriminierung und Diskriminierung von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Sprechtage sollen auch online angeboten werden.
Eine organisatorische Veränderung betrifft die personelle Aufstockung des Büros der Behindertenanwältin mit der Erweiterung des Standorts Wien und dem Ausbau der Regionalstellen in Salzburg und Graz.