Behindertenfonds: Länder wünschen sich Geld vom Bund

Bei der LandessozialreferentInnenkonferenz am 16. Mai 2014 im Burgenland beschlossen die Bundesländer, sich Geld vom Bund zu wünschen. Wofür eigentlich? Ein Kommentar.

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Images Money/Flickr

Die LandessozialreferentInnenkonferenz ersucht den Herrn Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie den Herrn Bundesminister für Finanzen, das Gespräch mit den Ländern zur Schaffung eines Behindertenfonds analog des Pflegefonds aufzunehmen, um die langfristige Finanzierung der Sicherung und des Ausbaus der Leistungen unter Berücksichtigung der Zielsetzungen der UN-Behindertenkonvention sicherzustellen„, heißt es im Beschluss. (Berichte siehe hier und hier)

Sichtlich zufrieden zeigt sich die OÖ Soziallandesrätin, Mag.a Gertraud Jahn (SPÖ), die auf ihrer Facebook-Seite schreibt: „Große Freude! Die Konferenz der SoziallandesrätInnen hat sich … auf meinen Antrag einstimmig für die Einrichtung eines Behindertenfonds ähnlich dem Pflegefonds ausgesprochen, jetzt braucht es noch Druck für die Finanzierung – z.B. über die Erhöhung der Ausgleichstaxe der Betriebe und eine Erbschafts- und Schenkungssteuer bei besonders hohen Summen!“

Wer soll das bezahlen?

Zum Wunsch nach der Schaffung eines Behindertenfonds sagte der burgenländische Soziallandesrat, Peter Rezar (SPÖ), die Länder hätten „grundsätzlich angedacht, etwas ähnliches wie den Pflegefonds ins Leben zu rufen auch in diesem Bereich.“ Beim Bundespflegefonds würden auch die Länder mitfinanzieren.

Die Bundesländern haben Sozialminister Hundstorfer ersucht, mit Finanzminister Spindelegger Gespräche aufzunehmen – „wissend, dass das keine einfachen Gespräche sein werden“.

Pointiert könnte man zusammenfassen: Aufgaben, die die Bundesländer durchführen müssen, würden sie gerne vom Bund bezahlt bekommen. Eigentlich soll dieser Geldtransfer über den Finanzausgleich erfolgen. Aber die Bundesländer versuchen zusätzlich Geld vom Bund zu bekommen; versuchen kann man es ja. Die Finanzierung ist noch völlig unklar.

Als Startfinanzierung könnte man beispielsweise die Mittel des „Kriegsopfer- und Behindertenfonds“ in der Höhe von über 3,5 Mio. Euro heranziehen. Dieser wurde bisher vom Bundessozialamt verwaltet. Die Kritik des Rechnungshofes ist beinahe vernichtend ausgefallen. Es bestehe kein Bedarf dafür, die Verwaltung wäre äußerst schlampig. Der Fonds gehöre aufgelöst, empfahl der Rechnungshof im April 2014.

Geld wofür eigentlich?

Spannend auch die Frage, wofür die Bundesländer sich eigentlich Geld wünschen. Sie wollen Geld, „um die langfristige Finanzierung der Sicherung und des Ausbaus der Leistungen unter Berücksichtigung der Zielsetzungen der UN-Behindertenkonvention sicherzustellen“, heißt es.

Dies klingt derzeit noch ziemlich undifferenziert. Da könnte einerseits gemeint sein, bestehende Angebote einfach vom Bund bezahl bekommen zu wollen, andererseits könnte auch angedacht sein, neue bundesweite Angebote zu finanzieren (beispielsweise Persönliche Assistenz), um die UN-Behindertenrechtskonvention („irrtümlich“ mit Behindertenkonvention betitelt) umzusetzen.

Im Sinne der Partizipation ist es angesagt, dass wir von Anfang an in Verhandlungen eingebunden werden.

Zusammenarbeit von Bund und Ländern muss besser werden

Bekanntlich funktioniert die Zusammenarbeit im Behindertenbereich zwischen Bund und Ländern sehr schlecht. Ursprünglich war geplant, dass die Länder bei der Erstellung des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (NAP) eingebunden werden. Doch dies lehnten die Länder ab, weil sie sich nicht verpflichten wollten.

Nach gutem Zureden war es zumindest möglich, bis zur teilweisen Mitarbeit im Rahmen der Begleitgruppe des NAP zu motivieren. Der Bund sollte die Chance nutzen und sie mit Geld noch ein wenig mehr motivieren. Allerdings – und das ist meiner Meinung nach ganz wichtig – müsste unbedingt vereinbart werden, dass endlich nach klaren transparenten und sinnvollen Kriterien gefördert wird.

Im Rahmen der Staatenprüfung Österreichs zur Einhaltung der Konvention wurde im September 2013 vom zuständigen UN-Fachausschuss unmissverständlich festgehalten (Handlungsempfehlung Nr 11.):

Das Komitee empfiehlt, dass der Vertragsstaat sicherstellt, dass die Bundes- und Landesregierungen einen übergreifenden gesetzlichen Rahmen und Richtlinien der Behindertenpolitik in Österreich erwägen, die im Einklang mit der Konvention stehen. Es wird weiters empfohlen, dass diese Richtlinien Rahmenbedingungen für eine wirkliche und echte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durch repräsentative Organisationen beinhalten, in Hinblick auf die Ausarbeitung und Umsetzung von Gesetzen und Strategien, die Menschen mit Behinderungen betreffen, gemäß Artikel 4 Paragraph 3 der Konvention.

Beim Pflegefonds hat das nur teilweise funktioniert, wie der Rechnungshof ebenfalls kürzlich festgehalten hat.

Chance oder Gefahr?

Ein Behindertenfonds kann eine Chance darstellen, aber auch die Gefahr der weiteren Finanzierung von aussondernden Angeboten der Behindertenhilfe beinhalten. Nach heutigem Kenntnisstand ist nicht abschätzbar, in welche Richtung sich die Diskussion entwickelt.

Was aber unbedingt passieren sollte, wäre eine eingehende Diskussion über die Ziele des Fonds. Ein besserer Name als „Behindertenfonds“ wäre ebenfalls wünschenswert.

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