Behindertenrechtskonvention als Prüfstein des Sozialhilfegesetzes

Viel wurde in den letzten Wochen über das geplante Sozialhilfegesetz diskutiert, über seine Ziele, seine einzelnen Normen, seine beabsichtigten sowie nicht bedachten potentiellen Wirkungen.

Rollstuhlfahrer vor einer Euromünze
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Auch die UN-Behindertenrechtskonvention wurde immer wieder zitiert, wie zum Beispiel in den Stellungnahmen der Lebenshilfe Österreich oder des Monitoringausschusses als Teil des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens.

Dabei wurde oft auf die Artikel 28 und 4 hingewiesen, die besagen, dass Menschen mit Behinderungen ein angemessener Lebensstandard zustehe, sowie Verschlechterungen der Gewährleistungen der Umsetzung der Rechte der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht zulässig seien, sondern stetig an deren Verbesserung gearbeitet werden solle.

Überblicksmäßig lässt sich sagen, dass das Sozialhilfegesetz entgegen sämtlicher Intentionen der UN-BRK verfasst zu sein scheint. Dies zeigt sich schon daran, dass Menschen mit Behinderungen bzw. deren Interessenvertretungen nicht im Prozess der Erarbeitung des Entwurfes eingebunden waren.

Ein weiteres klares Beispiel hierfür ist auch, dass in Zukunft Sachleistungen gegenüber Geldleistungen der Vorrang gegeben werden solle, zum Beispiel im Bereich der Wohnung und deren Ausstattung. Dies steht einer Förderung der Selbstbestimmung klar entgegen.

Rückschritt in Sachen Teilhabe

Noch allgemeiner kann aber schon an der Sprache des Gesetzes erkannt werden, dass dieses einen Rückschritt in Sachen Teilhabe, Würde und Gleichberechtigung darstellt. Dieses lässt sich als eine Rückkehr zu dem Modell der Fürsorge, des Mitleids und der Überlebenssicherung darstellen.

Anstelle von Rechtsansprüchen und der Förderung der Teilhabe an der Gesellschaft zu sprechen, werden Höchstbeträge für Ansprüche normiert und Beweise, die erbracht werden müssen, um diese erhalten zu können. Dies steht der Idee entgegen, dass jedem Menschen, rein aufgrund seines Menschseins, ein Leben in Würde zusteht. Stattdessen scheint es, dass man sich seine – nach neuer Terminologie – Sozialhilfe nun verdienen und rechtfertigen müsse

Diese stetig strenger werdenden Anspruchsvoraussetzungen, unter enormem Druck Arbeit suchen und anzunehmen zu müssen, kombiniert mit häufigeren Begutachtungen und kürzeren Bewilligungszeiträumen, sind ein Trend, der auch in anderen Ländern verstärkt zu beobachten ist.

So wird in England seit langer Zeit gegen die strengen, abstrakten und nicht maßgeschneiderten Begutachtungen der Arbeitsfähigkeit protestiert, da diese Menschen mit verschiedenen Behinderungen unter Druck setzen und gesundheitlich beeinträchtigen. Hierbei wird von einem Zwang anstatt einem Recht zu arbeiten gesprochen und dem Gefühl sich für Sozialleistungen schämen zu müssen. Allgemein scheint eine Rückkehr zu Wohlfahrt und Misstrauen gegenüber Leistungsempfängerinnen und Empfängern zu beobachten zu sein.

Es bleibt daher nur zu hoffen, dass die Rufe nach einer stärkeren Beachtung der Rechte der BürgerInnen mit Behinderungen doch noch Eingang in ein überarbeitetes Gesetz finden.

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3 Kommentare

  • Stimmt doch nicht mehr. Der Ministerrat hat heute zahlreiche Verbesserungen für behinderte Menschen vorgenommen.

    • Darf ich fragen, was da beschlossen wurde? Ich kann mir das bei dieser Regierung beim besten Willen nicht vorstellen.

      Ich leide seit Jahren an der Pensionsreform 2003 muss trotz zugesprochene Behinderung von 100 % und festgestellter Arbeitsunfähigkeit weiter arbeiten, weil ich sonst auf Sozialhilfeniveau/Mindestsicherung herabgestuft würde.

  • ORF Teletext schreibt das es Verbesserungen für Behinderte geben wird. Ein Plus von 18% und keine Deckelung und aus der kann ist eine muss Bestimmung geworden
    https://teletext.orf.at/channel/orf1/page/114/1