Am 12. und 13. Mai 2000 lud die Gehörlosenambulanz des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Linz zur 3. Österreichischen Taubblinden-Tagung ein.
Durch diese und die beiden vorangegangenen Veranstaltungen in den Jahren 1996 und 1998 soll das Bewußtsein in Österreich für das Thema „Taubblindheit“ gestärkt werden. Weiters stehen für die TagungsteilnehmerInnen der Informations- und der Erfahrungsaustausch im Vordergrund.
Beim diesjährigen Taubblinden-Tag am 12. Mai 2000 konnten im Seminarzentrum des Krankenhauses etwa 130 TeilnehmerInnen begrüßt werden.
International bekannte behinderte und nichtbehinderte Fachleute aus den Niederlanden, aus Großbritannien und Deutschland konnten als Vortragende und SeminarleiterInnen gewonnen werden.
Der internationale Vergleich führte vor Augen, daß in Österreich die Bemühungen um taubblinde Menschen noch in den Kinderschuhen stecken. Andererseits können wir jedoch in den letzten Jahren auch auf Fortschritte in diesem Bereich verweisen.
Es ist von grundlegender Bedeutung, Taubblindheit nicht nur als eine Mehrfachbehinderung zu verstehen, sondern als eine eigene Art von Behinderung. Taubblindheit ist nicht einfach ein Zusammentreffen von Blindheit und Gehörlosigkeit. Taubblindheit bedeutet prinzipiell, daß der betroffene Mensch so schlecht hört und sieht, daß sein Tastsinn zum wesentlichen Instrument für Kommunikation und Orientierung wird.
Es ist für die Kommunikation mit einem taubblinden Menschen ganz entscheidend, ob dieser lautsprachlich oder zeichensprachlich orientiert ist: Bei lautsprachlich orientierten Personen kam zu einer Sehbehinderung später eine Beeinträchtigung des Hörens hinzu. Hingegen wurden jene taubblinde Menschen, die zeichensprachlich orientierte sind, meist gehörlos geboren und verloren erst später auch ihr Augenlicht.
Lormen und taktile Gebärden
Die wesentlichen Kommunikationsformen für taubblinde Personen sind das Lormen und die taktile Gebärde. Das Lormen ist wie ein Alphabet zu verstehen, bei dem jeder Punkt der Handfläche die Funktion eines Buchstabens hat. Beim Gespräch wird also jedes Wort in die Hand der „Zuhörenden“ buchstabiert.
Die taktile Gebärde hat als Kommunikationsform erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und wird von den zeichensprachlich orientierten taubblinden Menschen genutzt, die zuvor die Gebärdensprache erlernt haben. Bei der taktilen Gebärde legt der „Zuhörende“ seine Hände auf jene des Sprechenden, führt dessen Gebärden mit und versteht so den Gesprächsinhalt.
Faktor Zeit
Im Umgang mit taubblinden Menschen spielt der Faktor Zeit eine ganz wesentliche Rolle. Als sehender Mensch erfaßt man beispielsweise einen Gegenstand und dessen Eigenschaften (Form, Größe, Material, …) auf einen Blick.
Ohne Augenlicht erfordert es jedoch viel mehr Zeit, um denselben Gegenstand zu ertasten. Der taubblinde Mensch benötigt also sehr viel Zeit, um seine Umwelt zu erforschen. Klare Strukturen, Vorankündigung von Veränderungen und dergleichen sind ihm im Alltag eine große Hilfe.
Julie Hazelhurst und Peter Hepp, die beiden taubblinden Vortragenden, gaben dem Motto der Taubblinden-Tagung „Taubblinde Menschen gestalten ihr Leben“ eine besondere Bedeutung.
Einerseits erkannte man, wie sehr jeder der beiden in der Kommunikation auf Hilfe angewiesen ist. Andererseits sind beide ein gutes Beispiel dafür, wie selbständig Betroffene leben können.