Bildungsstadtrat Wiederkehr: Keinem Kind in Wien soll ein 11. und 12. Schuljahr verweigert werden

In Wien gab es im letzten Jahr massive öffentliche Diskussionen, weil Anträge von rund 100 Eltern auf ein 11. und 12. Schuljahr für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf abgelehnt wurden. Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Wiederkehr (NEOS) möchte das heuer vermeiden.

Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr
David Bohmann

Im Vorjahr wurden von etwas mehr als 300 Anträgen knapp 200 Anträge bewilligt. „Das war uns nicht ausreichend“, hielt Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) in einem Pressegespräch am 12. April 2023 im Wiener Rathaus fest.

Bis zum Tag des Pressegesprächs sind laut dem Bildungsstadtrat 313 Anträge auf ein 11. oder 12. Schuljahr für Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf für den Herbst eingelangt.

Alle bisher eingelangten Anträge werden heuer bewilligt

„Diese bisherigen 313 Schüler:innen bekommen einen Schulplatz“, garantiert der Bildungsstadtrat und kündigt an, dass die Eltern in den nächsten Tagen eine Zusage bekommen werden. 

Somit wurden heuer um mehr als 100 zusätzliche Schulplätze für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die ein 11. oder 12. Schuljahr besuchen möchten, geschaffen.

So sollen unwürdige Situationen wie im Vorjahr, wo teilweise wenige Tage vor Schulbeginn im Herbst noch Unsicherheit bestand, wer eine Zu- und wer ein Absage erhält, vermieden werden.

Bildungsstadtrat Wiederkehr erläutert im Pressegespräch auch ausführlich, welche Maßnahmen gesetzt wurden, um diese mehr als 100 zusätzlichen Plätze im Vergleich zum Vorjahr zu realisieren.

Wien hat daher zusätzlich 3,6 Millionen Euro bereitgestellt und auch intern – gemeinsam mit dem Fonds Soziales Wien – Strukturen aufgebaut. Dabei geht es beispielsweise um 30 Schüler:innen, die sehr intensiven Unterstützungsbedarf in der Schule haben.

Derzeit ist unklar, wie mit Anträgen verfahren wird, die evtl. noch gestellt werden.

Wiederkehr würde Rechtsanspruch begrüßen

Schon im Jänner 2023 hielt der Wiener Bildungsstadtrat fest: „Wir wollen allen Kindern die beste Bildung ermöglichen. Daher fordern wir vom Bund den Rechtsanspruch auf ein 11./12. Schuljahr für Kinder mit Behinderung!“

Bisher ist es nämlich so, dass laut Gesetz für den weiteren Besuch der Schule eine Genehmigung der Schulbehörde benötigt wird. Dagegen formierte sich schon länger Widerstand.

Es wurde die Bürgerinitiative „Ich will Schule“ dagegen gestartet, Demonstrationen organisiert und eine Prüfung auf Verfassungswidrigkeit eingeleitet.

BIZEPS wollte wissen, was passiert, falls der Verfassungsgerichtshof die derzeitige gesetzliche Regelung (11. und 12. Schuljahr nur nach Genehmigung) aufheben würde. Bildungsstadtrat Wiederkehr würde dies ausdrücklich begrüßen, antwortete er.

Finanzielle Rahmenbedingungen mit dem Bund müssen noch nachgebessert werden

Notwendig sei neben einer Gesetzesänderung nach Meinung von Bildungsstadtrat Wiederkehr aber auch eine begleitende finanzielle Regelung zwischen Bund und Bundesländern.

Derzeit fördert der Bund nur für 2,7 % der Schüler:innen sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Förderungen würden in Wien mehr als doppelt so viele Schüler:innen benötigen (5,6 %).

Siehe auch: Kurier, VOL, ORF, Presse, Falter

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6 Kommentare

  • Es ist die größte Heuchelei von Politikern! Aufgrund der Androhung einer Verfassungsklage stellen sich Politiker plötzlich wie „Mutter Theresa“ dar, obwohl im österreichischen Bildungssystem jeden Tag Menschen mit Behinderungen benachteiligt und diskriminiert werden. Es wird täglich Menschenrechte von behinderten Menschen im Bildungssystem und am Arbeitsmarkt gewollt von Politikern verletzt, weil sie lieber Millionäre und Milliardäre mit Geld fördern. Hätte der Gesetzgeber das entsprechende diskriminierende Gesetz im Schulrecht aufgehoben bzw. würde das Ministerium ein Konzept für die nachhaltige Bildung AUCH für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen bis Matura vorlegen, so wäre es in Ordnung. Darüber kann man in Österreich nur träumen – diesbezüglich ist die Regierung menschenrechtsverachtend und diskriminierend, eine Schande!

  • Nachdem die Neos mit der „Verhinderung“ der Gebührenerhöhungen bewiesen haben, was sie (nicht) können, ist nichts zu erwarten.

  • Das klingt jetzt alles ganz gut und Stadtrat Wiederkehr kann sich symphatisch präsentieren.
    Die Wiener Bildungsdirektion hat vom Ministerium einen Auftrag bekommen, dass sie alle Anträge genehmigen sollen. Der öffentliche Druck war offenbar zu groß. Ein Danke und Lob an die Elterninitiative!!

    • Vielen lieben Dank, Eva Neureiter!
      In der Tat wäre ohne Elterninitiativen wie Initiative 11. / 12. Schuljahr, Lobby4kids und weitere dieser Termin gar nicht zustande gekommen!
      Wir beobachten außerdem weiterhin sehr aufmerksam, was dann im Schuljahr darauf passieren wird – die Zusage haben wir nur für das kommende bekommen!

    • Ich möchte als betroffene Eltern für die mühsame Bemühungen aller Vereine und Elternbewegungen, insbesondere Lobby4Kids, bedanken, dass sie für Kinderrechte gegen Bundes- und Landespolitiker kämpfen. Es ist eine Schande, dass Kinderrechte für Bildung sowie Existenzrechte von zuständigen Politkern in Österreich wegen mangelnder Empathie und Geldsparensabsichten mit Füßen getreten werden. Um Multimillionäre weiterhin mit Steuergeschenke zu fördern, werden Sozialsysteme (Gesundheitssystem, Pflegesystem, Bildungssystem) kaputt gespart.