Billig nach Australien telefonieren?

Für Aufregung hat ein im Ö1-Mittagsjournal vom 10. August 2004 initiierte Missbrauchsdiskussion von Sozialminister Mag. Herbert Haupt (FPÖ) gesorgt. "Haupt spricht blanken Unsinn" ist die SPÖ-Behindertensprecherin Mag. Christine Lapp entzürnt.

Kanguru in Austrailien
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Wie berichtet will die Bundesregierung die Grundgebührenbefreiung beim Telefon für Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher streichen. Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) hat in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung der SPÖ-Abgeordneten Mag. Christine Lapp mitgeteilt, dass die Regierung dudurch Ausgaben im Ausmaß von 2,5 Millionen Euro für 2005 und von jeweils 4,15 Millionen Euro in den Folgejahren einsparen möchte.

Sozialminister Mag. Herbert Haupt (FPÖ) begründete die Maßnahme im Ö1-Mittagsjournal vom 10. August 2004 folgendermaßen: „Wir haben leider in diesem Bereich Missbrauch gehabt, das also manche, die gebührenbefreit waren, ihre Nachbarn gebührenbefreit bis Australien telefonieren haben lassen. Daher waren wir gezwungen, dieser Neuregelung in diesem Bereich zuzustimmen.“

„Haupt spricht blanken Unsinn“ ist die SPÖ-Behindertensprecherin Mag. Christine Lapp entzürnt. „Anstatt als zuständiger Sozialminister endlich das Pflegegeld zu valorisieren, verhöhnt Minister Haupt auch noch Zehntausende Bezieher desselbigen, indem er Unwahrheiten über die Telefongrundgebührenbefreiung erzählt“, kritisiert Lapp.

Die Behauptung Haupts, dass gut situierte Pflegegeldbezieher ihre Nachbarn gebührenbefreit nach Australien hätten telefonieren lassen, entbehre nicht nur jeder Grundlage, sondern sei „schlicht und ergreifend ein kompletter Unsinn“, unterstrich Lapp. Vielmehr sei es so, dass eine Zuschussleistung in der Höhe der Grundgebühr zuzüglich der Kosten für eine Gesprächsstunde im Ortstarif bezahlt werde. „Von der Möglichkeit, dadurch kostenbefreit nach Australien telefonieren zu können, wie Minister Haupt behaupte, kann also überhaupt keine Rede sein“.

Ähnlich äußert sich auch Stefan Knafl, Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes: „Ich sehe auch keine Missbrauchsmöglichkeit, weil ohnehin nur ein Zuschuss in der Höhe der Grundgebühr und einer Stunde Gesprächsgebühr gewährt wird.“

Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) versucht seinem Parteifreund Haupt (FPÖ) argumentativ zu Hilfe zu kommen. Er bringt ein Beispiel „einer dreiköpfigen Familie, bei der das Kind der Pflegegeldbezieher ist. Die Familie ist seit 1999 von den Grundgebühren befreit, obwohl das Nettoeinkommen bei 4.750 Euro pro Monat liegt.“

Doch auch das lässt Lapp nicht gelten: Zuerst operiere Sozialminister Haupt mit glatten Unwahrheiten und behaupte, grundgebührenbefreite Pflegegeldbezieher ließen Nachbarn stundenlang nach Australien telefonieren. Und nun nehme Vizekanzler Gorbach ein Beispiel, das wiederum die Realität bewusst falsch darstelle. Eine absolut verschwindende Minderheit aller Pflegegeldbezieher beziehe überhaupt ein so hohes Gehalt, erläutert Lapp, die festhält: „Hier wird das Schüren von Neid zur politischen Leitlinie erhoben“.

Jährliche Diskussion ohne Folgen
Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverband Österreichs, fordert rasches Handeln beim Pflegegeld: „Eine Erhöhung ist daher ein Gebot der Stunde, das sind wir den Pflegebedürftigen schuldig. Außerdem hat es bereits die Regierung Schüssel I unter der damaligen Sozialministerin Sickl versprochen! Auch Sozialminister Haupt hat Valorisierungen und Einmalzahlungen versprochen, geschehen ist bis heute nichts.“ Blecha weiter: „Bei der Anpassung des Pflegegeldes ist nicht Reden, sondern jetzt rasches Handeln angesagt!“

Haupt erläutert im Ö1-Mittagsjournal seinen in den letzten vier Jahren wiederholt vorgetragenen Standpunkt: „Mein Ziel muss es sein den pflegebedürftigen Menschen mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Die Valorisierung des Pflegegeldes ist Bestandteil der Regierungsvereinbarung.“

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