Biomedizin-Konvention: Bisher erfolgreich verhindert.

Warum behinderte Menschen die Biomedizin-Konvention verhindern wollen, ist mehrfach beschrieben worden.

Forscherin im Labor
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Wie haben sich behinderte Menschen in Österreich bisher erfolgreich gegen diese Konvention gewehrt?

Schon beim Auftauchen der ersten – der Öffentlichkeit zugespielten – Entwürfe der „Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Würde des Menschen in bezug auf die Anwendung von Biologie und Medizin“ (damals auch Bioethik-Konvention genannt) hat die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und die Lebenshilfe Österreich ausführlich darüber berichtet und Widerstand geleistet.

Geraume Zeit, am 19. November 1996 beschloß das Ministerkomitee des Europarates die „Biomedizin-Konvention“. Damit sollte erstmals ein Mindeststandard auf multilateraler Ebene, gültig für alle 40 Mitgliedsstaaten des Europarates, geschaffen werden. Bei einer Konferenz in Spanien haben am 4. April 1997 immerhin 21 Staaten die umstrittene Konvention unterzeichnet.

Die österreichische Behindertenbewegung erkannte im Laufe der Jahre die Gefahr, die von der Konvention ausgehen kann und hat gemeinsamen Widerstand organisiert.

Landtage dagegen
Im Jahr 1997 haben einige österreichische Landtage – auf Initiative der Behindertenbewegung – Resolutionen beschlossen, in welcher der Nationalrat aufgefordert wird, „der Biomedizin-Konvention die parlamentarische Genehmigung zu versagen“.

Enquete im Parlament
Am 18. März 1997 veranstaltete der Grüne Parlamentsklub eine Enquete – unter internationaler Beteiligung – mit dem Titel „Bioethik contra Menschenrechte“.

Die Rolle der Volkspartei (ÖVP)
Am 28. April 1998 veranstaltete die ÖVP-Bundeszentrale im Rahmen der von ihr organisierten Gesprächsreihe „Lichtenfelser Dialoge“ eine Diskussion „zur Kritik an der Biomedizin-Konvention des Europarates“.

Der ÖVP-Abgeordnete und Mitverhandler der Konvention, Dr. Walter Schwimmer setzte sich immer am vehementesten für ein Unterzeichnen der Konvention ein: „Wir brauchen ein Instrument, das die Menschenrechte in der Anwendung der Biomedizin schützt“.

Wichtig ist ihm aber – nach Druck der Betroffenen auf die ÖVP – die Feststellung, daß er eine Unterzeichnung nicht gegen den Willen der Betroffenen fordern würde. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir der ÖVP schon vermitteln, daß ein Annehmen der Konvention nur unter massivem Widerstand der Betroffenen in der Öffentlichkeit möglich ist.

Plattform „Nein zur Biomedizin-Konvention“
112 Behindertenorganisationen schlossen sich zur Plattform „Nein zur Biomedizin-Konvention“ zusammen. Am 5. Mai 1998 wurden dem Parlamentspräsidenten 49.043 Unterschriften gegen die Konvention überreicht.

Im Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen stand daher am 1. Juli 1998 die Petition auf der Tagesordnung. Es wurde vereinbart, daß einige Ministerien Stellungnahmen abgeben.

Ergebnis: Grundsätzlich wird betont, daß die Konvention nur „Mindestschutzbestimmungen“ vorsieht. Österreich hat sich in einigen Punkten nicht durchsetzen können, was auch zugegeben wird. „Eine Änderung des Übereinkommens, auch wenn sie aus österreichischer Sicht wünschenswert wäre, wird nicht möglich sein“ schreibt das Außenministerium.

„Auf internationaler Ebene würde es kaum verstanden, wenn ein demokratischer Rechtsstaat es ablehnt, sich in entsprechender Form zur Einhaltung bestimmter menschenrechtlicher Schutzstandards zu verpflichten“, meint dagegen das Justizministerium zur österreichischen Position.

Parlamentarische Behandlung der Unterschriften
Am 19. März 1999 wird die Biomedizin-Konvention dem Justizausschuß zugewiesen. Es wurde damit signalisiert, daß es sich dabei nicht bloß um ein medizinisches Thema, sondern um eine Menschenrechtsproblematik handelt. VertreterInnen aller fünf Fraktionen im Parlament sprachen sich auch für die Abhaltung eines ExpertInnen-Hearings aus.

Unterschiedliche Standards
In Europa bestehen höchst unterschiedliche Standards. Die Konvention liegt in fast allen Bereichen weit hinter dem österreichischen Standard zurück. Dort, wo Österreich einen stärkeren rechtlichen Schutz vorschreibt, hat die Konvention keinen direkten Einfluß, doch besteht die Gefahr, daß die österreichische Rechtsordnung langfristig an niedrigere Standards angeglichen werden wird und damit behinderte Menschen in Österreich schwerstens in ihrer Menschenwürde und ihren Menschenrechten bedroht sind.

Wie geht es weiter?
Nach dem Regierungswechsel – und dem damit stattgefundenen Richtungswechsel – in Deutschland dürfte kurzfristig die Gefahr einer Ratifizierung in Österreich gebannt sein.

Im Herbst 1999 wird in Österreich der Nationalrat gewählt. Bis dahin wird es sicherlich keinen Vorstoß mehr geben. Mittelfristig dürfte also auch weiterhin noch der Wunsch bestehen, diese Konvention zu ratifizieren.

Dies wird natürlich auf vehementen Widerstand der Plattform stoßen und es ist nicht abzusehen, welche Entwicklungen es europaweit in diesem Gebiet geben wird. Bisher konnten wir die österreichische Zustimmung verhindern – und das ist ein gutes Zeichen.

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