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BIPA-Filiale nach Umbau noch schlechter erreichbar

Die Niederösterreichischen Nachrichten berichten über einen missglückten Umbau einer BIPA-Filiale in Gänserndorf. Die Behörde möchte den Umbau so nicht genehmigen, der Konzern sieht das nicht ein.

„Riesenärger bei Monika Ott. Nachdem die BIPA-Filiale in der Bahnstraße kürzlich umgebaut wurde, kann sie mit ihrer Freundin, die im Rollstuhl sitzt, das Geschäftslokal nicht mehr betreten. Grund: Die Rampe beim Eingang ist jetzt viel zu steil.“ berichten die Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN) am 20. Dezember 2005.

Frau Ott fragt in der NÖN verärgert: „Welche Behörde kann so etwas bewilligen?“ Die Antwort liefert der Artikel, in dem der Gänserndorfer Bürgermeister Johann Karl (SPÖ) mit den Worten zitiert wird: „Die Gemeinde hat aber den Umbau nicht genehmigt. Bei Betriebsanlagen ist die Bezirkshauptmannschaft zuständig. Sie verhandelt Gewerbe- und Baurecht auf einmal.“

Bezirkshauptmannschaft teilt mit: Rampe bauordnungswidrig

Für die Bezirkshauptmannschaft stellt Mag. Maria Gruber im NÖN-Gespräch fest, dass nach einer Prüfung durch den Sachverständigen klar ist: Die Rampe ist bauordnungswidrig und nicht benützbar.

„Die Längsneigung darf nicht mehr als sechs Prozent betragen. In diesem Fall wurde sie überschritten. Wir können und werden die Rampe nicht genehmigen, weil sie nicht behindertengerecht ist“, so Gruber gegenüber der NÖN.

In einer ersten Reaktion wird eine Konzernsprecherin mit folgenden Worten zitiert: „Die Vorschriften besagen, dass ein Lokal erst ab 1.000 Quadratmetern Verkaufsfläche behindertengerecht sein muss. Dieses Geschäft ist kleiner. Außerdem haben wir die Glocke tiefer gesetzt. Die Mitarbeiter helfen jedem Rollstuhlfahrer gerne hinein. Es tut uns Leid, anders war die Rampe nicht möglich. Dafür haben die Rollstuhlfahrer jetzt innen mehr Platz.“

„Mitarbeiter helfen gerne“

Da die im NÖN-Artikel beschriebene Situation sehr grotesk klingt, fragte BIZEPS-INFO bei der Pressesprecherin von REWE Austria (Eigentümer von BIPA), Mag. Corinna Tinkler, nach.

Konkret auf die oben geschilderten Vorfälle rund um die BIPA-Filiale angesprochen erläuterte die Pressesprecherin: „Was die Filiale in Gänserndorf betrifft, haben wir bisher sonst gute Erfahrungen gemacht, die Lösung hat mit anderen Rollstuhlfahrern gut funktioniert. Vor dem Umbau war die Filiale auch nicht behindertengerecht gebaut – lt. dem Gesetz – aber wir versuchen wie gesagt wo möglich, gute Lösungen für Behinderte zu finden.“

Welche nächsten Schritte BIPA in diesem konkreten Fall setzen wolle, fragten wir Mag. Trinkler und erhielten folgende Information: „Wir werden mit der Bezirkshauptmannschaft so bald wie möglich Kontakt aufnehmen und die Sache klären.“

BIPA hat bis jetzt keine Zusagen zur Behebung der baulichen Barrieren gemacht und dürfte – wie im NÖN-Aritkel angekündigt – darauf bestehen, die steile Rampe zu belassen.

BIPA behauptet: „Filialen sind größtenteils barrierefrei“

Aufhorchen lässt BIPA mit der Auskunft, dass „BIPA-Filialen größtenteils barrierefrei sind.“ Eine Information, die auf Nachfrage aber nicht mit Zahlen belegt werden kann und auch der Wahrnehmung vieler behinderter Menschen widerspricht. Es wird interessant sein, ob BIPA diese Behauptung in den nächsten Wochen mit Fakten unterlegen kann.

BIZEPS-INFO möchte von der Pressesprecherin wissen, ob generelle Umbaupläne für nicht zugängliche BIPA-Filialen vorhanden sind. „Bei Filialumbauten versuchen wir hier aber wo technisch möglich auch, behindertengerechte Lösungen zu finden: Wie z.B. die Lösung mit einer Rampe, einer Glocke und einer Serviceleistung der BIPA Mitarbeiter. Die Rollstuhlfahrer können läuten, und die BIPA-Mitarbeiter helfen gerne beim Hinauffahren. Heuer wurde solch eine Lösung z.B. auch in der Meidlinger Hauptstraße in Wien sehr gut umgesetzt“, teil die Pressesprecherin mit.

Willkommen in der Wirklichkeit

Dieser Fall zeigt ganz deutlich, wie Unternehmen – in diesem Fall der Konzern REWE – mit dem Thema Barrierefreiheit umgehen, wenn es keine klaren Vorschriften gibt. Da wird das Anbringen von Klingeln als Barrierefreiheit verkauft und Rampen so umgebaut, dass sie nachher nicht mehr selbständig benützbar sind.

Häufig sind die einschlägigen Baugesetze so mangelhaft, dass Barrierenabbau nicht vorgeschrieben werden kann. Ob ein Behindertengleichstellungsgesetz dies wirksam bekämpfen kann, werden wir nächstes Jahr sehen.

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