Böhmdorfer sorgt für mehr Rechte in Heimen

Die vertragsrechtlichen Beziehungen zwischen Alten- und Pflegeheimen und ihren Bewohnern sind derzeit nicht einheitlich geregelt.

Dieter Böhmdorfer
Bundespressedienst

Zwar schreiben einige Länder in ihren Heimgesetzen den Alten- und Pflegeheimen vor, wie die Verträge ausschauen müssen. Auch hat das Sozialministerium einen Musterheimvertrag ausgearbeitet; daran müssen sich die Alten- und Pflegeheime aber nicht halten, weil seine Verwendung freiwillig ist.

Diese diffuse Rechtslage führt nun zu gravierenden Mängeln und Defiziten in der rechtlichen Position der Heimbewohner: Ihre Rechte sind ihnen nicht klar, sie sind vielfach den Interessen des Heimbetriebs untergeordnet, sie haben nur einen rudimentären Kündigungsschutz, und sie sind auch wirtschaftlich dem Heimträger ausgeliefert.

Eine von Justizminister Dr. Böhmdorfer in Auftrag gegebene Untersuchung hat gezeigt, dass in den Heimverträgen vielfach nicht einmal die Mindestanforderungen des Konsumentenschutzgesetzes eingehalten werden, sondern gesetzwidrige Klauseln und Verträge gang und gäbe waren.

Der dem Ministerrat von Justizminister Dr. Böhmdorfer vorgelegte Entwurf für ein Heimvertragsgesetz soll diesen Mängeln abhelfen. Ziel des Vorhaben ist die Verbesserung der rechtlichen Position alter und pflegebedürftiger Menschen in Heimen. Es soll nicht mehr so sein, dass die Bewohner ihre bürgerlichen Rechte quasi beim Eintritt in das Heim abgeben.

Sie sollen im Gegenteil ab der Aufnahme besonders geschützt werden. Die Schieflage zwischen den Heimen und ihren Bewohnern, das wirtschaftliche und auch rechtliche Ungleichgewicht, soll ausgeglichen und behoben werden. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Konsumentenschutzgesetz und das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch auf Heimverträge volle Anwendung finden. Das bedeutet, dass die zum Schutz der Verbraucher geltenden Vorschriften auch in diesem Bereich greifen.

Willkürliche Preis- und Leistungsänderungen, unfaire Vertragsklauseln (z. B. über den Ausschluss der Haftung des Heimträgers), einseitige Bevorzugungen der Heime oder unsoziale Kündigungsmöglichkeiten werden damit endgültig der Vergangenheit angehören. Darüber hinaus werden besondere Schutzvorkehrungen getroffen, wo dies in der Praxis notwendig ist: Zum einen sind hier besondere Informationsverpflichtungen der Heime zu nennen.

Die Interessenten und ihre Angehörigen sollen vorweg wissen, welche Leistungen sie erwarten können und worauf sie sich bei einer derart weitreichenden Entscheidung, in ein Heim zu gehen, auch einlassen. Die Heimträger sollen verpflichtet werden, Interessenten auf Anfrage ihr Leistungsspektrum bekannt zu geben, ähnlich wie dies beispielsweise bei Pauschalreisen der Fall ist.

Darüber hinaus werden zwingende Mindestinhalte für Heimverträge vorgegeben (z. B. über die räumliche Unterbringung, die Verpflegung, die Betreuung und Pflege und die kulturellen Angebote im Heim). Diese vertraglichen Verpflichtungen sind vom Heimträger einzuhalten. Der Bewohner hat Anspruch darauf, und das Heim kann sich nicht auf „unverbindliche Absichtserklärungen“ berufen. Wenn das Heim seine Verpflichtungen nicht einhält, soll sich automatisch das Entgelt, das der Heimträger zahlt, mindern.

Ergänzt werden diese Informationspflichten durch einige besonders wichtige Schutzbestimmungen zu Gunsten der Heimbewohner. Ihnen wird etwa das Recht eingeräumt, eine Vertrauensperson namhaft zu machen, an die sich der Träger in wichtigen Angelegenheiten zu wenden hat (etwa einen Angehörigen).

Diese Vertrauensperson soll dem Heimbewohner helfen, sich im Kontakt mit dem Heim zu artikulieren, sie soll helfen, Missverständnisse zu vermeiden und zu klären. Sie soll aber nicht über den Kopf des Bewohners hinweg zu seinen Ungunsten Entscheidungen treffen können.

Eine in der Praxis wichtige Frage betrifft die Einhebung von Kautionen: Manche Heime verlangen von ihren Bewohnern beträchtliche Beträge, mit denen angebliche Forderungen des Heims gegen den Bewohner nach Beendigung des Vertrags abgedeckt werden sollen.

Die eingehobenen und verlangten Kautionen erreichen bisweilen ein hohes Ausmaß. Solche Kautionen sollen beschränkt werden (auf den Maximalbetrag von 400 € pro Monat). Auch kann das Heim mit solchen Kautionen nicht frei wirtschaften, sondern hat sie auf ein gesondertes Treuhandkonto zu legen. „Eintrittsgelder“, mit denen sich die Bewohner in manchen Heimen die Aufnahme gleichsam „erkaufen“ müssen und denen keine Gegenleistung des Trägers gegenübersteht, sollen künftig so wie „Ablösen“ im Mietvertrag unzulässig sein.

Ergänzt werden diese Bestimmungen durch einen wirksamen Kündigungsschutz zu Gunsten der Bewohner: Die Kündigung des Vertrags soll durch ein Heim nur aus wichtigen Gründen (z. B. Einstellung des Betriebs des Heimes, besondere Pflegebedürftigkeit des Bewohners, unzumutbares Verhalten des Heimbewohners oder mehrmonatiger Verzug mit dem Entgelt) zulässig sein. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Bewohner aus nichtigem Anlass oder deshalb, weil ein finanziell besser gestellter Interessent aufgenommen werden will, von heute auf morgen vor die Türe gestellt wird.

Die neuen Regelungen sollen nach den derzeitigen Planungen des Justizministeriums mit 1. Juli 2004 in Kraft treten. Damit soll den Heimen ein ausreichender Zeitraum eingeräumt werden, um sich auf die neue Rechtslage vorzubereiten und einzustellen.

Ein anderes wichtiges Vorhaben zur Verbesserung der Rechte von Heimbewohnern betrifft die Frage der Zulässigkeit und der Kontrolle von Freiheitsbeschränkungen in Heimen. Bisweilen sind solche Freiheitsbeschränkungen zum Schutz der Bewohner notwendig, weil sie sich ansonsten selbst gefährden.

Das Personal der Heime hat für solche Maßnahmen aber keine ausdrücklichen gesetzlichen Grundlagen, es bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Der Verfassungsgerichtshof hat vor wenigen Wochen einem Antrag der Bundesregierung weitgehend Folge gegeben und klargestellt, dass die Regelung solcher Freiheitsbeschränkungen Bundessache sei. Dazu hat das Justizministerium schon im vergangenen Sommer einen Gesetzesentwurf vorgestellt.

Dieser Gesetzesentwurf soll nun auf der Grundlage der Begutachtungsergebnisse überarbeitet und auch noch mit den maßgeblichen Interessenvertretern diskutiert werden. Nach der derzeitigen Planungen soll dem Nationalrat auch zu diesem Bereich im Herbst ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden. Ziel dieses Teils des Projektes ist einmal mehr der Schutz der Würde und der Rechte der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen.

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