Während einige in der Nacht von Freitag, den 31. Jänner 2020, auf Samstag, den 1. Februar 2020 vielleicht durchgeatmet haben, dass jetzt in Sachen Brexit endlich Ruhe einkehrt, trauert kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul in seinem Kommentar über den Verlust der Briten in der Europäischen Union.
Gerade in Sachen Behindertenpolitik waren die Aktivistinnen und Aktivisten von der Insel dem europäischen Festland immer wieder in Sachen Gleichstellung, Deinstitutionalisierung und Menschenrechte voraus. Diese Stimmen werden nun in der Europäischen Union fehlen.
In Diskussionen zur Behindertenpolitik wird gerne darauf verwiesen, dass in den letzten Jahren doch viel getan wurde und sich einiges verbessert habe. Das stimmt sicherlich in einigen Bereichen, auch wenn es noch sehr viel zu tun gibt.
Dabei lohnt es sich aber, einen genaueren Blick auf die Entwicklung zu diesen Veränderungen zu werfen. Denn vieles ging nicht von Deutschland aus, sondern wurde vom internationalen Einfluss geprägt und dabei hauptsächlich von der Europäischen Union. Und dabei spielte Großbritannien und die dortige Behindertenbewegung eine wichtige Rolle.
Seien es die Bestimmungen für barrierefreie Busse, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz oder die Bindung von Fördermitteln der EU-Förderprogramme an Barrierefreiheit und Nichtdiskriminierung, diese auf EU-Ebene angestoßenen Regelungen helfen uns in Deutschland immer wieder für die Inklusion und die Gleichstellung behinderter Menschen zu kämpfen. Und im Kampf für diese Regelungen war gerade die Behindertenbewegung in Großbritannien ein wichtiges Sprachrohr.
Diese Bewegung hat nun nicht mehr die Möglichkeit, die Politik der Europäischen Union so aktiv wie bisher zu beeinflussen, da Großbritannien nun ja aus der EU ausgetreten ist. Und genau das wird uns fehlen. Denn Deutschland gehört eher zu den Blockierern so mancher Regelungen, die für behinderte Menschen hierzulande wichtig wären, wie die längst überfällige Antidiskriminierungsrichtlinie, um den Zugang zu Dienstleistungen und Produkten privater Anbieter endlich zu gewährleisten.
Briten, wir werden euch, euren Biß, euer know how, euer Menschenrechtsdenken und euren Humor in diesem Kampf in der EU sehr vermissen.
Siehe: Der Brexit ist vollbracht
Vera Rosner
05.02.2020, 14:14
Mit Betrübnis habe ich den Brexit zur Kenntnis nehmen müssen – und lange gehofft, es würde anders kommen.
Schwieriger auch für künftige internationale Projekte und persönlich sowieso.
Karin Ofenbeck
02.02.2020, 21:22
Ich kann Ottmar nur zustimmen. Für Menschen mit Behinderungen ist der Austritt Großbritanniens aus der EU ein Verlust. Auch ich persönlich habe bei verschiedenen EU Projekten viel über die Rechte von Minderheiten, Campaigning usw. gelernt.