„Die ‚blaue Seite‘ des ORF ist seit Jahren eine wichtige Informationsquelle für Menschen mit Behinderungen“, so Dr. Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich.
Soll die „blaue Seite“, das beliebteste Nachrichtenportal des Landes, bald Geschichte sein? Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) antwortet klar mit „Nein!“ Was aber spricht für den Erhalt von ORF.at und wie kann die Zukunft aussehen?
25 Jahre ist es her, dass ORF.at online ging. In den Pionierjahren der Online-Nachrichtendienste setzte ORF.at als eine der ersten Plattformen auf die digitale Verbindung von Nachrichten in Textform und Videos und entwickelte sich schnell zu einer beliebten Andockstelle für die bequeme und niederschwellige Übersicht zu tagesaktuellen Themen.
Ausgerechnet jetzt, zu ihrem Vierteljahrhundert-Jubiläum aber gerät die durch Werbeerlöse finanzierte Seite, die von einer Tochterfirma des ORF hergestellt wird, in eine existenzbedrohende Diskussion. Zu groß sei ihre Reichweite, zu viele Nutzer:innen würden nur auf die kostenlosen Inhalte zurückgreifen; ORF.at grabe anderen Zeitschriftenportalen konsequent die Leser:innen ab.
Der Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) kritisiert in der nun aufgebrannten Debatte um ein neues ORF-Gesetz die überragende Marktmacht von ORF.at. Plötzlich steht sogar die Abschaffung der reichweitenstärksten digitalen Nachrichtenseite ORF.at im Raum.
Ein Fehler, wie der Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich (BSVÖ), Dr. Markus Wolf betont. Denn was im Ringen um Marktanteil und Informationsdemokratie außer Acht gelassen wird, ist die Barrierefreiheit.
„Die ‚blaue Seite‘ des ORF ist seit Jahren eine wichtige Informationsquelle für Menschen mit Behinderungen“, so Dr. Wolf, denn bringe die Seite täglich Nachrichten in Leichter Sprache, sei der ORF im Gegensatz zu privaten Medienanbietern auch per Beschluss zur Umsetzung der EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD) daran gebunden, barrierefreie Inhalte anzubieten und die Barrierefreiheit bis 2030 kontinuierlich auf 100 Prozent auszubauen.
Natürlich besteht auch bei ORF.at noch Luft nach oben in Sachen Barrierefreiheit – wie im gesamten Angebot des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks (etwa Stichwort: Audiodeskription). Dennoch sei der ORF gesetzlich dazu verpflichtet, sein Angebot in puncto Barrierefreiheit jährlich zu steigern; ein Umstand, den private Medienanbieter nur unter gewissen Umständen unterliegen. Ein kritischer Blick auf das derzeitige Angebot von Online-Zeitschriftenportalen zeigt außerdem, dass hier in etlichen Fällen noch grobe Mängel in puncto Barrierefreiheit bestehen.
ORF.at in dieser Form nicht weiterzuführen, würde also eine drastische Verschlechterung des ohnehin knappen barrierefreien Angebots bedeuten und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe sowie den barrierefreien Zugang zu Informationsmedien gefährden.
Der BSVÖ wendet sich deshalb in aller Deutlichkeit an die Regierung und an alle Expert:innen, die sich derzeit in die Diskussion rund um die Novellierung des ORF-Gesetzes und die mögliche Abschaffung von ORF.at einbringen.
„Wir fordern alle Entscheidungsträger:innen dringendst dazu auf, von einer Abschaffung des Informationsportals ORF.at in seiner jetzigen Form abzusehen“, gibt Dr. Wolf an. Anstatt sie einzuschränken, solle vielmehr das Angebot der „blauen Seite“ weiterhin ausgebaut und auf umfassende Barrierefreiheit hin weiterentwickelt werden.
der Joseph
26.08.2022, 11:47
Anscheinend ist dem Blindenverband nicht bewusst, dass der ORF nicht barrierefrei ist, da er die Erfolgskriterien der WCAG 2.1 nicht erfüllt. Seit 2020 hat zudem die TVThek eine massive Verschlechterung erfahren.
Ich bin bestürzt, dass dem Blindenverband diese Dinge anscheinend regelmäßig entgehen.