"Es gilt ganz klar der Grundsatz, niemand muss sich fürchten, wenn er die Pflegekraft bis 30.6.2008 anmeldet, dass er mit irgendetwas aus der Vergangenheit belastet wird", erklärte Sozialminister Erwin Buchinger in der Pressestunde am Sonntag.

Buchinger betonte, die jetzt beschlossene Zusatzlösung zu seinem Modell sei mehr als eine Amnestie, weil auch Abgabenansprüche sistiert werden und andererseits weniger, weil nur bei Anmeldung alles dispensiert werde, was an Strafen und Abgabe angefallen wäre. „Das ist eine gute Nachricht für Betroffene, sie soll einen Schub bei der Legalisierung auslösen“. Auch nach dem 30.6.2008 werde es keine „Aktion scharf“ geben, denn es gelte „Helfen und Unterstützen statt Strafen“.
Ein rein theoretischer Fall für Strafe könne sein, wenn jemand nicht selber legalisiert, angezeigt wird und sich uneinsichtig zeige. Das sei aber äußerst unwahrscheinlich, so Buchinger. „Wenn jemand aufgrund einer Anzeige oder Kontrolle die Pflege im ersten Halbjahr 2008 anmeldet, dann wird pardoniert. Egal, was bis 31.12.2007 passiert ist“, erklärte Buchinger. Solange amnestiert wurde, gab es keine Anmeldungen zur legalen Pflege. „Das neue Gesetz der Pardonierung soll einen Anmeldungsschub sicherstellen“, so der Sozialminister.
Ihm sei oft geraten worden, populistischer zu sein und auf den Zug der ÖVP aufzuspringen. Ihm ging es aber als verantwortungsbewusstem Sozialminister darum, ein Problem, das solange geleugnet wurde, zu lösen. „Ich war vertragstreu und ging nicht den Weg der ÖVP, Ängste und Verunsicherung der Bevölkerung zu schüren“, betonte Buchinger, er habe immer gesagt, alle Möglichkeiten der Nachsicht sollten ausgeschöpft werden. Jetzt gebe es, früh genug für die Betroffenen, eine gute Lösung, hinter der alle stehen.
Zur Kritik der Verfassungsrechtler, dass der generelle Rückforderungsverzicht eine Ungleichbehandlung darstelle, hielt der Sozialminister fest, dass er sich bemühen werde, eine „verfassungsrechtlich saubere Lösung“ zu finden. Das sei nichts Neues, auch bei der Einführung von neuen Steuern wurde schon pardoniert.
Auf Niederösterreichs Landeshauptmann Pröll angesprochen, stellte Buchinger klar, dass Niederösterreich, das Land war, das bis vor zwei Monaten im Bereich der Pflege am härtesten im Regressweg auf Angehörige zurückgegriffen habe. Wenn das neue Gesetz zur Folge hatte, dass es in Niederösterreich jetzt auch eine gute Lösung gebe und es zu einem Wegfall des Regresses komme, sei das ein Erfolg. „Verdrängen löst keine Probleme, sondern Hinschauen und Lösen.“
Zu Problemen bei der Qualität der Betreuung stellte Buchinger klar, dass Minister Bartenstein für die arbeitsrechtliche Lösung zuständig war, er selber für die finanziellen Förderungen und Ministerin Kdolsky für die gesundheitsrechtlichen Problemstellung – etwa die Ausweitung der Kompetenzen von BetreuerInnen. Diese habe zugesichert, dass es in den nächsten Wochen eine Lösung, etwa bei Nahrungsaufnahmeunterstützung durch Betreuungskräfte, geben werde.
Was die Zahl der illegalen PflegerInnen angehe, reichen die Schätzungen zwischen 5.000 – 20.000 betroffenen Haushalten. Wenn man von oft zwei Pflegekräften pro Haushalt ausgehe, gebe es maximal 40.000 illegale PflegerInnen im Land, erklärte Buchinger. Es werde auch im zweiten Halbjahr keine „Aktion scharf“ geben. „Nützen Sie das großzügige Angebot der Pardonierung, denn dann haben Sie Sicherheit“, so Buchinger.
Mit der 24-Stunden-Pflege wurde ein wichtiges Problem gelöst, jetzt gebe es noch drei „große Brocken“ bei der Pflege. Dies seien die Finanzierung, die Pflegegeldabstufung und Valorisierung sowie die Pflegeleistung der Länder aneinander näher zu bringen. Für diese Bereiche habe Buchinger Arbeitsgruppen eingerichtet, die Ende Mai, Anfang Juni einen Bericht dazu vorlegen werden.
„Schwerpunkt ist, sicherzustellen, dass ab 1.1.2009 das Pflegegeld erhöht wird“. Denn es gebe hier eine 18-20 prozentige Entwertung. Buchinger werde für eine möglichst hohe Summe kämpfen, ein bis zwei Prozent seien zuwenig. Den Menschen, die Pflegebedarf haben, solle durch die Erhöhung des Pflegegelds der Mehraufwand abgegolten werden.
Gerhard Lichtenauer,
14.01.2008, 10:53
Nach mehrmaligen Aufzeigens des Etikettenschwindels wurde dann einige Monate lang (Sommer & Herbst 2007) die Wortwahl ein klein wenig „ehrlicher“, wenn auch lange noch nicht zutreffend: Es wurde fast schon süssifant von „Bis-zu-24-Stunden-Betreuung“ gesprochen, obwohl bisher lediglich eine tägliche „9-bis-14-Stunden- Haushaltshilfe/Gesellschafter- Tätigkeit“ gesetzlich geregelt wurde, deren Praxisfremdheit heftige Kopfschüttelfrostattacken auslöst.
Die Medien haben sich fast unisono bis vor Kurzem an die von oben verordnete Sprachregelung gehalten, erst seit Kurzem wird der „Pflege“-Schwindel thematisiert. Der „24-Stunden“- Schmäh ist noch immer tabu. Krass ist, dass in der Zuspitzung des Amnestieverlängerungs- Streits bis hin zur derzeitigen „Schwamm-drüber“- Einigung mit Aussagen über „24-Stunden-Pflege“, „Pflegekräfte“, „legale Pflege“ etc. (s.o.) die Bevölkerung hinters Licht geführt wird und die Betroffenen für dumm verkauft werden. Es ist trotz des neuen „Rückforderungsverzichtes“ (bei Anmeldung bis 30.6.08) ein Skandal, die Betroffen immer mehr unter Druck zu setzen, obwohl es bei Weitem noch keinen Ansatz einer legalen und leistbaren Pflegelösung gibt. (www.daheim-statt-heim.at)
meia,
14.01.2008, 01:06
BM Dr. Erwin Buchinger wirkte in der Pressestunde auf mich souverän und man könnte als „normaler Bürger“ den Eindruck gewinnen, daß dieses Pflege- und Betreuungsgesetz am richtigen Weg ist. Kleine Änderungen im Zuständigkeitsbereich vom Gesundheitsministerium die zügig durchgeführt werden sollen, dann sollen sich Pflegebedürftige und deren Angehörige leistbare Betreuung und Pflegepersonal leisten können. Ich hatte den Eindruck, dass er davon auch überzeugt war. Man spielt wie so oft die „Angstkarte“ – Keine Aktion Scharf des Staates, sondern man spricht von denunzieren und vernadern etwa von Nachbarn bei illegaler Pflege.
Ein verwerfliches Spiel der Politiker. Denn es genügt schon alleine daß es rechtlich zwischen Betreuung und Pflege Ungereimtheiten gibt, gesetzliche Änderungen vom Gesundheitsministerium noch ausstehen, um ein so brisantes Gesetz zu vollziehen. Man hat den Eindruck, daß auf Kosten der Betroffenen gespart wird. 40 Millionen Euro sind dafür veranschlagt, kostet es angeblich den Staat, wenn sich 10.000 illegale Pflegekräfte anmelden. Da aber höchstens 80% der Lohnnebenkosten bezuschusst werden, aber nur wenn man „arm“ ist (7000 Euro Grenze) denn 20% der Lohnnebenkosten müssen die Betroffenen selbst bezahlen, kann der Finanzminister ja mit mehr Einnahmen (48 Millionen) rechnen. Wenn das Pflege-Modell nicht angenommen wird, was zu vermuten ist, werden viele Millionen eingespart. 400 Millionen Euro würde lt. BM Buchinger eine 20% Pflegegelderhöhung kosten – Nicht leistbar?
Vergleicht man die Gesundheitsausgaben, die auch solidarisch getragen werden, ist diese Aussage unverständlich. Auch Klaus Katzianka wurde in der ZIB2 gefragt, wer das bezahlen soll – Natürlich die Allgemeinheit – ein solidarisches System. Denn: Gesundheit und Pflege gehören in ein Ministerium – und sollten auch solidarisch getragen werden. Das nunmehrige Pflegemodell ist nicht wirklich durchdacht und für die Betroffenen kaum leistbar. Zu viele wollen am Sozialkuchen mitnaschen