Budget in Belgien: Wissenschaftliche Studien oder Einfordern von Menschenrechten?

Im Rahmen einer internationalen Konferenz in Gent/Belgien wurde das Thema "Selbstbestimmt Leben durch Persönliches Budget" (Independent Living through direct payments) diskutiert.

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Eingeladen hatte das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Belgien (Expertise Centre Independent Living) und ENIL (European Network on Independent Living). Ziel der Konferenz sollte ein Erfahrungsaustausch auf europäischer Ebene und die Präsentation der Arbeit des belgischen Kompetenzzentrums sein. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland e. V. entsandte zwei Aktivisten aus Deutschland zu dieser Veranstaltung, auf der auch kontrovers diskutiert wurde.

Andreas Vega, Mitglied des Beirates der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland-ISL schildert, worum es in der Debatte ging: „Seit einigen Jahren wird in Flandern ein Modellversuch mit einem gedeckelten persönlichen Budget durchgeführt. Diese Direktzahlungen sollen Menschen mit Behinderung in die Lage versetzen, ihre Unterstützung und persönliche Assistenz selbstbestimmt und unabhängig von anderen Diensten der Fürsorge zu organisieren. An diesem Modellversuch nehmen bislang 1.800 Menschen mit Behinderung aus dem flämischen Teil Belgiens teil, ca. weitere 5.000 stehen auf einer Warteliste. Das Budget ist auf maximal 41.000 EUR im Jahr begrenzt. Für 25.000 Menschen mit Behinderung, die auf umfangreiche Hilfen (zum Beispiel 24 Stunden täglich) angewiesen sind, gibt es daher zu Sonder- und Pflegeeinrichtungen keine ambulanten Alternativen. Obwohl Belgien ebenfalls die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterschrieben und ratifiziert hat, scheinen sich die politisch Verantwortlichen um die sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht zu scheren.

Die bisherige Strategie der belgischen Selbstbestimmt Leben Bewegung setzt auf wissenschaftliche Untersuchungen, die in Kooperation mit der Universität Gent durchgeführt wurden. Diese Untersuchungen sollen Argumentationshilfen in der Auseinandersetzung mit den politisch Verantwortlichen liefern. In der Diskussion um die Methoden und Ergebnisse der Untersuchung „Lebensqualität mit persönlicher Assistenz“ (Quality of Life and Personal Assistance Budget in Flanders) hatten VertreterInnen von ENIL dann die Möglichkeit, die Philosophie der Selbstbestimmt Leben Bewegung ausführlich vorzustellen und vor allem den Menschenrechtsgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention einzubringen.

Andere KonferenzteilnehmerInnen aus Norwegen, Schweden und Deutschland unterstützten diesen Gedanken und so bleibt zu hoffen, dass die Forderung des belgischen Kompetenzzentrums nach einer weiterführenden Untersuchung von den belgischen MitstreiterInnen überdacht und statt dessen der Menschenrechtsgedanke der UN-Behindertenrechtskonvention aufgenommen wird. Die belgische Selbstbestimmt Leben Bewegung sollte die Verpflichtungen, die sich für den belgischen Staat aus dieser Konvention ergeben, vehement einfordern.“

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0 Kommentare

  • Habe mir die Sendung angesehen! War traurig und entsetzt zugleich, dass dieser sogenannte Mitarbeiter des Landes so getan hat, als wäre der Vater schuld, dass er die Sachverständigen des Landes nicht ins Haus geholt hat und daher natürlich nicht die Hilfe für den Sohn genehmigt werden konnte obwohl das Land OÖ ja (wie es scheint) unbedingt helfen wollte,………..bla,bla,bla,……….
    Gehts noch scheinheiliger ?
    Dieser Vater ging sicher als letzten Hilferuf zur Volksanwaltschaft, weil er sicherlich jahrelang als Alleinkämpfer nicht ernstgenommen wurde, und ihm nichts anderes mehr als Ausweg eingefallen ist als sich so gegen diese Bittstellerrolle zu wehren in die er gedrängt worden ist mit seiner Familie( die anscheinend das Verbrechen wie ich begangen hat, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen!)
    So siehts aus! und nicht anders
    Frau Karoliny Sie sind suuuuuuuuuper!

  • @Klaudia Karoliny: Heute war beim Bürgeranwalt ein PA-Bericht über OÖ … Das sind ja Zustände … OÖ dürfte halt nur leider im bundesweiten Negativtrend liegen … Der Link: http://tv.orf.at/program/orf2/20100703/476335001/295058/ und hier zum nachsehen: http://tvthek.orf.at/programs/1339-Buergeranwalt

  • Der kleine Unterschied ist nur, dass sich zumindest die PolitikerInnen, die selbst davon betroffen sind oder deren Angehörige (auch in unserem Land), trotzdem Angebote außerhalb von Heimen leisten können und die Normalbevölkerung nicht, oder sie muss pflegende Angehörige ausbeuten.
    Und wo ist eigentlich in Österreich und in Deutschland, eine UN-menschenrechtskonforme Persönliche Assistenz?

  • Die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung wollen gar nicht verstehen. Wenn sie selber persönlich betroffen wären, würden alle sehr genau verstehen, worum es geht. Die Diskriminierung behinderter Menschen durch eugenische Ökonomisierung, Bevormundung, Entrechtung und marktpolitische Verwertung, sowie die nicht enden wollende Ausbeutung pflegender Angehöriger, kann nur als äußerst schändlich bezeichnet werden.