Corona mache die Situation für viele Menschen bedrohlicher, wie etwa für Menschen mit Behinderungen.
Die Sozialpolitik spiele in Zeiten von Corona eine entscheidende Rolle, betonte heute Sozialminister Rudolf Anschober in der Budgetdebatte des Nationalrats zu den Untergliederungen 21 Soziales, Konsumentenschutz und 22 Pensionsversicherungen. Corona mache die Situation für viele Menschen bedrohlicher, wie etwa für Menschen mit Behinderungen. Aus der Gesundheitskrise dürfe keine Sozialkrise werden, so der Minister weiter.
Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen – Anschober bindet alle ein
Der Minister ging näher auf die Situation der Menschen mit Behinderungen ein und hielt fest, dass – anders als zu Beginn der Krise – nun auch Menschen mit Behinderungen aktiv in den Krisenstab eingebunden seien, damit deren Anliegen Teil der Gesamtstrategie werden. Weiters kündigte er einen Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen an.
Erstmals seien in der Erstellung alle Ressorts eingebunden und man hoffe, 2021 mit einem Gesamtpakt in Richtung faire Chancen für Menschen mit Behinderungen zu starten. Mit Blick auf die Armut erklärte er, dass sich ca. 1,5 Mio. Menschen in einer Risikosituation befänden und dies müsse in einem reichen Land veränderbar sein. In der Corona-Krise seien auch Problembereiche wie prekäre Arbeitssituationen, die in vielen Teilen zugenommen habe, sichtbar geworden.
Der Kritik der Opposition zu den Pensionen hielt er entgegen, das heimische Pensionssystem sei solide, man dürfe es nicht schlechtreden. Zum Thema Pflege stellte er einen neuen Start der Reform mit September in Aussicht, sofern die Krise soweit unter Kontrolle sei und dies zulasse. Er sehe einen großen Leidensdruck auf vielen Seiten und deshalb zögen alle an einem Strang. Wichtig sei es, nicht nur die Länder, sondern auch die Institutionen und Betroffenen einzubeziehen.
Die Corona-Krise habe gezeigt, wo die Schwächen eines Systems liegen und wer die Betroffenen sind, erklärte Anschober. Insbesondere im stationären Pflege-Bereich habe es in anderen Ländern viele Todesfälle gegeben. Diese Betroffenen galt es daher zu schützen, wobei die Maßnahmen aber zu sozialen Schwierigkeiten führten, so der Minister. Er hoffe, in ungefähr zehn Tagen Maßnahmen zu einer schrittweisen Öffnung des stationären Bereichs der Pflege und der Krankenhäuser ankündigen zu können.
Grüne: „Inklusion geht uns alle an“
Die Pflegesprecherin der Grünen, Bedrana Ribo, betonte, dass trotz eines Budgets von 3,85 Mrd. € für die Pflege ein Großteil der Pflegegeldleistungen informell durch eine Million pflegende Angehörige erbracht werde. Für sie stellt die Pflegereform eine Notwendigkeit dar, da es viele Versäumnisse in der Vergangenheit gegeben habe. Ziel muss ihrer Ansicht nach unter anderem eine bessere Unterstützung der pflegenden Angehörigen sowie mehr Anerkennung des Pflegeberufs sein.
„Inklusion geht uns alle an“, betonte ihre Fraktionskollegin Heike Grebien und begrüßte, dass nun beim Nationalen Aktionsplan auch die Länder und alle Ministerien eingebunden werden. Sie zeigte sich mit den 6 Mio. € zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zufrieden, auch mit den zusätzlichen Arbeitsplatzzuschüssen. Dass die Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen zugeschnitten wurden – etwa keine Maskenpflicht und Verzicht auf die Abstandsregel für die persönliche Assistenz – sei dem Minister zu verdanken, weil er die Betroffenen eingebunden habe.
SPÖ ortet viele Mängel im Budgetentwurf
Seitens der SPÖ vermisste Alois Stöger Klarheit im Budget. Kritisch merkte er an, er lese aus dem Strategiebericht heraus, dass man im Pensionsbereich Einsparungen vorbereite. Er sei froh, dass es aber gelungen sei, die Einsparungsphantasien in der gesetzlichen Pensionsversicherung anzuhalten und im letzten Jahr 600 Mio. € weniger auszugeben als geplant. Die Pensionen sind also gesichert und finanzierbar, so Stöger.
Seine Fraktionskollegin Verena Nussbaum machte im Pflegebereich auf den akuten Personalmangel aufmerksam. Um diesem zu begegnen, seien attraktivere Arbeitsbedingungen durch kürzere Arbeitszeiten und höhere Löhne notwendig, erklärte sie. Am Budget kritisierte sie das Fehlen der Sozialversicherung für die Pensionen für Menschen mit Behinderungen. Außerdem benötige es mehr Barrierefreiheit, weshalb sie per Antrag forderte, dass Bundesförderungen an barrierefreie Umsetzungen geknüpft werden sollen. Die Beurteilung solle durch ExpertInnen aus den Interessensvertretungen von Menschen mit Behinderungen erfolgen, so Nussbaum.
NEOS: Im Pensionssystem zeichne sich Desaster ab
Als Desaster bezeichnete der NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker, was sich im Pensionssystem abzeichne. Fiona Fiedler (NEOS) kritisierte fehlende Aufmerksamkeit für Menschen mit Behinderung. Die Maßnahmen für die 1,4 Mio. Menschen umfassende Gruppe werde im Budget nicht aufgeschlüsselt, sondern per Gießkannenprinzip verteilt. Sie erwarte für das Budget 2021 ein ausführliches Paket mit konkreten Mitteln und Maßnahmen zu Inklusion in Österreich.
Budgetzahlen zu Soziales, Pensionen und Konsumentenschutz
Für den Bereich Soziales und Konsumentenschutz sieht der Budgetentwurf, noch ohne Berücksichtigung der Corona-Krise, Ausgaben (Auszahlungen) in der Höhe von 3,84 Mrd. € vor. Das sind um rund 5,6% mehr als im vergangenen Jahr aufgewendet wurden. Insbesondere für den Pflegebereich werden – u.a. durch die Valorisierung des Pflegegelds und die Aufstockung des Pflegefonds – Mehrkosten erwartet. Hierfür sind insgesamt Ausgaben von 3,47 Mrd. € veranschlagt. Auch im Bereich Konsumentenschutz ist mit 6,2 Mio. € ein deutliches Budgetplus gegenüber 2019 vorgesehen.
Weitere Budgetposten der Untergliederung Soziales betreffen Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung, Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, die Förderung von freiwilligem Engagement und die Auszahlung von Opferrenten. Die Einnahmen (Einzahlungen) sind mit 607,85 Mio. € (+11%) veranschlagt, wobei auch hier der größte Teil (600,9 Mio. €) auf den Pflegegeldbereich entfällt.
Noch nicht im Voranschlag enthalten sind die im Zuge der Corona-Krise beschlossene Sonderdotierung des Pflegefonds (100 Mio. €) und die Bereitstellung von zusätzlichen 600.000 € für freiwilliges Engagement. Beide Maßnahmen sollen über den COVID-19-Krisenbewältigungsfonds bedeckt werden.
Mit dem Bundesvoranschlag bzw. Bundesfinanzgesetz mitverhandelt wird auch der Bundesfinanzrahmen 2020 bis 2023.