Allen Sonntagsreden zum Trotz: Behinderte Menschen werden in Deutschland gesellschaftlich ausgegrenzt
„Gefährdet ein geistig oder körperlich Kranker durch seinen Zustand seine Mitmenschen erheblich, so kann er in eine Anstalt eingewiesen werden.“ Der Satz stammt nicht aus einem Gesetz der Kaiser- oder Nazizeit, berichtet heute „die Zeit“.
Er steht in Artikel 23 der Hessischen Landesversammlung von 1946 – und gilt bis heute. Dass man heutzutage behinderte Menschen auch anders behandeln kann, dass es keine Krankheit gibt, die das Aus-dem-Verkehr-Ziehen von Menschen rechtfertigt, dass es heute gar keine „Irrenanstalten“ mehr gibt, wie sie der Gesetzgeber damals im Sinn hatte, scheint niemanden zu stören. Die Einstellung zu körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung ist in Deutschland noch immer von Mißverständnissen und Ängsten bestimmt.
Behinderte werden gesellschaftlich ausgegrenzt, es dominiert eine Haltung, die allein vom gesunden Menschen als „normal“ ausgeht und jede Abweichung als Makel ansieht – allen anders lautenden Beteuerungen und Sonntagsreden zum Trotz.