Bundesländer erfüllen Einstellungspflicht nur teilweise

Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Niederösterreich erfüllen die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigungspflicht behinderter Menschen nicht; der Rest der Bundesländer schon.

Erfüllung der Einstellungspflicht der Bundesländer
BIZEPS

Die BZÖ-Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Ursula Haubner wollten mittels parlamentarischer Anfrage (7336/J) wissen, ob die Bundesländer die Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz (je 25 Dienstnehmer einen behinderten Dienstnehmer) erfüllen.

Große Unterschiede

„Inwieweit wurde im Jahr 2009 (mit Stichtag 31.12.2009) die Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz in den einzelnen Bundesländern erfüllt?“ fragten die BZÖ-Abgeordneten.

Nun liegt seit 7. Februar 2011 die schriftliche Beantwortung (6999/AB) des zuständigen Sozialministers zu den Zahlen aus dem Jahr 2009 vor.

Die Antwort lautet: Steiermark 170,2 % / Kärnten 156,9 % / Oberösterreich 134,7 % / Burgenland 121,3 % / Wien 103,9 % / Niederösterreich 95,7 % / Salzburg 82,3 % / Vorarlberg 56,3 % / Tirol 49,7 % (siehe Grafik)

Es zeigen sich also große Unterschiede in der Bereitschaft der Bundesländer, behinderte Menschen im Landesdienst zu beschäftigen oder statt dessen Ausgleichstaxe zu bezahlen.

Steiermark, Kärnten, OÖ und Burgenland beschäftigen deutlich mehr, Wien knapp mehr als die gesetzliche Vorgabe. Säumig bei der Einstellung von behinderten Menschen sind NÖ, Salzburg, Vorarlberg und Tirol. Besonders krass ist die Nichterreichung beim Land Tirol, wo die gesetzliche Verpflichtung nur zur Hafte erfüllt wird.

Politische Reaktionen

Für BZÖ-Chef Josef Bucher ist es laut Ö1-Interview unverständlich, „dass hier die öffentliche Hand, die eine Vorbildfunktion einnehmen sollte, sehr säumig ist. Das paradoxe dabei ist ja, dass die öffentliche Hand das kontrolliert, aber selber das Gesetz nicht erfüllt. Das sollte schon zu denken geben.“

Der freiheitliche Behindertensprecher, NAbg. Norbert Hofer, verurteilte die mangelnde Beschäftigung behinderter Menschen. Hier trete der groteske Fall ein, dass sich die betroffenen Bundesländer mit Steuergeld, von der gesetzlichen Verpflichtung behinderte Menschen einzustellen, freikaufen würden, kritisierte Hofer, der forderte diesen Unsinn abzustellen.

Tirol – 900.000 Ausgleichstaxe

Die Reaktion aus Tirol folgte umgehend. Die SPÖ-Abgeordnete Gisela Wurm kommentierte die Schlusslicht-Postion des Landes und forderte: „Tirol sollte schnell nachziehen, denn die öffentliche Hand hat Vorbildfunktion und darf hier kein schlechtes Beispiel abgeben“.

Das Land Tirol musste – laut Tiroler Tageszeitung – im Jahr 2008 an Ausgleichstaxe knapp 900.000 Euro für die zu niedrige Beschäftigungsquote bezahlen.

NÖ – 220.000 Ausgleichstaxe

Auch Niederösterreich bezahlt Ausgleichstaxe, weil es sich an die gesetzliche Beschäftigungspflicht nicht hält.

Dies verärgert FPÖ-Landesgeschäftsführer, Ing. Martin Huber, der festhält: „Es ist nicht zu akzeptieren, dass das Land lieber öffentliche Gelder für Strafzahlungen verschwendet, anstatt das Behinderteneinstellungsgesetz zu beachten!“

„Das führt unter anderem dazu, dass das Land im Vorjahr 220.000 Euro an Ausgleichstaxe zu bezahlen hatte“, kommentiert Hermann Haneder, Präsident der Arbeiterkammer NÖ, die Zahlen.

Der AKNÖ-Präsident tritt außerdem dafür ein, die Ausgleichstaxe zu erhöhen. „Derzeit kostet es zwischen 226 und 336 Euro pro Monat, einen begünstigt Behinderten nicht einzustellen. Das macht es viel zu billig für Unternehmen, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht nachkommen.“ Haneder fordert, dass die Ausgleichstaxe auf den branchenüblichen Kollektivvertragslohn angehoben wird. „Da wird es sich ein Betrieb zweimal überlegen, ob er die Quote nicht erfüllt.“

Auch der Präsident des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes, Klaus Voget, fordert eine Erhöhung der Ausgleichstaxen.

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0 Kommentare

  • @Nachdenker:
    Danke für den Presseartikel!

    http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/633505/Einstellung-Behinderter_Drei-Viertel-der-Firmen-saeumig-?from=gl.home_wirtschaft

    Ich komme nach den dort genannten Zahlen sogar auf 92,3 Mio.€, die der Ausgleichstaxfonds jedes Jahr mindestens schwer sein müsste:
    101.075 Personen hätten beschäftigt werden müssen.
    Nur 67.016 wurden tatsächlich beschäftigt.
    Ergibt 34.059 nicht besetzte Dienstposten, für die mindestens 226.-€/Monat AGl.taxe zu bezahlen ist: 34.059 x 226 x 12 = 92,36 Mio.€ !!!

    In diesem Betrag sind die säumigen Länder (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, NÖ), die auch Ausgleichstaxe zahlen müssen, noch nicht einberechnet.
    Wir haben also einen über 100 Mio.€ fetten Ausgleichstaxfonds, aber das Bundessozialamt kürzt die Mobilitätsbeihilfe und zahlt behinderten Menschen, die ein Auto brauchen, die NOVA nicht mehr zurück. Das sind aber Zahlungen die genau aus diesem Fonds erfolgen müssen. Irgendwas passt da hinten und vorne nicht zusammen.
    Wie wäre es mit einer parlamentarischen Anfrage?


  • @Huber

    http://ams.brz.gv.at/arbeitundbehinderung/data/11.html#id21

    http://www.arbeitundbehinderung.at/de/faq/beschaeftigungspflicht/fragen.php

    einfach Google bemühen.

    mir ist es ein Rätsel, warum sie sich permanent am Wort „Gerhörlose“ aufhängen? Wo habe ich in meinen Beiträgen jemals erwähnt, dass ein Gehörloser nicht als Behinderte gelten würde?

  • Nachdenker: lassen Sie mich raten, was Sie gemeint haben. Ich blicke bei Ihren Statements nicht ganz durch: ein 50 Mitarbeiter Betrieb, und eine blinde/rollende Person genügt, um die Einstellungspflicht zu erfüllen. Das ist mir neu. Wann erfüllt aus Ihrer Sicht ein Betrieb die Einstellungspflicht, wenn keine bzw. nur eine gehörlose Person eingestellt wird? Gibt es eine konkrete Bestimmung, wonach eine gehörlose Person „nicht zählt“?

  • @Lukas Huber
    was ist an meinem Beitrag polemisch?

    Ein 50 Mitarbeiter Betrieb kann sich mit der Einstellung eines einzigen begünstigt Behinderten in Form eines Blinden oder Rollstuhlfahrers seine Einstellungspflicht erfüllen. Eigentlich hätte er gesetzlich zwei begünstigt Behinderte einzustellen, aber da hama ja die Ausnahmen, welchen Sinn sie auch machen sollen…
    Was macht einen Blinden oder Rollstuhlfahrer privilegierter in der Stellenbesetzung als andere begünstigt Behinderte?






  • Auch die „Alten“ zählen doppelt. Ich verstehe diese Rechnung sowieso nicht – wozu doppelt zählen und warum „laufen“ Menschen mit Behinderung im öffentlichen Dienst in der Regel außerhalb der regulären Dienstpostenpläne, die es zu besetzen gilt? Ich hab das immer schon ungerecht empfunden, weil nicht überall die sonst geltenden Bedingungen in Sachen Fort- und Weiterbildung, Aufstiegschancen udgl. für Menschen mit Behinderung gelten. Auch die Aufnahmebedingungen, wie beim Land OÖ (weiß zwar nicht, ob diese jetzt immer noch so sind und bei meinem Eintreten gab es diese Bestimmungen noch nicht). Behinderte Menschen werden vorsorglich mal für lange Zeit nur für maximal 20 Stunden angestellt, damit geschaut werden kann, ob diese auch wirklich eine Arbeitsleistung erbringen. Ich hab beim Land OÖ Über-Gebühr und engagiert gearbeitet, viel mehr wie viele nichtbehinderten KollegInnen und war immer nur eine feine Zugabe für die Abteilung – hab bis zu meinem Ausscheiden im Landesdienst keinen Dienstposten innerhalb des Dienstpostenplans ergattert, weil sich ja immer auch nichtbehinderte MitarbeiterInnen dafür anstellen, die dann letztendlich den „Zuschlag“ bekommen – no na, ich würde wahrscheinlich bei diesen Bedingungen als Chefin auch nicht anders denken und handeln. Das „Schnäppchen“ in Form einer arbeitsamen Person hab ich ja trotzdem. Ich finde das eine wirkliche Frechheit und eine Diskriminierung sondergleichen, die da rundherum im öffentlichen Dienst passiert, die eigentlich vorbildhaft arbeiten und handeln sollte.
    Die Gehörlosen-Gemeinschaft hat ihre eigene Lobby und ihr eigenes Denken. Ich glaube persönlich nicht, dass sie sich als „behinderte Menschen“ heraushalten sollten, sie sollten sich vielmehr hinzuzählen. Die sind beim Land OÖ auch arm dran, kochen aber ihr eigenes dünnes Süppchen bisher. Viel mehr an Recht und Gerechtigkeit wäre dabei herauszuholen, wenn sie behindert wären.

  • Es ist bedenklich, dass das ach so „christlich soziale“ Bundesland „Tirol“, wenn es um Bedürftige geht, in Österreich meistens das Schlusslicht ist, oder zumindest unter den „Blockierern“ zu finden ist.
    Eigenartig und veranlasst zum Nachdenken.

  • @Lukas Huber Sie schreiben: „Gehörlose Menschen werden von und in der Arbeitswelt genauso ausgegrenzt..“ Vermutlich haben Sie recht – Ich denke der Beitrag von „Nachdenker“ sollte aufzeigen, das ein Gehörloser genauso als behindert zählen sollte wie ein blinder Mitbürger.. Jedoch die Interessenvertretung der Gehörlosen wollte seinerzeit nicht als „behindert“ gelten, sondern als Sprachminderheit (Gebärdensprache)..

  • Nachdenker: mich würde interessieren, wie Sie in Ihrem polemischen Beitrag darauf kommen, dass eine gehörlose Person „nicht zählt“? Gehörlose Menschen werden von und in der Arbeitswelt genauso ausgegrenzt und unter Druck gesetzt wie andere behinderte Menschen, wenn nicht genauso sogar noch ärger.

  • @Nachdenker: a) Gehörlose wollen selbst nicht als „Behindert“ gelten, sondern zählen sich zu einer Sprachminderheit (Gebärdensprache)
    b) Ihre Überschlagsrechnung habe ich mir auch schon durch den Kopf gehen lassen – es sollte transparent nachvollziehbar sein, wo diese Mittel eingesetzt werden und ob da was „umgeschichtet“ wird..

  • da liest man
    http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/633505/Einstellung-Behinderter_Drei-Viertel-der-Firmen-saeumig-?from=gl.home_wirtschaft

    Überschlagsrechnung:
    220 Euro x 12 Monate x 17.100 Ausgleichstaxezahler = 45 MILLIONEN Euro und das mindestens!

    wo fliesst dieses Geld eigentlich hin?

  • Rollstuhlfahrer, Blinde, Lehrlinge mit Behinderung gelten doppelt. wieso eigentlich? jede Behinderung ist für sich bedeutsam, aber warum zählt ein Blinder doppelt und ein Gehörloser nicht?

    mi kotzt dieses Thema einfach an …