Bundesminister Rauch: Nationaler Aktionsplan Behinderung soll bald finalisiert werden

Forderung nach Lohn statt Taschengeld für Beschäftigte in Tageswerkstätten im Sozialauschuss

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Im zweiten Teil des Sozialausschuss am 30. Juni 2022 standen die Anliegen von Menschen mit Behinderung im Fokus. Dazu lagen eine Reihe von oppositionellen Entschließungsanträgen vor, die allesamt vertagt wurden.

Im Besonderen setzten sich die Abgeordneten für einen verpflichtenden Mindestlohn und eine volle sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Personen mit Behinderung ein, die in Tageswerkstätten beschäftigt sind und derzeit nur ein Taschengeld in der Höhe von 60 € bis 150 € erhalten.

Aufgrund seiner eigenen beruflichen Erfahrungen sei ihm diese Problematik sehr bewusst, betonte Sozialminister Johannes Rauch. Eine diesbezügliche Studie, die sich mit all den damit verbundenen komplexen Fragen befasse werde, soll noch heuer präsentiert werden.

Ähnliches gelte für den neuen Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) für die Jahre 2022 bis 2030, erklärte der Ressortchef, dieser soll bald finalisiert werden.

Mindestlohn für Beschäftigte mit Behinderung in Tageswerkstätten

Forderungen nach einem verpflichtenden Mindestlohn und damit verbunden auch einer vollen Sozialversicherungspflicht für Personen mit Behinderung, die in Tageswerkstätten beschäftigt sind, lagen in Form von zwei Entschließungsanträgen vor.

Da die dortigen Tätigkeiten nicht als normale Erwerbsarbeit, sondern als therapeutische Maßnahmen gelten, würden die Betroffenen nur ein Taschengeld zwischen 60 € und 150 € erhalten, beklagte Verena Nussbaum. Teilweise würde dort aber auch Designerstücke hergestellt, die später teuer verkauft werden.

Die SPÖ drängte daher darauf, auch in Tageswerkstätten künftig Lohn bzw. Gehalt zu zahlen und die dort tätigen Menschen damit arbeits-, sozial- und pensionsversicherungsrechtlich mit anderen Arbeitnehmer:innen gleichzustellen. Schon 2020 habe es einen All-Parteien-Antrag in dieser Causa gegeben, seitdem sei aber nichts passiert, beklagte Nussbaum (2635/A(E)).

Diese Forderungen gebe es seit vielen Jahren, rief auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ) in Erinnerung. Es sei ein sehr trauriger Zustand, dass sich noch immer nichts geändert habe und der Staat weiterhin auf diese Weise mit den Schwächsten in der Gesellschaft umgehe (381/A(E)). Es werde schon so lange darüber diskutiert, aber man trete noch immer auf der Stelle, bedauerte ebenso Gerald Loacker von den NEOS.

Aufgrund seiner eigenen beruflichen Erfahrungen sei ihm diese Problematik sehr bewusst, betonte Sozialminister Johannes Rauch. In seiner früheren Tätigkeit sei es ihm zumindest auf Länderebene gelungen, dafür eine Lösung zu finden. Da es sich um eine sehr komplexe Frage handle, habe sein Ressort eine Studie in Auftrag gegeben, die noch heuer präsentiert werden soll.

Was den neuen Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) für die Jahre 2022 bis 2030 betrifft, der die UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich bundesweit umsetzen soll, so kündigte der Minister die baldige Finalisierung an.

Daran werde man dann anknüpfen und konkrete Umsetzungsschritte machen, wie etwa im Bildungsbereich, wo noch viel zu tun sei. Er wies auch darauf hin, dass einige Bundesländer bereits viel getan hätten und hervorragend unterwegs seien. Generell sei Inklusion eine Querschnittsmaterie, die Anstrengungen von allen Beteiligten erforderlich mache.

Beide Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Weitere oppositionelle Anliegen vertagt: Definitionsfragen, Ausbau der Mobilitätsförderung, persönliche Assistenz für Schüler:innen

In einem weiteren Entschließungsantrag  kritisierten die Freiheitlichen, dass für die Einstufung als „begünstigt Behinderte/-r“ in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Grade der Behinderung herangezogen werden.

Der Sozialminister soll eine einheitliche und für den gesamten öffentlichen Verkehr bindende Definition von „begünstigt Behinderten“ schaffen, die ab einem 50%igen Grad der Behinderung gilt und auf ermäßigte Dienstleistungen, Tickets und Fahrkarten anzuwenden ist (2430/A(E)).

Generell spricht sich die FPÖ  für einen Ausbau der Mobilitätsförderung für Menschen mit Behinderung aus. Zudem drängt sie darauf, die bisherigen Instrumente zu evaluieren und die Ausweitung von Fahrpreisermäßigungen bzw. -befreiungen im öffentlichen Verkehr zu prüfen. Laut Antrag werden derzeit etwa Förderungen für Orientierungs- und Mobilitätstraining, die Anschaffung eines Assistenzhundes, das Erlangen einer Lenkberechtigung und den Erwerb von Kraftfahrzeugen gewährt, ebenso gibt es Mobilitätszuschüsse und Fahrpreisermäßigungen (1527/A(E)).

In einer weiteren Initiative spricht sich die FPÖ für persönliche Assistenz für alle Schüler:innen mit Behinderungen aus. Das Bildungsministerium verwehre Schüler:innen mit nichtkörperlichen Behinderungen das Recht auf persönliche Assistenz, so die Antragsteller:innen, die diesbezüglich auch auf eine Verbandsklage nach dem Behindertengleichstellungsgesetz gegen das Bildungsministerium verweisen.

Sie zitieren zudem von der Website des Bildungsministeriums, auf der festgehalten ist, dass eine persönliche Assistenz nur für Schüler:innen und Studierende mit körperlicher Beeinträchtigung vorgesehen ist. Um der Diskriminierung von Schüler:innen mit Sinnesbehinderungen oder Autismus entgegenzuwirken, halten es die Freiheitlichen für zwingend notwendig, diesen Menschen ebenso das Recht auf persönliche Assistenz in Bildungseinrichtungen zukommen zu lassen.

Die FPÖ fordert vom Sozialminister und vom Bildungsminister daher eine Regierungsvorlage ein, mit der die rechtliche Gleichstellung aller Schüler:innen mit Behinderungen – unabhängig von Art und Pflegestufe – hinsichtlich des Anspruchs auf persönliche Assistenz in Bildungseinrichtungen umgesetzt wird (1846/A(E)).

Alle drei Anträge wurden vertagt.

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