Bundessozialamt soll bald Sozialministeriumservice heißen!

Manches Mal fragt man sich schon, was so in Beamtenburgen wie dem Sozialministerium vorgeht. Ein Kommentar zur Umbenennung des Bundessozialamtes sowie Auszüge aus den Stellungnahmen zur geplanten Gesetzesnovelle.

BM Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
BMASK

Hektisch werden in den Ministerien derzeit schnell einige Gesetzesentwürfe vorbereitet, um sie noch vor den Nationalratswahlen im Herbst beschießen zu lassen. Auf diese Unart des österreichischen Parlamentarismus werde ich hier gar nicht im Detail eingehen – dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

Das Gesetzesvorhaben „Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2013 – ARÄG 2013“ ist erstaunlich. Der Arbeitstitel lässt viel vermuten, nicht jedoch eine Umbenennung eines Amtes. Dort wird vorgeschlagen, dass das Bundessozialamt einen neuen Namen bekommen soll – nämlich „Sozialministeriumservice“.

Falls Sie sich fragen, was dies nun mit dem Arbeitsrecht zu tun haben soll, auch hier der Hinweis: Gar nichts. Auch so eine Unart des österreichischen Parlamentarismus. Es werden gerne verschiedene Gesetze zusammenhanglos in einem Sammelgesetz beschlossen. Aber weiter im Text.

„Problemanalyse“

Weil die Umbenennungen großer Organisation ziemlich viel Geld kosten – immerhin hat das Bundessozialamt neun Landesstellen, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zahlreiche Projektpartner – muss so ein großer Schritt gut begründet werden; denkt man.

Man sucht nun gespannt im Gesetzesentwurf nach dieser gehaltvollen Begründung und findet nur folgenden Text, warum „Bundessozialamt“ nicht mehr passen soll: „Die derzeitige Kurzbezeichnung für das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ist nicht mehr zeitgemäß und bringt den umfassenden Servicecharakter dieser Organisation nicht ausreichend zum Ausdruck“, heißt es lapidar in der „Problemanalyse“ zum Gesetzesentwurf.

Weder ist in den letzten Monaten das Bundessozialamt negativ in die Schlagzeilen gekommen, noch wäre ersichtlich, was an dem Namen nicht zeitgemäß sein soll. Ein schlüssige Begründung für so einen weitreichenden Schritt fehlt also vollständig.

Noch ist nichts beschlossen

Unwillkürlich drängt sich einem als Wiener die Frage auf: „Bitte wo sind die angrennt?“ Die Zeitung DerStandard erklärt das Wienerische „angrennt“ sehr treffend. Es wäre schon spannend zu wissen, wem im Sozialministerium solche Dinge einfallen.

Stellungnahmen – ein Auszug:

Die Stellungnahmen zur geplanten Namensänderung fielen überwiegend negativ aus. Hier ein Überblick:

KOBV: Änderung nicht erforderlich

„Das Bundessozialamt (BSB) hat sich als Kompetenzzentrum für Menschen mit Behinderung bewährt und ist als solches auch bekannt“, schreibt der KOBV und ergänzt: „Ob das Bundessozialamt auch unter der Kurzbezeichnung „Sozialministeriumservice“ noch identifiziert werden kann, wird bezweifelt.“ Man erachtet eine „Änderung nicht als erforderlich“ und verweist darauf, dass laut Gesetz „Sozialministeriumservicegesetz – SMSG“ die Kurzbezeichnung für das „Sozialministeriumservice“ dann wohl „SMS“ wäre. Leicht süffisant merkt man an, dass „SMS“ im „allgemeinen Sprachgebrauch“ schon „anderweitig besetzt“ sei.

Bundeskanzleramt – Verfassungsdienst: Folgenabschätzung fehlt

Den wesentlichen Punkt der Kosten greift das Bundeskanzleramt auf und führt aus: „In der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung fehlen Angaben zu den finanziellen Auswirkungen der Einführung der neuen Kurzbezeichnung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen als ‚Sozialministeriumservice‘.“

Arbeiterkammer: Umbenennung sollte überdacht werden

„Die Umbenennung sollte aus mehreren Gründen nochmals überdacht werden“, schreibt die Arbeiterkammer in ihrer Stellungnahme und rät „den bisherigen Kurztitel beizubehalten“.

Der Name „Sozialministeriumservice“ sei irreführend, weil er den Eindruck erwecke, „dass es sich direkt um eine unmittelbar beim Ministerium eingerichtete Stelle handle“. Das Bundessozialamt – so die Arbeiterkammer weiter – ist aber eine eigenständige Behörde, die dem Ministerium zugeordnet sei.

Rechnungshof: Indikator für eine Repositionierung des Bundessozialamtes

Der Rechnungshof verweist auf seinen Bericht bezüglich Überschneidungen zwischen Leistungen des Landes Steiermark und des Bundessozialamtes und wertet „die geplante Umbenennung als Indikator für eine Repositionierung“. Er weist aber darauf hin, dass „die Positionierung des Bundessozialamtes vor dem Hintergrund der tatsächlich erbrachten Leistungen zu evaluieren wäre“.

Hilfswerk: Es gibt sprachästhetisch schönere Begriffe

Leicht positiv reagiert das Hilfswerk, wenn es schreibt: „Diese Maßnahme ist nachvollziehbar, wenngleich es vielleicht sprachästhetisch schönere Begriffe geben würde.“

ÖAR: Die Umbenennung wird abgelehnt

Die ÖAR greift den Aspekt der finanziellen Auswirkungen auf: „Obwohl die finanziellen Auswirkungen dieser Änderung im vorgelegten Entwurf nicht beziffert wurden, wird davon ausgegangen, dass die damit verbundenen Kosten keineswegs einen derzeit noch nicht nachvollziehbaren Nutzen aufwiegen würden. In budgetär so angespannten Zeiten regt die ÖAR an, die dafür vorgesehenen Mittel für dringend notwendige Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen einzusetzen.“

Die ÖAR sieht keinen Sinn in der Umbenennung und hält unmissverständlich fest: „Die Umbenennung des Bundessozialamtes in Sozialministeriumservice wird von der ÖAR abgelehnt.“

Wie werden die Abgeordneten entscheiden?

Man darf schon sehr gespannt sein, ob die Abgeordneten im Parlament diesen Unsinn wirklich beschließen. Es wird ja hoffentlich nicht so sein, dass aus einer Laune heraus – und ohne zwingenden Grund – viel Steuergeld in den Neuaufbau eines bisher unbekannten Namens gesteckt wird. Ich glaube, es gibt dringendere Themen für den Einsatz von finanziellen Mittel.

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