Wachter: „Wer jetzt im Wahlkampf an den Grundrechten der Österreicherinnen und Österreicher rüttelt, erweist unserem Land einen schlechten Dienst.“
„Besachwaltete Personen per se von Wahlen ausschließen zu wollen, und nur über den Weg einer richterlichen Entscheidung wieder zum Wahlrecht zuzulassen, ist abzulehnen“, stellt Caritas Generalsekretär Bernd Wachter klar. „Das ist der völlig falsche Ansatz. Ohne Zweifel muss man sicherstellen, dass das Wahlrecht geheim und persönlich ausgeübt wird. Das ist eine demokratiepolitische Verpflichtung, die für alle StaatsbürgerInnen gelten muss.“
Gesetze müssen eingehalten werden
„Die Wahlkartenbestellung hat selbstverständlich persönlich zu erfolgen. Das Pflegewohnhaus muss die Person dabei unterstützen, kann aber die Bestellung nicht für diese vornehmen. Dies ist zu dokumentieren – ebenso muss dokumentiert werden, wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner von seinem Wahlrecht nicht Gebrauch machen will, um sicher zu gehen, dass er oder sie diese Möglichkeit gehabt hätte“, pocht Wachter auf die Einhaltung des gesetzlichen Rahmens.
„Aber ein System zu etablieren, in dem andere darüber bestimmen, wer intelligent genug ist, politisch mitzubestimmen, ist ein Einfallstor für Willkür und wird zu Diskriminierungen führen“, ist Wachter überzeugt und führt als Beispiel Menschen mit einer Demenzerkrankung an: „Man überlege sich diese Ungerechtigkeit, dass der eine demenzerkrankte Mensch wählen gehen darf, der andere aber nicht, nur weil er bei der richterlichen Beurkundung einen schlechten Tag hatte.“
Österreich EU-weit Vorreiter bei Wahlrecht für behinderte Menschen
Das bestehende Sachwalterrecht wird in absehbarer Zeit durch das Erwachsenenvertretungsrecht ersetzt. Dieses sieht keine pauschale Vertretung für alle Angelegenheiten mehr vor.
„Das ist ein wichtiger Schritt, damit Menschen zu ihrem Recht kommen und ein wesentliches Element in der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen. Dass in Deutschland Menschen mit Behinderung, die unter rechtlicher Betreuung stehen, nur eingeschränkt zur Wahl gehen können, sorgt dort immer wieder für heftige Kritik“, so Wachter. „Österreich gilt in diesem Punkt europaweit als Vorbild. Dies wurde auch in den UNO Staatenempfehlungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention positiv erwähnt. Darauf sollten wir stolz sein.“
Dr. Martin Wolkerstorfer
20.09.2016, 14:59
Solche Vorschläge machen und dann sich aufregen, dass andere mit der „Nazikeule“ kommen.
Gertrude Friese
17.09.2016, 04:33
Es ist unendlich wichtig und gut, dass sich nun auch die starke Stimme der Caritas zum Thema der freien, geheimen und unabhängigen Wahl meldet! Wir dürfen nie vergessen, dass unser demokratischer Rechtstaat nur unter aktiver Beteiligung mündiger Menschen überleben kann. Es war schon ganz anders, nämlich als Zerstörern der damals ohnehin noch schwachen Keimpflanze Demokratie das Feld überlassen wurde.
Die Methoden der Populisten sind immer dieselben, auch ihre Sprache ist es. Doch, so durchschaubar sie sind, so magisch ist auch ihre Anziehungs- und Strahlkraft.
Alle grossen NGOs und die gesamte Zivilgesellschaft werden hiermit dringlich aufgefordert: Erhebt Eure Stimmen, bevor uns alte und menschenrechtswidrige Muster einer Politik der menschenverachtenden Diskriminierung wider unseren demokratisch rechtstaatlichen Willen erneut aufgeprägt werden! Noch sind wir dazu in der Lage, dies ohne Gefahr für unsere persönliche Freiheit zu tun.