Christoffel-Blindenmission

CBM: „Wir wollen bei neuen Werbekampagnen Betroffene früher einbinden“

Der Pressesprecher der deutschen Spendenorganisation Christoffel-Blindenmission nimmt im Interview ausführlich Stellung zur Kritik der letzen Tage.

Die deutsche Spendenorganisation, Christoffel-Blindenmission (CBM), ist wegen einer Spendenkampagne die blinde Menschen zur Spendenbüchse degradiert ins Gerde gekommen. Betroffene zeigten sich gekränkt und gingen an die Öffentlichkeit. Die Christoffel-Blindenmission bedauert die Vorkommnisse und verspricht Verbesserungen.

Wir führten ein ausführliches Gespräch mit Wolfgang Jochum, Pressesprecher der Christoffel-Blindenmission, in dem er sich ob der Heftigkeit der Kritik der letzten Tage überrascht zeigte und gleichzeitig ankündigte, dass die Organisation in Zukunft intensiver mit Betroffenenorganisationen zusammenzuarbeiten möchte.

BIZEPS-INFO: Können Sie den Ärger der Betroffenen verstehen?

Wolfgang Jochum (CBM): Natürlich respektieren und akzeptieren wir gegenteilige Meinungen. Vor der ersten Veröffentlichung im Winter 2003/2004 hatten wir blinde Menschen gefragt, ob sie sich durch die Darstellung diskriminiert fühlen. Die Antwort war nein. Daher waren wir überrascht, dass die Kritik erst jetzt, zwei Jahre danach und nach Abschluss der Kampagne, kam.

BIZEPS-INFO: Wird sich CBM offiziell und per Presseaussendung bei blinden Menschen entschuldigen?

Wolfgang Jochum (CBM): Wir haben am 6. März eine Pressemeldung mit der Überschrift „CBM bedauert Irritationen“ verschickt. Darin wird Martin Georgi, Direktor der Christoffel-Blindenmission, wie folgt zitiert: „Es lag nicht in unserer Absicht, die Gefühle blinder Menschen zu verletzen“ und „Uns tut es leid, wenn bei anderen blinden Menschen ein negativer Eindruck entstanden ist.“ In dieser Meldung steht auch, dass die Entscheidung, die Kampagne im Januar 2006 zu beenden, im November 2005 gefallen ist.

BIZEPS-INFO: Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?

Wolfgang Jochum (CBM): Wir akzeptieren und respektieren auch gegenteilige Meinungen, daher ist die Formulierung „ungerecht behandelt“ nicht richtig. Uns hat aber die nachträgliche Schärfe in den Veröffentlichungen etwas überrascht.

BIZEPS-INFO: Welche Konsequenzen ziehen sie aus der Angelegenheit?

Wolfgang Jochum (CBM): Wir werden – noch stärker als bislang – bereits bestehende gute Kooperationen mit Blindenselbsthilfegruppen und Verbänden intensivieren. Auch wollen wir bei einer neuen Werbekampagne potentiell Betroffene früher einbinden und sie um Rat fragen.

BIZEPS-INFO: Wie wird über die Auswahl der Kampagnen bei Ihnen intern entschieden?

Wolfgang Jochum (CBM): Nachdem Aufgaben und Ziele definiert sind, folgt ein reger und intensiver Dialog und Austausch in den Fachreferaten. Ihre Entscheidungsvorlage wird dann von der Referatekonferenz und der Direktion beraten und verabschiedet.

BIZEPS-INFO: Gibt es Regeln, die Sie sich für die Einwerbung von Spenden gesetzt haben?

Wolfgang Jochum (CBM): Wir halten uns an den, vom Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) erarbeiteten, Verhaltenskodex. Uns ist wichtig, dass die Menschen Subjekte ihres Handelns und nicht Objekte von Hilfe sind. Wir wollen weniger die Not (keine Pornographie des Elends), sondern vielmehr den zu erzielenden Erfolg in den Mittelpunkt stellen.

BIZEPS-INFO: Welche Rolle spielt Mitleid bei der Spendeneinwerbung?

Wolfgang Jochum (CBM): Unser Ziel ist es, dass blinde und anders behinderte Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika ein weitgehend selbstständiges Leben führen können. Daher zeigen wir unseren Spendern, was sie mit ihrer Spende bewirken können.

Wir wollen in unseren Veröffentlichungen erreichen, dass die Spender sich von der Not der betroffenen Menschen angesprochen fühlen und mit ihnen „leiden“ – und aus diesem Grund diese Arbeit unterstützen.

BIZEPS-INFO: Inwieweit werden blinde Menschen in die Arbeit der CBM einbezogen?

Wolfgang Jochum (CBM): Unsere Arbeit konzentriert sich ausschließlich auf so genannte Entwicklungsländer. Zusammen mit unseren dortigen Partnern versuchen wir, Menschen mit Behinderungen zu befähigen, selbstbewusst und selbstbestimmt am Arbeitsleben teilhaben zu können.

In vielen unserer rund 1.000 Projekte, die wir weltweit fördern, finden Menschen mit Behinderungen einen sicheren Arbeitsplatz. Viele von ihnen arbeiten als Lehrer oder Betreuer von anderen Behinderten. Bei der CBM in Bensheim werden auch Praktika für blinde Menschen angeboten.

Im Spätsommer richten wir zusammen mit der Stiftung Blindenanstalt (Frankfurt) einen Ausbildungsplatz für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit ein. Blinde Menschen sind auch in der ehrenamtlichen Mitgliederversammlung und im ebenfalls ehrenamtlich arbeitenden Missionsrat vertreten.

BIZEPS-INFO: Wie hoch ist der Anteil behinderter Mitarbeiter bei CBM konkret?

Wolfgang Jochum (CBM): Der Anteil der Beschäftigten mit Behinderungen liegt bei der Christoffel-Blindenmission in Deutschland bei 7,5 Prozent. Darüber hinaus hat die CBM spezielle Arbeitsfelder (u.a. Gartenpflege) an Behinderteneinrichtungen vergeben.

BIZEPS-INFO: Welches Verhältnis hat ihre Organisation zu Behinderung allgemein?

Wolfgang Jochum (CBM): Wir arbeiten weltweit partnerschaftlich mit einer Vielzahl von Blinden- und Behindertenverbänden sowie Selbsthilfegruppen zusammen. Wir waren und sind entscheidend an der Umsetzung des gemeindenahen Rehabilitationsansatzes beteiligt.

Die darin enthaltene individuelle Förderung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Selbstständigkeit von Menschen mit Behinderungen. Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang, dass wir vor fünf Jahren die Woche des Sehens initiiert haben. In diesem Bündnis setzen wir uns dafür ein, das Verständnis für blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland zu verbessern.

Diese bundesweite Kampagne stellt einen wichtigen Schwerpunkt unserer Öffentlichkeitsarbeit da. Wir sind dabei maßgeblich – in Zusammenarbeit mit Blindenverbänden – an der Durchführung von über 100 regionalen Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen wie Blinde und Sehbehinderte in Verkehr und Medien beteiligt.

BIZEPS-INFO: Welches Bild blinder Menschen wollen Sie vermitteln?

Wolfgang Jochum (CBM): Wir wollen zeigen, dass blinde Menschen gleichberechtigte Partner in unserer Gesellschaft sind.

BIZEPS-INFO: Vielen Dank für das Interview.

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