Kurier: Andrea Hodoschek über Österreichs armselige Behinderten-Politik
Folgender Kommentar ist im heutigen Kurier zu lesen:
Alljährlich in der Weihnachtszeit entdeckt die Gesellschaft ihr Herz für Behinderte. Firmen spenden, Politiker tanzen mit Geschenkpackerln an und alle hoffen auf wohlwollende Beachtung in den Medien. Spenden sind wichtig, aber sie dürfen nicht dazu dienen, sich von der Verantwortung freizukaufen. Österreichs Behindertenpolitik ist, darüber können rührselige Ansprachen nicht hinwegtäuschen, armselig.
Zwar darf laut Bundesverfassung kein behinderter Mensch diskriminiert werden, aber das ist reine Theorie. Ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz gibt es immer noch nicht. Der vor zwei Jahren von den Grünen eingebrachte Initiativantrag schimmelt in einer Schublade des Unterausschusses vor sich hin.
Unternehmen können sich der Pflicht, Behinderte einzustellen, mit Geld entledigen. Den zahlreichen Arbeitgebern, die lieber zahlen, sei praktischer Anschauungsunterricht im oberösterreichischen Familienunternehmen „Bachmeier Umzüge“ empfohlen. Dieser Vorzeigebetrieb beweist, wie beide Seiten gut von der Integration behinderter Mitarbeiter profitieren können.
Behinderte werden in ihrer Leistungsfähigkeit sehr oft grob unterschätzt. Sie wollen kein Mitleid und keine sozialen Bittsteller sein, sondern beweisen, was sie können. Chancengleichheit aber gibt es erst dann, wenn zuerst einmal mit Vorurteilen aufgeräumt wird. Denn das größte Problem für Behinderte ist oft die Behinderung durch die Umwelt. Die Motivations-Offensive von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl ist ein richtiger Schritt. Und die Ankündigung von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, das Gleichstellungsgesetz sei „ein Gebot der Stunde“, war hoffentlich nicht auf die Adventzeit beschränkt.