Das Land Oberösterreich will den Grundsatz des barrierefreien Bauens ab 2013 massiv einschränken!

Mich bewegt derzeit, dass ein Bundesland, das in den letzten Jahren in Bezug auf Gleichstellung und Diskriminierungsabbau durchaus fortschrittlich war, nunmehr den entgegengesetzten Weg beschreitet. Ein Kommentar.

Trübswasser mit Plan in der Hand
GRÜNE

Obwohl es ein Oö. Antidiskriminierungsgesetz gibt, ein Bundes-Behindertengleichstellungs Gesetz in Geltung ist und Österreich 2008 der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen beigetreten ist, werden jetzt die Barrieren wieder hoch gezogen:

  • „Sozialer“ Wohnbau: Lifteinbau nur mehr in Wohnhäusern mit 4 oder mehr Geschoßen (bisher 3 Geschoße)! Barrierefreie Wohnungen werden dadurch vor allem im ländlichen Bereich, wo selten höhere Wohnhäuser gebaut werden, Mangelware. (Bewirkt wird diese Änderung durch ein trickreiches Zusammenwirken von neuem Baurecht und einer neuen Richtlinie in der Wohnbauförderung.
  • „Bewegungsflächen“ vor Türen, die RollstuhlfahrerInnen, Menschen mit Kinderwagen oder Rollatoren brauchen, um diese Türen öffenen zu können, dürfen künftig „eingespart“ werden.
  • Rampen werden bis zu 10 % Steigung erlaubt sein (bisher 6 % nach ÖNORM B 1600)! Das bedeutet eine Gefahr für gehbehinderte Personen und eine unüberwindliche Hürde für viele RollstuhlfahrerInnen.
  • Gaststätten, Cafés, Buffets oder Konditoreien müssen nur mehr dann barrierefrei gebaut werden, wenn sie mehr als 25 Sitzplätze haben!

Die Einsparungen auf Kosten der Barrierefreiheit werden von politischer Seite dadurch begründet, dass der Wohnbau in OÖ auch für finanzschwache jüngere Menschen leistbar bleiben muss. Dabei wird vergessen, dass gerade jüngere Familien mit Kleinkindern erheblich von Barrierefreiheit profitieren.

Auch die Behauptung, barrierefreier Wohnbau sei von vornherein teuer, entspricht nicht den Tatsachen. Tatsächlich liegt das Einsparungspotential im Bereich der Barrierefreiheit lediglich bei unter 1 – 2 % der Gesamtbaukosten. Dem steht jedoch eine Erhöhung der Nutzungsmöglichkeit und Sicherheit für alle Menschen und damit verbunden auch eine Steigerung der Nachhaltigkeit gegenüber. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass Menschen auch im höheren Alter weiter in ihren Wohnungen bleiben und nicht wegen unnötiger Barrieren in ein Heim übersiedeln möchten.

Schaut euch das an!

Ein Beitrag im ORF OÖ-Heute vom 20.10.2012 zeigt Bedauerliches: Die Interessen von jungen Familien werden gegen die von Menschen mit Behinderungen in Stellung gebracht und eigentlich sollten sich die Architekten darum kümmern, meint Baulandesrat Franz Hiesl in seinem Statement. Ein trauriges Dokument auf Youtube zum Anschauen!

Für viele Menschen mit und ohne Behinderungen ist all dies unverständlich, kurzsichtig und vielleicht sogar menschenrechtswidrig. Inwieweit die neuen Bestimmungen tatsächlich auch Menschenrechte verletzen, wird noch geprüft. Ein verheerendes Signal sind sie allemal!

Wie gesagt, der Kampf gegen die Ignoranz hat eben erst begonnen!

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