Im letzten Moment wurden noch Verbesserungen für Behinderte in das Demokratiepaket (= Gesetzesänderungen einiger Wahlordnungen) geschnürt.
BIZEPS kontaktierte erfolgreich die Klubobleute der Regierungsparteien Dr. Peter Kostelka (SPÖ) und Dr. Andreas Khol (ÖVP) und wies auf die Ergebnisse der „Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Rechtsordnung hinsichtlich behindertendiskriminierender Bestimmungen“ hin.
In dieser von uns initiierten und vom Bundeskanzleramt geleiteten Arbeitsgruppe wurden u.a. Diskriminierungen in den Wahlordnungen aufgezeigt und Lösungsmöglichkeiten besprochen.
Die beiden Klubobleute griffen kurz vor der Beschlußfassung einige unserer Anregungen auf. Es wurden – auf Initiative der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat (ÖVP) und mit Unterstützung der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka (SPÖ) und Mag. Terezija Stoisits (GRÜNE) – noch Abänderungsanträge eingebracht. Konkret wurden folgende Punkte geändert:
Entzug des Wahlrechtes
Ein Arzt kann in Krankenhäusern aus „gewichtigen medizinischen Gründen“ PatientInnen die Ausübung des Wahlrechts versagen – dies ist die derzeit gesetzliche Regelung.
Schon seit langem – und im Besitz von zwei Gutachten – haben wir darauf hingewiesen, daß dies der Verfassung widerspricht. Dort steht eindeutig: „Die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit kann nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung sein.“ Die Bestimmung wurde nun aus der Europa- und der Nationalratwahlordnung ersatzlos gestrichen.
Persönliche Ausübung des Wahlrechts
Bisher war es „sehbehinderten und gebrechlichen Wählern“ erlaubt, sich von einer „Geleitperson … bei der Wahlhandlung helfen zu lassen“. Dies stieß auf heftige Kritik, weil zur persönlichen Ausübung Wahlschablonen benötigt werden – was aber im Gesetz nicht vorgeschrieben ist.
Dieser Mangel wurde nun teilweise behoben. In der Europawahlordnung sind nun verpflichtend „geeignete Hilfsmittel zur Ermöglichung der selbständigen Wahlausübung“ vorgeschrieben. Ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung blinder WählerInnen.
Bei der Änderung der Nationalratswahlordnung konnten sich die Regierungsparteien – auf Druck des Innenministeriums – nur zu folgendem Entschließungsantrag aufraffen: „Der Bundesminister für Inneres wird ersucht … zu prüfen … inwieweit … geeignete Hilfsmittel … zur Verfügung gestellt werden können …“.
Wahllokale
Bisher bestand keine Regelung bezüglich der Barrierefreiheit von Wahllokalen.
Nun wird in der Europa- und Nationalratswahlordnung sowie im Volksbegehrensgesetz vorgeschrieben, daß „in jeder Gemeinde, in Wien in jedem Bezirk“ ein barrierefrei erreichbares Wahllokal vorzusehen ist.
Für blinde und schwer sehbehinderte Personen sind „nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten“ geeignete Leitsysteme vorzusehen.
Es wurde damit erstmals vorgeschrieben, daß einige wenige Wahllokale barrierefrei sein müssen. Doch die Einschränkung in „jede Gemeinde, in Wien in jedem Bezirk“ ist völlig unzureichend und eine klare Benachteiligung behinderter WählerInnen.
Inkrafttreten
Das Demokratiepaket wurde am 19. September 1998 mit Mehrheit angenommen und tritt mit 1. Jänner 1999 in Kraft.