„Der Friede ist immer möglich“

Welt-Interview mit dem deutschen Kardinal Wetter über Politik in christlicher Verantwortung (Ausschnitt)

Forscherin im Labor
BilderBox.com

: Der von der Bundesregierung eingesetzte so genannte „Ethik-Rat“ hat jetzt den Import von Stammzellen befürwortet. Begründet wird die umstrittene Position damit, Deutschland dürfe in der Forschung nicht hinter andere Länder zurückfallen.

Kardinal Wetter: Forschung ist zu begrüßen, sie gehört zum Schöpfungsauftrag. Sie hat aber auch Grenzen, die ihr von der Verfassung und vor allem auch von der Ethik vorgegeben sind. An diese Grenzmarkierungen muss sie sich halten, wenn ihr Fortschritt nicht auf Abwege führen und sich zu einem „destruktiven Fortschritt“ entwickeln soll. Was den Umgang mit den Embryonen betrifft, ist unsere Position eindeutig.

Mit der befruchteten Eizelle entsteht menschliches Leben, ein menschliches Wesen. Der Mensch muss nur noch wachsen und sich entfalten. Jeder von uns hat so klein begonnen. Wenn man anfängt, Embryonen zu töten, um Stammzellen zu gewinnen oder zu selektieren, wie das bei der Präimplantationsdiagnostik geschieht, macht man sich zum Herrn des Lebens. Gott allein ist der Herr über Leben und Tod.

Mit welchem Recht kann man Menschen töten, nur um zu verhindern, dass sie behindert sind? Der russische Dichter Fjodor Dostojewski beispielsweise war Epileptiker – hätte man ihn auf Behinderungen untersucht, dann wäre möglicherweise ein dichterisches Genie abgetrieben worden. Ähnliches gilt auch für Beethoven oder den englischen Physiker Stephen Hawking.

Ich sage das nur zur drastischen Mahnung, nicht um etwa eine Unterscheidung nach jeweiligen Begabungen zu treffen. Die Präimplantationsdiagnostik als offene oder versteckte Selektion ist zudem ein Schlag ins Gesicht aller Behinderten. Dazu kommt, dass Frauen zunehmend unter Druck gesetzt werden, abtreiben zu lassen, wenn durch die pränatale Diagnostik Schäden an ihrer Leibesfrucht festgestellt wurden. In diesem Zusammenhang muss man sich die Frage stellen, welche Bedeutung Leid im Leben eines Menschen hat.

Leidfreies Leben ist in dieser Welt schlicht unmöglich und einfach nicht vorgesehen. Durch Schmerz und Leid werden die Menschen reifer, auch behinderte Kinder können Liebe und Glück empfinden und schenken. Die Forschung darf hier nicht einem falschen Menschenbild aufsitzen.

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