Der Zillergrund: Mit dem Elektrorollstuhl in alpiner Sommerfrische

Der Zillergrund ist eines der großen Seitentäler des Zillertales, die ab Mayrhofen, einer hölzernen Heugabel gleich, nach Süden stecken.

Die Seite ist informativ, bietet eine gute Beschreibung der einzelnen Wanderwege und informiert über einen kostenlosen Radtransport: „Lassen Sie sich vom Bus in den Zillergrund führen – zurück hinunter geht’s wie von selbst. Fahrtunterbrechung möglich. Steigen Sie aus, wo’s Ihnen gefällt!“

Das klingt auch für Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen verlockend, da aber das Thema Barrierefreiheit, sprich die Zugänglichkeit des Zillergrundes mit Rollstuhl, auf der Webseite mit keinem Wort erwähnt wird, versuche ich telefonisch Näheres zu erfragen.

Ein Anruf bei den Zillertaler Verkehrsbetrieben ergibt, dass die Strecke Mayrhofen bis Bärenbad beziehungsweise bis Zillergrund Staumauer mit der Buslinie 8328 von Linienbussen befahren wird. Der hintere Eingang der Niederflurbusse verfügt über eine Klapprampe, wie sie auch von den Wiener Linien verwendet werden, er ist daher mit dem Rollstuhl problemlos befahrbar.

Die Busse allerdings haben an der rechten Vorderseite entweder gar keinen Hinweis auf diese Möglichkeit oder lediglich ein blaues Icon „Mann mit Gehstock“, was eine Person, die einen Rollstuhl benutzt, auch nicht gerade dazu bringt, an eine vorhandene Zugänglichkeit für RollstuhlfahrerInnen zu denken. Auch der Fahrplan gibt keinen Hinweis auf die vorhandene Barrierefreiheit.

Es ist aber nunmehr möglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, von Wien mit den ÖBB und von Jenbach mit der Zillertalbahn, die seit 2009 barrierefrei ist, bis Mayrhofen und von dort mit Niederflurbussen bis ins hinterste Zillertal nach Bärenbad oder zum Stausee Zillergründl zu gelangen.

Ankunft Bärenbad

Mit dem Elektrorollstuhl kann man noch ein Stück in Richtung Zillergründl fahren, am Zusammentreffen von Zillergründlwasser und Hundskehlbach sieht man den Ursprung der Ziller, die uns ab jetzt talabwärts, rauschend, teils tosend, begleitet.

Die gut asphaltierte Straße wird gesäumt von saftigen Wiesen mit rotem und weißem Klee, wildem Majoran, Sauerampfer, Spitzwegerich, der duftenden Schafgarbe und Hahnenfuß. Auch der gänzlich geschützte Türkenbund steht majestätisch am Wegrand, direkt hinter der Leitplanke. Sonntags kommen einem Autos aus aller Herren Länder entgegen, viele Radfahrer und ein Sportler mit Handybike ist auch dabei.

An Wochentagen geht es ruhiger zu, die Wanderung auf der Zillergrundstraße mit Elektrorollstuhl ist daher wesentlich intensiver zu genießen. Auf der Strecke von Bärenbad bis Häusling sind einige Weidegitter in der Straße eingelassen, die aber meist durch ein Gatter direkt daneben nicht befahren werden müssen.

An der Straße finden sich auch ein paar Marterl, die an menschliches Leid und Vergänglichkeit mahnen. So weist eines auf die Ermordung eines Jägers durch einen Wilderer im Jahr 1923 hin, ein anderes auf den Tod eines Jägers durch eine Lawine.

Landschaft, wilde Schrofen, Wasserfälle und das Bergabfahren neben dem rauschenden Bach machen hungrig und durstig. Die Broschüre des Vereins „Zillergrund Aktiv“, der sich auch als verantwortlich für die genannte Webseite zeigt, verrät warum im Zillergund auch „für das leibliche Wohl bestens gesorgt“ ist, denn „die Gastbetriebe bieten abwechslungsreiche Speisen an, die natürlich regional-bezogene Produkte zur Grundlage haben.“

Verdursten und verhungern wird man also als Benutzer oder Benutzerin eines Rollstuhles im Zillergrund keineswegs, denn viele der Betriebe sind stufenlos zugänglich. Aber alle, bis auf eine Ausnahme, haben ein großes Manko. Es gibt keine barrierefreie Toilette, nicht einmal die öffentlichen Toiletten an der Endhaltestelle der Buslinielinie am Stausee Zillergründl bieten eine solche an. Daran dachte offenbar noch niemand.

Die Zugänglichkeit der Lokale wurde zwischen dem 11. und 13. Juli 2010 recherchiert, die Befragten waren ausnahmslos zuvorkommend und bedauerten zum Teil selbst die Mängel.

Gasthof Adlerblick: Lokal und Terasse über relativ steilen Asphaltweg befahrbar. Keine ausgewiesene barrierefreie Toilette.

Jausenstation Bärenbadalm: Lokal und Terasse stufenlos befahrbar. Toiletten im Keller.

Gasthof „In der Au“: Lokal über zwei Stufen, Terasse über eine Stufe erreichbar.

Gasthof Häusling: Lokal, Terasse und Toilette stufenlos erreichbar. Keine ausgewiesene barrierefreie Toilette.

Gasthof Klaushof: nur Terasse stufenlos erreichbar.

Gasthof Alm-Stüberl: Lokal (Stufe 5 cm) und Terasse befahrbar, Toilette ebenerdig, befahrbar, großer Raum. Keine ausgewiesene barrierefreie Toilette.

Ferienhotel Zillergrund: Lokal und Terasse. Ausgewiesene barrierefreie Toilette (ein Verbesserungsvorschlag wurde dankend angenommen)

Schließlich sei noch die Gemeinde Brandberg, die am Taleingang und hoch über dem Zillergrund liegt, positiv erwähnt. Im Gemeindeamts-Haus nämlich ist für beide Geschlechter jeweils eine barrierefrei Toilette vorhanden, jederzeit benutzbar, unversperrt und sauber.

Die Kühe werden auch im Zillergrund teilweise aus ausrangierten Badewannen getränkt – ein Hinweis, dass schon einige Badezimmer saniert wurden. Möge eine Sanierung der Toiletten in Bälde folgen.

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