Derzeitiges Schulsystem grenzt aus

Nur rund die Hälfte der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Österreich werden an einer Regelschule unterrichtet. Die andere Hälfte muss noch immer in die Sonderschule.

Germain Weber und Bernhard Schmid / Pressekonferenz
Lebenshilfe Österreich

„Eine Schule für alle“ sei daher das Ziel, welches es laut Prof. Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich, zu erreichen gelte, denn „Inklusive Bildung ist ein Menschenrecht„. (Ein inklusives Schulsystem heißt alle Kinder mit und ohne Behinderung von Anfang an willkommen.)

Im Rahmen einer Pressekonferenz am 2. September 2010 in Wien legte die Lebenshilfe auch einen Stufenplan vor, wie Inklusion in Österreich umgesetzt werden kann. „Ein inklusives Schulsystem soll so schnell wie möglich umgesetzt werden“, forderte Weber.

In Österreich gebe es eine aktive Diskussion zur Schulreform, „aber auf vielen Ebenen wird gebremst; beispielsweise durch den Föderalismus“. Besonders stört den Lebenshilfe-Präsidenten, dass bei der Diskussion „kaum die Bedürfnisse der behinderten Schülerinnen und Schüler angesprochen werden“.

Doch dies wäre seiner Meinung nach dringend nötig, da „das derzeitige Schulsystem ausgrenzt“. Anhand des erstellten Inklusionsbarometers wurde im Rahmen der Pressekonferenz aufgezeigt, welche „großen Schwankungen zwischen den Bundesländer“ existieren. Webers-Resümee: „Niederösterreich ist an der letzten Position. Steiermark am weitesten“.

Er kritisierte – wie auch schon mehrfach in der Vergangenheit – Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) für ihre Untätigkeit. „Die Fakten liegen auf dem Tisch. Die Region Bozen in Südtirol hat fast gänzlich die Inklusion umgesetzt“, erläuterte Weber und forderte endlich Aktivitäten der Ressortverantwortlichen.

Extra erwähnte er, dass in Österreich nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene 9. Schulstufe befriedigend im Rahmen der Integration geregelt ist. „Nach dem 8. Schuljahr werden diese Kinder wie eine heiße Kartoffel behandelt“, so Weber, der in diesem Zusammenhang davon sprach, dass Eltern kein Recht, sondern nur ein „Anklopfrecht“ hätten.

Integration stagniert bei 50 %

Laut den letzten verfügbaren Daten werden von 27.745 Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarf 14.594 in Integrationsklassen unterrichtet. Dies entspricht einer Integrationsquote von 52,6 %.

Gesetzliche Regelungen gibt es in den Schulgesetzen seit den 90er Jahren, erinnerte Mag. Bernhard Schmid, Generalsekretär der Lebenshilfe Wien, und ergänzte: „Allerdings unter Beibehaltung der Sonderschule“.

Dieser Fehler, und die daraus resultierenden mangelnden Ressourcen bewirkten, dass bei der Umsetzung der Integration „nicht immer alles optimal läuft“, so Schmid.

Als Folge stagniert derzeit die Integrationsquote bei rund 50 %; „die Schulintegration ist bei schwerbehinderten Kindern vorbeigegangen“, resümierte der Funktionär und selbst Vater eines behinderten Sohnes.

Er berichtete über Inhalte des nun vorgelegten „Dialogpapiers: Stufenplan zur inklusiven Schule“.

Derzeit werde 13.000 behinderten Kindern ihr Recht auf Inklusion vorenthalten. Dies solle sich umgehend ändern. Konkret wird u.a. gefordert (Details im Dialogpapier):

Ab 2011: Es werden keine neuen Sonderschulen mehr gebaut. Sonderpädagogische Zentren werden in Pädagogische Zentren für alle Kinder umgewandelt.

Ab 2012: Sonderschulen werden für alle Kinder geöffnet. Die Lehrerausbildung wird verbessert.

Ab 2013 bis 2015: inklusive Schule wird Wirklichkeit, alle gehen in diese Schulen.

„Persönlich hätte ich mir das für meinen Sohn schon viel früher gewünscht“, fügte Bernhard Schmid abschließend hinzu.

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