Das Netzwerk Artikel 3 protestiert gegen einen aktuellen "Fall" von Diskriminierung, der sich bei der Besetzung einer Stelle für das Amt eines/r Behindertenbeauftragten (!) im Berliner Bezirk Marzahn zugetragen hat.
Die Stelle ist zu diesem Zeitpunkt schon seit einem Jahr unbesetzt und wird nun neu ausgeschrieben. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, daß bei gleicher Eignung Frauen und Schwerbehinderte bevorzugt werden.
Schlußendlich bleiben zwei Kandidatinnen zur Auswahl. Eine nichtbehinderte 25 jährige Frau, die Sonderschulpädagogik studiert hat – und keinerlei Kontakt zu behinderten Menschen hat. Und eine schwerbehinderte 39 jährige Frau, die schon Berufserfahrung als Referentin für behinderte Frauen in einer Senatsverwaltung hat. Sie betreibt seit Jahren Interessensvertretung auf Bundes- und Landesebene.
Die Entscheidung fällt leicht. Selbstverständlich für die nichtbehinderte Berufsanfängerin. Die Frauenvertreterin gibt sich zufrieden, denn das Frauenkriterium wurde erfüllt. Was bei zwei Kandidatinnen zu erwarten war.
Zu dumm aber auch, daß diese Entscheidung einen Haken hat. Die bevorzugte nichtbehinderte Dame kann gar nicht eingestellt werden, da es beim öffentliche Dienst in Berlin einen Einstellungsstop gibt. Dieser Einstellungsstop gilt jedoch nicht für Schwerbehinderte, so daß die behinderte Frau sofort eingestellt werden könnte.
Sie klagt und macht geltend, daß sie sich seit langem für behinderte Menschen engagiert. Das Bezirksamt argumentierte jedoch, daß eine nichtbehinderte Person „neutraler urteilen“ würde. Damit führten sie ihre eigenen Ausschreibungsunterlagen „Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt“ zu behandeln ad adsurdum.
Das Gericht sah es als erwiesen an, daß die schwerbehinderte Frau besser geeignet und daher diese einzustellen ist. Inzwischen sind die behinderten BürgerInnen des Stadtbezirks Marzahn seit zweieinhalb Jahren ohne Interessensvertretung der Schwerbehinderten im Bezirk.
Doch das Gericht „erkannte“ in zweiter Instanz, daß ein sozialpädagogisches Studium wichtiger als jahrelange Sachkenntnis sei. Auch daß die Behinderte fachlich besser geeignet ist, stimmte die Richterin nicht um.