Deutschland: Bundesverwaltungsgericht stärkt Recht auf integrative Bildung

Karin Evers-Meyer: "Die Entscheidung setzt neue Maßstäbe. Sozialhilfeträger können nicht länger behinderte Kinder gegen ihren Willen auf eine Förderschule schicken, nur weil dort keine zusätzlichen Kosten entstünden".

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Große Zustimmung und Freude herrscht bei der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karin Evers-Meyer, und Verbandsvertretern über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober (BVerwG Az. 5 C 34/06 und 35/06), nach dem Kommunen grundsätzlich den Besuch integrativer Schulen finanziell ermöglichen müssen.

Karin Evers-Meyer: „Die Entscheidung setzt neue Maßstäbe. Sozialhilfeträger können nicht länger behinderte Kinder gegen ihren Willen auf eine Förderschule schicken, nur weil dort keine zusätzlichen Kosten entstünden“. Deutschland sollte nach dieser Entscheidung endlich sein System des schulischen Aussonderns aufgeben und sich der Integration widmen, fordert Karin Evers-Meyer.

Auch Wilfried Furian, Vorsitzender vom baden-württembergischen Landesverband „Gemeinsam leben – gemeinsam lernen“ und selbst Vater einer behinderten Tochter, erklärt heute gegenüber den kobinet-nachrichten: „Das ist ein wichtiger Meilenstein zur Inklusion. Wenn dieses Urteil konsequent umgesetzt wird, ist es eines Tages normal, dass alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden“. Für nicht behinderte Kinder und auch später als Erwachsene sei Behinderung dann nichts Besonderes, sondern lediglich eine von vielen Eigenschaften, die ein Mensch hat.

„Zwar gab es schon einzelne Gerichtsurteile, die das gleiche besagten wie das jetzige Urteil“, erklärt Elke Bartz, Vorsitzende des Forums selbstbestimmter Assistenz behinderter Menschen,

„danach war maßgeblich, wie die Schulbehörde entschied und nicht, ob dadurch der Kommune Kosten entstanden. Doch diese Urteile wurden teilweise geflissentlich ignoriert, wenn es sich um erst- oder zweitinstanzliche handelte“. An einem Bundesverwaltungsgerichtsurteil kämen die Kommunen jedoch „nicht so schnell vorbei“.

Das Urteil sei im Internet noch nicht veröffentlicht. Sobald dies geschehen sei, werde ForseA dieses bekannt geben, sagt Bartz: „Damit es auch anderen Schülerinnen und Schülern helfen kann, ihre Rechte umzusetzen“ und, wie Karin Evers-Meyer betont: „Behinderte und nicht behinderte Kinder gehören unter ein Schuldach. Wenn wir weiterhin in Förderschulen aussortieren, bremsen wir auch weiterhin eine erfolgreiche Integration behinderter Menschen aus. Die Folgen sind Arbeitslosigkeit, Diskriminierung und anhaltende Ausgrenzung behinderter Menschen“.

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