Deutsche Bahn

Deutschland: Wegen vier Minuten keine Rückfahrt

Wieder gibt es Probleme mit der Deutschen Bahn. Wegen vier Minuten wird für Michael Spörke eine Dienstreise zu einem riesigen Problem.

Der Rollstuhlfahrer muss am 4. Oktober mit der Deutschen Bahn von Kassel nach Jena zurückfahren. Um 19.00 Uhr ist in Weimar jedoch mit dem Einstiegsservice für Rollstuhlnutzer Schluss. Sein Zug fährt aber um 19.04 Uhr dort ab, deshalb ist eine Beförderung nicht mehr möglich, erfuhr er von der Deutschen Bahn.

„Als ich meine Reise für den 4. Oktober für meine Dienstreise nach Kassel buchen wollte, war ich förmlich geschockt, als mir von der Mobilitätszentrale mitgeteilt wurde, dass die von mir geplante Rückfahrt um 16.59 Uhr ab Kassel nicht mehr möglich ist. Ab 19.00 Uhr gäbe es in Weimar nämlich keinen Service mehr für den Einstieg für Rollstuhlnutzer“, schildert Michael Spörke seine Erfahrungen.

Sein Zug aus Kassel kommt zwar um 18.42 Uhr in Weimar an, doch die Abfahrt seines Anschlusszuges nach Jena West ist erst um 19.04 Uhr – und um 19.00 Uhr wird in Weimar der Service für die Ein- und Ausstiegshilfe für RollstuhlnutzerInnen dicht gemacht.

„Nicht schlimm genug, dass an einem Bahnhof wie Weimar, in dem noch lange nach 19.00 Uhr Züge fahren, der Service bereits um 19.00 Uhr eingestellt wird, viel erschreckender ist die unflexible Reaktion der Deutschen Bahn. Es ist anscheinend nicht möglich, dass vier Minuten länger gearbeitet und mir mit dem Hublift in den Zug geholfen wird. Das ist ein echter Hammer“, so Michael Spörke. Alles verhandeln und beknien hat bisher nichts genutzt.

„In einem Land, in dem wir stark auf die Mobilität der Menschen setzen, kann es doch nicht sein, dass die Deutsche Bahn für Rollstuhlnutzer ins Mittelalter des Service zurückfällt. Dann können wir berufstätigen behinderten Menschen, die viel reisen müssen, gleich in Rente gehen“, kritisiert Michael Spörke.

Der Rollstuhlnutzer arbeitet für den Behindertenverband Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland und muss im Rahmen seiner Tätigkeit viele Dienstreisen bestreiten. So auch am 4. Oktober, wo Michael Spörke an einem Koordinationstreffen für die Vorbereitung einer wichtigen Tagung in Kassel teilnehmen muss.

„Ich kann meinem Arbeitgeber doch keine unsinnigen Übernachtungskosten aufdrücken, nur weil die Deutsche Bahn behinderte Menschen neuerdings wohl um 19.00 Uhr aus den Zügen verbannt. Hier und vor allem angesichts der sich in letzter Zeit häufenden Servicelücken der Deutschen Bahn ist meines Erachtens nun die Bundesregierung gefordert, den Geist des Gleichstellungsgesetzes in die Praxis umzusetzen“, so Michael Spörke.

Für den Rollstuhlfahrer ist der Streit mit der Deutschen Bahn auf jeden Fall noch nicht beendet, er will die Reise trotzdem antreten und wenn er dafür eine Pressekonferenz auf dem Bahnsteig in Weimar abhalten muss, um diese massive Benachteiligung praktisch vorzuführen. „Es kann aber nicht sein, dass wir behinderten Menschen zukünftig nur noch unser Recht auf gleichberechtigte Mobilität bei der Deutschen Bahn mit großem Presserummel durchsetzen können“.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

0 Kommentare

  • Nun, in Österreich fahren Begleitpersonen auch kostenlos mit. Ist sogar EU-weit geregelt. Ich find die Regelung spitze, immerhin bezahle ich innerhalb Österreichs die Hälte und wenn meine Begleitperson dabei ist, bezahl ich das viertel, weil ich die Kosten mit meinem Begleiter teile. Aber in die Gunst mit Begleitung zu fahren komm ich auch ned ost. Leider!

  • Mir ist das in Heide (Schleswig-Holstein) auch passiert. Da konnte ich wegen zwei Minuten, 18.02 Uhr, den gewünschten Zug nicht nehmen. Bei uns in der Schweiz werden behinderte Fahrgäste im Vergleich zu Deutschland komfortabel bedient. An manchen Orten von 06.00 – 22.00 Uhr, wer später Hilfe benötigt, muss das einen Tag vorher melden, sonst reicht eine Stunde vorher.

    Die Regelung in Deutschland ist diskriminierend. Vielleicht ist der Unterschied der, dass wir als behinderte Fahrgäste den Fahrschein bezahlen wie ander Fahrgäste auch. Dafür aber auch Anspruch auf einen guten Service haben. Die Begleitperson ist gratis.

  • Habe ich da was falsch in Erinnerung? Haben die nicht vor einem Jahr mit Pomp und Prunk ein „Programm der Deutschen Bahn AG“ verkündet?

    Zitat: „Selbstverständnis der Deutschen Bahn AG Menschen mit Behinderungen stellen für die Deutsche Bahn AG eine bedeutende Kunden- und damit Zielgruppe dar, deren spezifischen Bedürfnisse bei der strategischen Ausrichtung, der Produktentwicklung und Serviceimplementierung jetzt und in Zukunft grundsätzlich berücksichtigt werden.“

    Bravo. VIel ankündigen, nix tun. Große Klappe und nix dahinter!