Am 15. Oktober 2002 erging der Bescheid des Verkehrsministeriums, doch die Behindertendiskriminierung hat nur ihr äußeres Erscheinungsbild geändert.
Schon seit Jahren setzen sich die Interessenvertretungen der behinderten Menschen dafür ein, dass die behindertendiskriminierenden Beförderungsrichtlinien der „Wiener Linien“ geändert werden; vor allem die verpflichtende Begleitperson bei der Benutzung der Wiener U-Bahn durch Menschen im Rollstuhl und die Maulkorbpflicht auch für Blindenführ- und Servicehunde stand dabei im Mittelpunkt der Kritik. Doch erst kürzlich wurde das Ergebnis der Änderung bekannt:
Das Verkehrsministerium erließ nun endlich am 15. Oktober 2002 einen Bescheid zur Änderung der Beförderungsbestimmungen der Wiener Linien GmbH in dem nur mehr bei der U6 eine verpflichtende Begleitperson vorgeschrieben wird. Der Bescheid enthält jedoch eine neuerliche Diskriminierung, da er die Benutzung der restlichen U-Bahn Linien davon abhängig macht, dass der Rollstuhlfahrer körperlich und geistig dazu in der Lage ist und der Rollstuhl über eine Feststelleinrichtung (Verankerung = Feststellbremse) verfügt. Nach der Bescheidbegründung muss der Mensch im Rollstuhl körperlich und geistig geeignet sein, diese Feststelleinrichtung auch zu benutzen.
Nicht nur die sprachliche Diskriminierung missfällt hierbei, sondern auch die noch viel wesentlichere Diskriminierung, dass hier plötzlich eine Eignungsprüfung neu aufgenommen wurde. Was das soll, wird wohl kaum jemand seriös beantworten können. Wenn man es etwas überspitzt zeichnet, müsste der Kontrollbeamte wohl ab jetzt mit einem medizinischen Sachverständigen losgeschickt werden, um die körperliche und geistige Eignung beurteilen zu können, oder besitzt der Kontrollbeamte selbst diese Fachkunde? Und es stellt sich auch die Frage, weshalb man offenbar aller Orten der Meinung ist, dass der Mensch mit Behinderung nicht in der Lage sein sollte, selbst zu beurteilen, ob er ein öffentliches Verkehrsmittel selbständig benutzen kann? Naja, wenn künftig die Badnerbahn auch auf der U-6-Trasse fährt, erübrigt sich die Eignungsprüfung mangels Benutzbarkeit sowieso, oder? Doch auch diese „Sonderfälle“ regelt die neueste Änderung der Beförderungsbedingungen der Wiener Linien, wenn es jetzt darin heißt: Eine reibungslose Benutzung von Anlagen und Beförderungsmitteln kann nicht für jeden Fahrgast unabhängig von seinem körperlichen oder geistigen Zustand gewährleistet werden.
Zum Schluss noch die gute Nachricht: Eine Diskriminierung wurde durch die Änderung der Beförderungsrichtlinien endlich beseitigt; die Maulkorbpflicht für Blinden- und Partnerführhunde ist mit Oktober 2002 nun endlich rechtswirksam gefallen.