Die Staatenprüfung Österreichs – und warum ich alles Gute wünsche

Österreich steht auf dem Prüfstand, was die Umsetzung der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen betrifft, die von Österreich bereits 2008 ratifiziert wurde.

Staatenpüfung Österreich am 2. und 3. September 2013
BIZEPS

Die Staatenprüfung Österreichs – und warum ich den VertreterInnen des Monitoringausschusses, von Selbstbestimmt Leben Österreich und diverser NGOs alles Gute wünsche: Es ist das Wochenende vor der Staatenprüfung Österreichs in Genf (siehe, wo auch alle Dokumente abgerufen werden können – offizielle österreichische Dokumente wie auch jene des Monitoringausschusses und von NGOs).

Fünf Jahre sind lange genug, um einen (möglichen) Policywandel aus politikwissenschaftlicher Sicht analysieren zu können – weil der Zeitraum von fünf Jahren lange genug ist, politisch etwas zu verändern.

Aber hat sich etwas getan?

Das Sozialministerium – vor allem über das ‚Sprachrohr’ des Nationalen Aktionsplans Behinderung’ (siehe) – ist bemüht, darauf hinzuweisen, dass Österreich am richtigen Weg ist, die UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umzusetzen. Und diverse PolitikerInnen werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass in Österreich das Ziel zwar noch nicht erreicht sei (welches die UN Konvention – auf den Punkt gebracht – mit gelebter und tatsächlicher Inklusion umschreibt), dass man aber schon recht nahe dran sei.

Eine ‚Bei uns passt eh alles’-Mentalität (siehe dazu unter anderem), die letztlich eine umfassende und nachhaltige Umsetzung dieser UN Konvention verunmöglicht.

Denn wenn PolitikerInnen und Policymaker davon ausgehen, dass ‚eh alles passt’, warum sollte es zu einem Umdenken, zu einem Policywandel kommen?

Veränderung wird auf diese Weise be-hindert, und damit eine ‚Gruppe’ von Menschen, die alles andere als eine kleine Randgruppe ist. Und eine ‚Gruppe’ von Menschen, der in ihrer Diversität Rechte zustehen, die es einzuhalten gilt. Dazu muss aber in Österreich noch viel passieren – es muss politisch gehandelt werden, nicht bloß geredet.

Österreich mag im Vergleich zu anderen Staaten in Bezug auf die UN Konvention recht gut dastehen. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, inwiefern und inwieweit Rechte eingehalten werden, die Menschen mit Behinderungen zustehen. Und das steht und fällt letztlich mit der 2008 eingegangenen Verpflichtung, die UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen einzuhalten und umzusetzen.

Die VertreterInnen des Monitoringausschusses, dem ich seit 2008 angehöre, wie auch jene von Selbstbestimmt Leben Österreich, der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und anderer NGOs sind nicht nur sehr kompetent und bestens für Genf vorbereitet, sie haben auch im Vorfeld wichtige Arbeit geleistet, als es darum ging, die List of Issues (die Liste kritischer Fragen, die das Committee on the Rights of Persons with Disabilities im Frühjahr zusammen gestellt hat und an Österreich gerichtet hat) zu erstellen und dann auch die offizielle Antwort Österreichs kritisch zu analysieren und zu kommentieren (siehe).

Das ist nicht der Grund, warum ich allen jenen alles Gute wünsche, die am Montag und am Dienstag in Genf die offizielle Haltung Österreichs kritisch hinterfragen werden.

Der Grund ist, dass es mich zutiefst beunruhigt, dass es ein Land wie Österreich vorzieht, sich in Rhetorik zu ergehen, anstatt anzupacken und das anzugehen, was eigentlich bereits seit 1948 gelten – und mehr noch – umgesetzt werden sollte: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren, besagt Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Behindertenpolitik ist eine Querschnittmaterie und betrifft daher alle Politikfelder – also das gesamte sozio-politische Gefüge unseres Landes. Behindertenpolitik muss dem entsprechend auch in allen Politikfeldern und -bereichen mit eingedacht werden. Das verlangt die UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Aber abgesehen davon, dass in jedem Bereich unseres Zusammenlebens behindertenpolitische Aspekte existieren – weil eben Menschen mit Behinderungen Teil der Gesellschaft sind – handelt es sich bei der Frage um die Umsetzung der UN Konvention nicht um Aktionismus einer unbedeutenden und kleinen Gruppe. Weil die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte für alle Menschen gilt. Und weil Menschen mit Behinderungen immer noch zu stark ausgegrenzt werden – manchmal auf offensichtliche Art, manchmal auf subtilere Art. Zudem ist es eigentlich müßig, immer wieder darauf hinweisen zu müssen, dass sich die demographische Situation Österreichs so verändert und verändern wird, dass diese UN Konvention zunehmend mehr Menschen in Österreich betreffen wird.

Aber das ist nicht der Punkt.

Denn es geht um Rechte, egal, wie klein oder groß die ‚Gruppe’ derer ist, denen sie zustehen, denen sie jedoch immer noch vorenthalten werden.

Kurz gesagt also: Ich wünsche den VertreterInnen des Monitoringaussschusses, von Selbstbestimmt Leben Österreich, der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und anderer NGOs deshalb alles Gute für die Staatenprüfung in Genf, weil von dieser Kritik abhängt, welche zu erfüllenden ‚Aufgaben’ Österreich seitens der UN in Bezug auf Behindertenpolitik bekommt. Letztlich steht und fällt zudem zu dieser Kritik von außen mit jeder kritischen Öffentlichkeit die Umsetzung von UN Konventionen, die zwar meistens ratifiziert werden, viel seltener aber tatsächlich umgesetzt werden.

Von dieser Staatenprüfung in Genf wird letztlich abhängen, welches Ausmaß der ‘politische Wille’ in Österreich annehmen wird, diese UN Konvention – entsprechend der eingegangenen Verpflichtung – nachhaltig umzusetzen; durch Kritik von außen (UN) und innen (kritische Öffentlichkeit).

Kritik bedeutet dabei nicht unreflektiertes Schlechtmachen, sondern reflektiertes Vorschlagen von Lösungen, Alternativen und Wegen, die es einzuschlagen gilt, damit die UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umgesetzt wird – schnell, dabei jedoch vor allem nachhaltig, sinnvoll und unter Beteiligung jener Menschen, für die sie entwickelt wurde.

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