Am 2. Dezember 2003 endete die Umsetzungsfrist. Ein Rundblick durch die EU-Mitgliedstaaten ist ernüchternd. Auch Österreich ist säumig.
Seit dem Jahr 2000, also drei Jahre, hatten die EU-Mitgliedstaaten Zeit, die Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – 2000/78/EG – durch nationale Gesetze entsprechend umzusetzen. Im Rahmen des Europäischen Parlaments der Menschen mit Behinderungen am 10. und 11. November 2003 in Brüssel wurde es deutlich; nahezu alle Mitgliedstaaten sind mit der innerstaatlichen Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG in Beschäftigung und Beruf für Menschen mit Behinderungen säumig.
Zumindest teilweise umgesetzt haben bislang z. B. Deutschland, Großbritannien, Spanien und Frankreich. In den meisten anderen Mitgliedstaaten liegen wenigstens Gesetzesvorschläge für eine innerstaatliche Richtlinienumsetzung vor, die von den Parlamenten bereits behandelt werden und in absehbarer Zeit beschlossen werden dürften.
Die absoluten Schlusslichter sind jedoch Griechenland und Österreich, wo bis heute noch nicht einmal ein Gesetzesvorschlag in parlamentarische Behandlung genommen wurde.
Hier zur Erinnerung die bisherigen Aktivitäten betreffend Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78/EG in Österreich kurz zusammengefasst:
Zunächst legte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Mai 2003 einen ersten Diskussionsentwurf für eine Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes vor, das bislang lediglich die Gleichbehandlung von Frau und Mann in der Arbeitswelt regelt. Damit sollten die beiden Antidiskriminierungsrichtlinien der EU – Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG und Rahmenrichtlinie für Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf 2000/78/EG – umgesetzt werden, doch der Entwurf berücksichtigte die Interessen und berechtigten Forderungen der Menschen mit Behinderungen völlig unzureichend. Lautstarke Proteste der Behindertenbewegung waren die Folge.
Die Reaktion des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums darauf war, den Personenkreis der Menschen mit Behinderungen kurzerhand einfach aus dem Gesetzesentwurf wieder herauszunehmen. Politisch wurde vereinbart, die Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie für Menschen mit Behinderungen in dem (irgendwann) zu beschließenden Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz mitzuerledigen; damit wechselte die Zuständigkeit vom Wirtschafts- ins Sozialministerium.
Zuletzt kündigten Vertreter des Sozialministeriums im Rahmen des Nationalen Informationstages der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation am 12.11.2003 an, die Gleichbehandlungsrichtlinie für Menschen mit Behinderungen mit einer Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz durchführen zu wollen.
So weit, so …
Der Stand der Umsetzung dieser für Menschen mit Behinderungen so wichtigen Rahmenrichtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf wurde aber auch anlässlich des Europäischen Parlamentes der Menschen mit Behinderungen am 10. und 11.11.2003 in Brüssel von den Delegierten aus allen 15 Mitgliedstaaten und den künftig neuen Mitgliedstaaten diskutiert; dabei zeigte sich die zuständige Kommissarin Anna Diamantopoulou enttäuscht über die Säumigkeit der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie in Beschäftigung und Beruf für Menschen mit Behinderungen. Sie kündigte Maßnahmen der Kommission als Wächterin der EU-Verträge an, um die Mitgliedstaaten an ihre Umsetzungspflicht zu erinnern und erwähnte dabei sogar ausdrücklich auch die Einbindung des Europäischen Gerichtshofes.
Dass die Europäische Kommission es damit tatsächlich ernst meinen dürfte, zeigte sich erst kürzlich – wie dem Kurier vom 27.11.2003 zu entnehmen ist -, als die Kommission wegen der ebenfalls nicht fristgerechten Umsetzung der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG ein Mahnschreiben an Österreich richtete, das bis Dezember vom Bundeskanzleramt zu beantworten ist und quasi den ersten Schritt des Rufes zur Ordnung darstellt.
Nun bleibt abzuwarten, ob die Europäische Kommission wegen der mangelnden Umsetzungsfreude der überwiegenden Zahl der EU-Mitgliedstaaten betreffend die Rahmenrichtlinie zur Gleichbehandlung behinderter Menschen in Beschäftigung und Beruf ebenfalls zu einem derartigen Disziplinierungsmittel greifen wird.