Die Wiener Rampenstory

Das Leid mit den Behörden - oder wie man bei den Behörden im Kreis geschickt wird

barrierefreies Bauen
unbekannt

Anfang 2000 hatte ich Probleme mit dem Glatteis. Meine Rampe zur Siedlung war total zugefroren und ich kam nicht mehr alleine in meine Wohnung.

Ein Sturm knickte einen Ast und versperrte mir den Weg zur Siedlung. Nur mit Glück konnte ich Ausweichen, sonst wäre ich samt Rollstuhl vom Ast aufgespießt worden.

Durch meine Aktivitäten bei Freak Radio auf ORF MW 1476 lernte ich Herrn Ing. Peter Groiss von der Fachstelle für barrierefreies Bauen der MA 12 kennen.

Ich bat ihn, im Oktober 2000, die Rampe zu meiner Siedlung zu begutachten, da sie meiner Meinung nach zu steil und zu schmal ist.

Fast zur selben Zeit hatte meine Nachbarin einen Herzinfarkt und musste mit der Rettung ins Spital gebracht werden. Die Sanitäter hatten große Probleme in die Siedlung zu kommen, da die vorhandene Rampe für die Liege zu schmal ist. Sie mussten einen großen Umweg machen, um die Frau in den Rettungswagen zu bringen. Da es beim Herzinfarkt um Sekunden geht, war dieser Umweg lebensbedrohlich für die Patientin.

Dieser Vorfall und die Tatsache, dass in dieser Siedlung sehr viele alte Menschen wohnen, die auch schon gehbehindert sind und über kurz oder lang einen Rollstuhl benötigen, brachte mich auf die Idee, eine Begutachtung der Rampe zu veranlassen.

Resultat der Begehung war, dass eine behindertengerechte Rampe nur beim Paralleleingang möglich ist, der allerdings drei Stufen hat. Ein Umbau der vorhanden Rampe ist aufgrund des Platzmangels nicht möglich.

Ing. Groiss riet mir Kostenvoranschläge für die Rampe einzuholen und diese bei meinen Sozialversicherungsträgern zwecks Kostenübernahme einzureichen. Ich überlegte – gemeinsam mit ihm – eine Metallrampe anzuschaffen, da diese auch kostengünstiger ist als eine Betonrampe.

Ich holte drei Kostenvoranschläge ein, wobei zwei von Vertragspartnern der Gemeinde Wien waren und einer von der Lehrwerkstätte Jugend am Werk. Die Rampe von der Lehrwerkstätte war um 50 % günstiger als die der Vertragspartner, ich durfte sie allerdings nicht in Auftrag geben, da Jugend am Werk keine Aufträge annehmen darf.

Bei Gesprächen mit der Hauswartin kam auch das Thema auf die von mir initiierte Metallrampe. Sie warf ein, dass bei Nässe eine Metallrampe rutschig ist und zu Unfällen führen kann, außerdem ist im Winter die Schneeräumung auf einer Metallrampe schwieriger zu bewerkstelligen als auf einer Betonrampe. Das leuchtete mir ein! Nach Rücksprache mit Ing. Groiss musste ich neue Kostenvoranschläge einholen.

In der Zwischenzeit kam die Bewilligung für die Aufstellung der Rampe von Wiener Wohnen, wobei ich verpflichtet wurde, die Wartungskosten, wie Schneeräumung und die Haftung für etwaige Unfälle, zu übernehmen.

Die Bewilligung war meiner Meinung nach diskriminierend formuliert, denn wie sollte ich als Rollstuhlfahrer die Schneeräumung bewerkstelligen? Außerdem kommt diese Rampe auch anderen Personengruppen wie gehbehinderten Menschen, Müttern mit Kinderwagen, Radfahrern und anderen, wie auch Rollstuhlbenützern zugute. Warum also sollte ich haftbar gemacht werden, wenn auf dieser Rampe irgendjemandem etwas passiert?

Dieser Bescheid veranlasste mich mit einem Journalisten von Freak Radio über meine etwas verfahrene Situation zu reden. Er bot mir daraufhin an, mein Anliegen in einer seiner nächsten Sendungen an die Öffentlichkeit zu bringen. Als Gäste waren neben mir auch Ing. Peter Groiss, Bezirksvorsteher Adolf Tiller und die Integrationssprecherin Maria Vassilakou von den Grünen eingeladen.

Kurz vor Aufzeichnung der Sendung im ORF wurde die Bewilligung für meine Rampe per e-mail und zusätzlich noch per Brief vom Stadtratbüro Werner Faymann dahingehend abgeändert, dass die Schneeräumung von Wiener Wohnen übernommen wird und ich nicht mehr für etwaige Unfälle haftbar gemacht werden kann. Gleichzeitig geht die Rampe in das Eigentum der Stadt Wien über.

An die 2 Jahre hat es gedauert, um einen E-Rollstuhl zu bekommen. Im Sommer 2002 war es soweit. Als Abstellplatz dafür war der Dachbodenaufgang, ehemaliger Radabstellplatz, gedacht.

Da aber inzwischen die Hausbesorgerin die Schneeräumgeräte darin platziert hatte, wurde nach einer Besichtigung von Beamten der Stadt Wien und Wiener Wohnen beschlossen, einen Abstellplatz für den Rollstuhl (Metallgerätehütte auf Betongrund) zu genehmigen, gleichzeitig mit der Sanierung meiner Eingangsrampe, die schon brüchig war. Es wurde vereinbart, dass ich am 1. November den Dachbodenaufgang räumen muss.

Ich brachte persönlich die Kostenvoranschläge im Dezember 2002 zu den Kostenträgern. Der Referent in der PVA sagte mir, er werde beide Rampen Ende Jänner 2003 dem Ausschuss vorlegen, da dann bessere Chancen einer Teilkostenübernahme bestehen würden.

Anfang Februar fragte ich bei der PVA nach. Der Referent sagte, er habe mit meiner Referentin von der MA 12 Kendlerstraße telefoniert und warte auf die Entscheidung über die Kostenübernahme durch die MA 12.

Ich fuhr dann in die Muthgasse/Begutachtung MA 12. Ich solle noch 3 Tage Geduld haben.. (Ich drohte mit einem „Wickel“). Da die Begutachtung Rollstuhlabstellplatz noch ausständig war.

Nach 14 Tage rief ich meine Referentin in der Kendlerstraße an. Sie habe noch kein Gutachten von der Muthgasse (Rollstuhlabstellplatz) außerdem sei noch kein halbes Jahr um seit der Antragsstellung vergangen. Kostenvoranschläge, Rollstuhlabstellplatz und Rampe sind zusammen erstellt und sollten auch zusammen entschieden werden, war die Auffassung meiner Referentin.

Ich rief in der Muthgasse an. Das Gutachten war noch nicht in der Kendlerstraße; wurde dann aber sofort gefaxt. (Warum nicht gleich so?)

Inzwischen habe ich neue Kostenvoranschläge von den Rampen und Rollstuhlabstellplatz organisiert, da die andere Firma abgesprungen war. MA 12, PVA übernahm einen Teil der Kosten, das Bundessozialamt übernahm großzügig die Gesamtrestkosten; das war Juni 2003.

Nach der Freakradiosendung dauerte es fast ein Jahr, bis die komplette Kostenübernahme schriftlich von den diversen Kostenträgern genehmigt wurde.

Zusätzlich entstanden nun Kosten für die baupolizeiliche Bewilligung, die der Baumeister einreichen wollte, die aber von den Kostenträgern nicht übernommen wurden. Jetzt war ich knapp am Ziel und konnte den Auftrag wieder nicht erteilen. Nun war guter Rat teuer. Ich ging aufs Bezirksamt und wollte mit Bezirksvorsteher Adolf Tiller über die Möglichkeit der Restfinanzierung sprechen. Dieser war jedoch auf Urlaub, so sprach ich mit Bezirksvorsteherstellvertreter Gerald Kopetzky, der von meinem Fall schon wusste. Er bestätigte mir, dass die Bezirksvorstehung einen Fonds für außerordentliche Ausgaben hätte und versprach mir unbürokratisch Hilfe.

Trotz seines Urlaubes traf ich beim Verlassen des Bezirksamtes Bezirksvorsteher Tiller und erzählte ihm kurz die Situation von meinen und den zusätzlichen Kosten für die baupolizeiliche Bewilligung. Auch er versicherte mir, dass der Bezirk die Restkosten ohne bürokratischen Aufwand übernehmen würde.

Formhalber bestand ich auf eine schriftliche Bestätigung von Wiener Wohnen mit dem Hintergedanken, dass solche Bewilligungen für öffentlich zugängliche Behindertenrampen, bei denen der Antragsteller für die Erhaltung aufkommt und die Haftung übernehmen muss, nie wieder ausgestellt werden. Auch das gelang mit Hilfe des Stadtratbüros von Herrn Josef Cser, der mit dem zuständigen Beamten Ing. Friedrich Benz von Wiener Wohnen telefonierte und sozusagen eine Weisung gab.

Jetzt Ende Juli 2003 kann ich den Auftrag erteilen. Trotzdem wird es noch 6-8 Wochen dauern, bis die restlichen Bewilligungen MA 19 und Bundesdenkmalamt ausgestellt sind. Erst dann kann mit dem Bau begonnen werden. 3 Jahre nach der Begutachtung von Ing. Groiss wird die Behindertenrampe hoffentlich fertig sein.

Ein langer, steiniger, bürokratischer Hürdenlauf geht zu Ende, der viel Substanz und Nerven gekostet hat. Ich hoffe, dass es der nächste Antragsteller leichter hat, behinderungsbedingte Maßnahmen zu erreichen.

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