Die Wiener „Sonderaktion“ diskriminiert!

Wie in vielen anderen staatlichen Verwaltungsorganisationen versucht man auch im Land Wien die schwierige Arbeitssituation behinderter Menschen durch besondere Einstellungsaktionen zu verbessern.

Wappen Land Wien
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Hinter dieser sog. „Sonderaktion“ steht also unzweifelhaft der gute Wille, die Arbeitslosenrate bei behinderten Menschen zu senken und ihnen die Chance zu geben, sich im Berufsleben zu behaupten und so auch einen volkswirtschaftlich wesentlichen Beitrag zur Erhaltung unseres Sozialsystems zu leisten.

Soweit so gut, doch ist aus diesem guten Willen eine massive Diskriminierung behinderter DienstnehmerInnen im Magistrat der Stadt Wien entstanden, die von einem falsch verstandenen „Entgegenkommen“, „Schutz vor Mehrbelastung und Unannehmlichkeiten“ und einem gewissen „Selbstschutz des Dienstgebers vor den behinderten Dienstnehmern“ herrührt.

  1. Schon die Bezeichnung „Sonderaktion“ erinnert an längst vergangen geglaubte Zeiten, in denen die Silbe „Sonder-“ auf Diskriminierung übelster Art hinwies, wenngleich die Sonderaktion im Land Wien damit keineswegs in Beziehung gebracht werden kann und darf.
  2. Wer über die Sonderaktion im Magistrat der Stadt Wien angestellt wird, muß keine Aufnahmsprüfung ablegen und wird nicht auf einer ordentlichen Planstelle, sondern einem Überstandsposten eingestellt; dies bedeutet allerdings, daß diese behinderten DienstnehmerInnen weder zu Einschulungs- oder Dienstprüfungskursen der Verwaltungsakademie eingeladen werden, wie dies bei anderen Bediensteten automatisch der Fall ist, und auch nicht zur Ablegung der Dienstprüfung aufgefordert werden, ohne die jedoch die Bewerbung auf eine ausgeschriebene, etwa höherwertige Dienststelle unmöglich ist. Will man sowohl die Kurse, als auch die Dienstprüfung absolvieren, um so wenigstens hypothetische Aufstiegschancen zu haben, muß man sich als behinderte Person selbst darum kümmern und hoffen, daß der Abteilungsleiter diese Ambitionen auch unterstützt.
  3. Die Einstellung auf einem Überstandsposten ergibt aber, daß man keine bezahlten Überstunden machen darf, was anderen Dienstnehmern sehr wohl möglich ist.
  4. Von der Beistellung einer Arbeitsassistenz bzw. einer Kanzleikraft ist natürlich ebenso keine Rede, sodaß die Arbeitsbedingungen stark erschwert werden.
  5. Sollte man nun doch die Dienstprüfung durch eigenes Engagement geschafft haben, so ist die Pragmatisierung und die Übernahme auf eine ordentliche Planstelle von der Gunst der zuständigen Magistratsabteilung abhängig, die diesbezüglich sehr zurückhaltend ist.
  6. Ja und letztlich ist zu sagen, daß aufgrund dieser schwierigen Arbeitsbedingungen sehr viele behinderte Dienstnehmer den Magistrat wieder verlassen, doch ist man auch bei der Nachbesetzung frei gewordener Überstandsposten der Sonderaktion äußerst zurückhaltend.

Nun, was bleibt ist die Hoffnung, daß die verantwortlichen Stadtpolitiker insbesondere im Hinblick auf das neue Benachteiligungsverbot in der Bundesverfassung ehebaldigst die erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Diskriminierung behinderter Dienstnehmer gegenüber nichtbehinderten abzustellen. Als unbedingt erforderliche Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung behinderter DienstnehmerInnen mit ihren nichtbehinderten KollegInnen wären folgende zu nennen:

  1. die Anwendbarkeit des Behinderteneinstellungsgesetzes im gleichen Ausmaß und verpflichtend auch auf den öffentlichen Dienst, also etwa das Land Wien, sodaß die Einstellung behinderter Menschen zum Recht bzw. zur Pflicht wird;
  2. die damit verbundene Auflösung der sog. Sonderaktion, sodaß die damit verbundenen Diskriminierungen automatisch wegfallen müßten, sprich, es auch Behinderten möglich ist, Überstunden zu machen, sie nach Möglichkeit auf ordentlichen Planstellen beschäftigt werden, die Dienstprüfung ablegen müssen und amtswegig zu den Vorbereitungskursen eingeladen werden;
  3. die Möglichkeit einer Pragmatisierung oder einer Bewerbung auf einen höherwertigen Dienstposten muß unabhängig von einer vorhandenen Behinderung möglich sein;
  4. die Einsetzung von Gleichstellungsanwälten für behinderte DienstnehmerInnen, die ausschließlich aus dem Kreis der betroffenen Menschen zu ernennen sind und die die Gleichbehandlungspflicht des Landes Wien gemäß dem neuen Diskriminierungsverbot zu überwachen als auch im Anlaßfalle geeignete Schritte zu deren Einhaltung zu setzen haben.
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