Stellungnahme der Ethikkommission FÜR die Bundesregierung
Nach eingehender Prüfung der EG-Patentrichtlinie und damit in Zusammenhang stehender anderer legistischer Materien fordert die Ethikkommission FÜR die Bundesregierung nationale Verbote von der Klonierung von Menschen und von Eingriffen in die menschliche Keimbahn. Die Implementierung der Richtlinie muss auf Eis gelegt und die Richtlinie neu verhandelt werden.
Das größte Problem sieht die Ethikkommission in der Ausdehnung des Patentrechtes von „Erfindungen“ auf „Entdeckungen“. Erst durch diese Ausdehnung ist das umstrittene und auch von der Ethikkommission abzulehnende „Patent auf Leben“ möglich.
Diese patentrechtliche Ausdehnung führt gleichzeitig die Grundlagen des Patentrechtes ad absurdum: Ein Patent untersagt die gewerbliche Nutzung einer Erfindung durch nicht-autorisierte Dritte. Autorisiert wird man durch meist zu bezahlende Lizenz, womit Forschung finanziert werden kann. Gleichzeitig ist mit einer Patentierung eine Offenlegung verbunden, die wiederum zu weiteren Forschungen anregen kann. In diesem Sinn sind Patente grundsätzlich geeignete Anreize auch im Bereich der medizinischen Forschung. Die Patentierung von „Entdeckungen“ verhindert aber, dass weitere Forschung betrieben werden kann.
Das zweite Problem der Patentrichtlinie ist ihre Unvollständigkeit. Das „Patent auf Leben“ ist im Humanbereich zwar eingeschränkt, es fehlen aber Schutzbestimmungen für betroffene Personen ebenso wie klar definierte Beschränkungen, Kontrollvorschriften, Anwendungs-, Verwertungs- und Nutzungsverbote biotechnologischer Erfindungen. Der Verweis auf die „öffentliche Ordnung und die guten Sitten“ und nationale Gesetzgebung ist zu wenig.
Ein Mangel liegt auch in der Möglichkeit der Zwangslizenzierung vor. Hier ist der Humanbereich ausgeschlossen. Damit ist einerseits Monopolisten etwa bei der Herstellung von Medikamenten nichts entgegenzusetzen, andererseits werden unterentwickelte Völker und Staaten in eine neue Abhängigkeit der Forschungs- und Pharmaindustrie getrieben.
Die Ethikkommission FÜR die Bundesregierung fordert daher eine Neuverhandlung der Patentrichtlinie. Bis zum Abschluss dieser Verhandlungen muss eine Implementierung der Richtlinie verschoben werden.
Diese Richtlinie ist ein weiteres Argument für die Ethikkommission FÜR die Bundesregierung, endlich das Klonen von Menschen und Eingriffe in die menschliche Keimbahn in Österreich nicht nur zu verbieten, sondern auch mit klaren straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen zu versehen.