Ein populärer Irrtum

Ein lateinischer Satz des römischen Dichters Juvenal brachte es Ende Juni zum ersten Aufreger angesichts des drohenden Sommerlochs 1999.

Inserat der FPÖ
ORF

Die Kärntner FPÖ reduzierte sich in einem Wahlplakat auf die sportliche Optik ihres Frontmannes und seiner Gefolgsleute und ließ ihre potentiellen WählerInnen wissen: „Während sich andere Politiker meistens am Buffet vergnügen, nützen die Freiheitlichen die knappe Freizeit, um sich sportlich für ihren Extremeinsatz in Kärnten fit zu halten …“ Denn: „NUR in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“

Sind wir als behinderte WählerInnen nun dazu aufgerufen, diese hohle Worthülse auf uns zu beziehen – oder begeben wir uns nicht doch lieber auf die Suche nach der Politik jenseits der Eitelkeit und dem Narzißmus, die hinter der oberflächlichen sportlich-dynamischen Selbststilisierung von FPÖ-Politikern hervorgrinsen? Allerdings: Wer suchet, findet – nicht immer. (Zumindest keine Politik, die über das Wiederkäuen von Stammtischweisheiten hinausgeht.)

Vielleicht genügt es auch, hier den vollständigen Spruch wiederzugeben, der da übersetzt heißt: „Es wäre zu wünschen, daß in einem gesunden Körper AUCH ein gesunder Geist stecken möge.“ In moderner Umgangssprache wäre Juvenals Kommentar zu den gesalbten Gladiatorenmuskeln etwa wie folgt zu lesen: „Ach, wie wäre es doch schön, wenn diese Muskelaffen auch noch denken könnten.“

Literatur: Piper, München 1998
Krämer/Trenkler: Lexikon der populären Irrtümer

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