Ein Selbstexperiment im Rollstuhl des WDR empört behinderte Zuschauerinnen und Zuschauer

Wieso es besser ist, mit behinderten Menschen bei Interviews auf Augenhöhe zu sprechen und wie das Aussehen kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

2 Personen sitzen in einer Toilettenkabine. Links eine junge Frau mit blonden Haaren, kurzärmliges Shirt und Jeans, rechts ein junger Mann mit kurzen, blauen Haaren, T-Shirt und Jeans.
Auf Klo

Am 10. Jänner 2018 veröffentlichte WDR360 einen Fernsehbericht zu „Wie ist das Leben im Rollstuhl?“. Tim, ein nichtbehinderter Mann, setzt sich einen Tag lang in einen Rollstuhl. Er begleitet den 19-jährigen Niklas, der schon von Kindesalter an mit dem Rollstuhl fährt. Behinderte Zuschauerinnen und Zuschauer sind über diesen klischeehaften Bericht verärgert.

In diesem Video geht es darum, wie Tim mit der Rolle als Rollstuhlfahrer umgeht. Was Niklas beschäftigt oder welche Gefühle den Teenager bewegen, bleibt verborgen. Auch mit welchen Barrieren im alltäglichem Leben er konfrontiert ist, wird nur oberflächlich angedeutet. Man hätte sich gewünscht, mehr über Niklas und über sein Leben zu erfahren. Dafür hat Niklas sich unangenehmen Fragen, seine Sexualität betreffend, aussetzen müssen.

Es scheint so, als hätte sich das Team von WDR360 weder mit dem Thema Behinderung auseinandergesetzt, noch dazu recherchiert. Und doch haben sich ca. 20.000 Menschen diese Sendung angesehen. Derartige Beiträge tragen nicht dazu bei, Barrieren in den Köpfen der Menschen abzubauen und Bewusstheit dafür zu schaffen, was für eine inklusive Gesellschaft von Nöten ist.

Im Internet finden sich auch Sendungen, die nicht nur diese einseitige Sichtweise auf behinderte Menschen beschreiben. Auf dem Youtube-Kanal „Auf Klo“ gewehrt Marlon Einblicke in sein Leben. Der 20-jährige Teenager spricht offen über seine Behinderung, Erfahrungen und Wünsche.

In dem Video spürt man die Lebensfreude des jungen Selbstbewussten, mit der er das Leben in seiner Vielfalt auskostet. Unter „Body Positivity“ verstehe er, sich selbst anzunehmen und zu akzeptieren, dass niemand perfekt sei. Vor allem möchte er nicht auf seine Behinderung reduziert werden, denn er sei ein Mensch wie jeder andere. Er wünsche sich, dass in den sozialen Medien mehr Menschen mit unterschiedlichen Körperformen und Fähigkeiten gezeigt werden.

Inklusion wird in unserer Gesellschaft viel zu wenig gelebt. Den Menschen fehlt das Bewusstsein, mit welchen Barrieren behinderte Menschen es tagtäglich zu tun haben.

Als nicht behinderter Mensch nimmt man Barrieren erst wahr, wenn sie einen selbst betreffen. Nur ein Betroffener kann beurteilen, welche Bedürfnisse erfüllt sein müssen, um aktiv an einem selbstbestimmten Leben teilhaben zu können. Deshalb ist es wichtig, dass Betroffene selbst bestimmen und sich nicht vorschreiben lassen, wie ihr Leben auszusehen hat.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich