Ein Sieg für unsere Menschenrechte

Das Parlament verpflichtete am "Europäischen Tag der behinderten Menschen" die Bundesregierung für die Einführung einer Nicht-Diskriminierungsklausel einzutreten.

Parlament
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Am 3. Dezember 1996, dem „Europäischen Tag der behinderten Menschen“, wurde vom Hauptausschuß des Nationalrates eine Stellungnahme verabschiedet, in welcher die Österreichische Bundesregierung verpflichtet wird, im Rahmen der EU-Regierungskonferenz dafür einzutreten, daß eine Nicht-Diskriminierungsklausel für behinderte Menschen in die EU-Verträge aufgenommen wird:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert im Zuge der Regierungskonferenz … mit Nachdruck dafür einzutreten, daß

  • ein Verbot der Diskriminierung insbesondere aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der Staatsangehörigkeit, des Geschlechts, der Muttersprache, der Religion, der politischen oder jeder anderen Überzeugung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, der sozialen Herkunft oder des Vermögens, der Behinderung, der sexuellen Orientierung oder jeder anderen besonderen Gegebenheit in die Verträge aufgenommen wird,
  • eine Bestimmung aufgenommen wird, wonach die Europäische Union bei allen ihren Aktivitäten die Bedürfnisse behinderter Menschen berücksichtigt.“

Damit waren wir mit der von BIZEPS anläßlich des Europatages initiierten Kampagne „BEHINDERTENRECHTE JETZT!“, mit der wir für die Einführung eines Diskriminierungsverbotes in der EU warben, endlich erfolgreich gewesen. Damit wurden auch die Forderungen der von der österreichischen Selbstbestimmt-Leben-Bewegung im April 1996 verfaßten und an alle zuständigen PolitikerInen versandten Resolution erfüllt. Wir können zu Recht stolz sein auf diesen Sieg der österreichischen Behindertenbewegung.

Noch einmal muß klar festgehalten werden, daß dies die Leistung der Abgeordneten zum Nationalrat war und nicht der Vertreter der Österreichischen Bundesregierung: Der für EU-Angelegenheiten zuständige Außenminister Schüssel und Bundeskanzler Vranitzky haben sich auf all die vielen Briefe, Faxe und Telegramme NIE bereiterklärt, sich für ein verbindliches Diskriminierungsverbot einsetzen zu wollen.

Ganz im Gegenteil, sie hatten es seit dem Beginn unserer Kampagne im Jänner 1996 meisterlich verstanden, entweder Briefe gar nicht zu beantworten, oder zu unserer Forderung keine Stellung zu nehmen oder auch den Eindruck zu erwecken, sie stünden ohnedies ganz hinter uns.

Dazu gehört auch die von Außenminister Schüssel und dem italienischen Außenminister Dini im Oktober 1996 gesetzte Initiative zur Beachtung der Menschenrechte im Nach-Maastrichtvertrag, da bei dieser Variante keinerlei Möglichkeit einer rechtlichen Durchsetzung enthalten gewesen wäre.

Der Schüssel-Vorschlag hätte konkret bedeutet, daß behinderte Menschen weiterhin auf das Wohlwollen der EU-Gesetzgeber angewiesen wären. Oder in Abwandlung eines Slogans der internationalen Behindertenbewegung: „Gnade statt Rechte!“

Mit dieser entwürdigenden Hinhaltetaktik und mit all den Täuschungsmanövern der Vertreter der Bundesregierung ist es nun, dank des beherzten Einsatzes der Abgeordneten der SPÖ, ÖVP, des Liberalen Forums und der Grünen, die diesem gemeinsamen Antrag zugestimmt haben, endlich vorbei.

Besonders erfreulich ist auch, daß sich Österreich nun auch dafür einsetzen wird, daß die Bedürfnisse behinderter Menschen bei allen Aktivitäten der EU berücksichtigt werden müssen.

Welche Bedeutung hat nun dieser Passus für uns?

Handelt es sich hier um eine weitere Absichtserklärung, die das schlechte Gewissen der Eurokraten beruhigen soll, oder sind damit Rechte für uns verbunden?

Nun, durch eine solche sogenannte allgemeine Integrationsklausel wird sichergestellt, daß der Bedarf behinderter Menschen in der EU-Politik und der Gesetzgebung nicht länger ignoriert werden.

Die Vereinheitlichung der Verkehrsnormen, des Baurechts oder von Verordnungen in anderen Bereichen würden sich auf unser Leben negativ auswirken, wenn unser Bedarf nicht anerkannt wird. Sichergestellt wäre damit, daß die Bedürfnisse behinderter Menschen auch in Bereichen anerkannt werden, die normalerweise nicht als behindertenbezogen gelten, wie z. B. Wahlverfahren.

Unserer Forderung nach einem Diskriminierungsverbot kommt erfreulicherweise der Entwurf für eine Neufassung des EU-Vertrages entgegen, der vom irischen Ministerpräsidenten anläßlich des Treffens der Europäischen Regierungschefs am 13. und 14. Dezember 1996 in Dublin präsentiert wurde:

In diesem Dokument ist bereits die von uns geforderte Nicht-Diskriminierungsklausel enthalten; dies ungeachtet der Tatsache, daß die Zustimmung der Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten noch ausständig ist.

Was bleibt, ist uns allen die Daumen zu halten für unsere behinderten FreundInnen in den noch säumigen Mitgliedsstaaten. In ihrem Kampf um unsere Menschenrechte.

Allerdings müssen sämtliche EU-Staaten dieser Klausel zustimmen.

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