Einschränkungen für Menschen mit Behinderungen durch die Novelle des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes?

Mit der Gesetzesänderung des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes soll der Zuständigkeitsbereich von Krankentransporten von jenem der Fahrtendienste abgegrenzt werden. Doch es gibt Befürchtungen von behinderten Menschen. Behindertenanwalt Hansjörg Hofer wandte sich daher schriftlich an den Wiener Bürgermeister.

Rettungswagen
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Das Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz (WRKG) – welches mit 1. April 2019 in Kraft tritt – könnte Auswirkungen für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer haben und zwar in dem Sinn, dass sie künftig vermehrt unnötigerweise mit der Rettung fahren müssten. Die NEOS meldeten sich umgehend zu Wort und forderten Gespräche ein.

Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass durch die Gesetzesänderung Menschen mit Behinderungen in ihrer Mobilität eingeschränkt sein könnten. Das befürchtet auch Behindertenanwalt Hansjörg Hofer.

In einem Brief an den Wiener Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) vom 11. Dezember 2018 kritisiert er die unbestimmten Formulierungen des Gesetzestextes und ergänzt: „Ich ersuche Sie daher in Ihrer Funktion als Landeshauptmann um Veranlassung einer Prüfung, in welcher Weise unter Berücksichtigung der nunmehrigen Rechtslage sichergestellt werden wird, dass Menschen mit Behinderung im Sinne des Art. 1 der UN-BRK keine Verschlechterung ihrer tatsächlichen persönlichen Mobilität zu gewärtigen haben.“

Nun erfolgte eine mit 21. Jänner 2019 datierte schriftliche Antwort (Nem/Hsa – 1073982/18) eines Referenten des Sozialstadtrates, Peter Hacker (SPÖ). In dem mehrseitigen Schreiben wird versucht, die Bedenken auszuräumen und nochmals die rechtlichen Bestimmungen zu interpretieren.

Darin heißt es u.a.: „Die Novellierung … bezweckt somit eine Klarstellung. Auch die … gewählte Formulierung dient lediglich der Abgrenzung gewerblicher Transporte zum Krankentransport nach dem WRKG und führt faktisch zu keiner Verschlechterung der tatsächlichen persönlichen Mobilität von Menschen mit Behinderungen.“

Behindertenanwalt: Entwicklung genau zu evaluieren

Behindertenanwalt Hansjörg Hofer ersucht, „die Entwicklung in diesem Bereich genau zu evaluieren“ und ihm „Zahlen über von Menschen mit Behinderung in Anspruch genommenen Fahrtendienste der Jahre 2017, 2018 und 2019 im Laufe des ersten Quartals 2020 zur Verfügung zu stellen“.

Ihm wurde zugesichert, dass es zu keinen Nachteilen für Menschen mit Behinderungen kommen wird. Er kündigt aber an, „allfällige Wahrnehmungen über Schwierigkeiten in diesem Bereich“ umgehend zu übermitteln.

Hofer stellte BIZEPS das gesamte Antwortschreiben zur Verfügung. Die Behindertenanwaltschaft und BIZEPS waren von der Stadt Wien zu Gesprächen eingeladen, um Unklarheiten anzusprechen.

Inhalt des Schreibens der Stadt Wien an den Behindertenanwalt

Sehr geehrter Herr Dr. Hofer!

Zu Ihrer Anfrage vom 16. November 2018 betreffend die Änderung des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz – WRKG, LGBI. Nr. 39/2004 in der geltenden Fassung, darf angemerkt werden, dass – trotz eindeutiger Gesetzeslage – in der Praxis bisher offensichtlich Unsicherheiten bestanden hatten, in welchen Fällen ein Krankentransportdienst zur Beförderung einer Patientin oder eines Patienten heranzuziehen ist und in welchen Fällen es genügt, einen zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz berechtigten Fahrtendienst zu beauftragen.

Mit der Klarstellung und Anführung von Beispielen in der Novelle zum WRKG, wann ein Krankentransport notwendig ist, soll die Fragestellung für die Wahl des geeigneten Transportes hinkünftig noch eindeutiger geklärt werden.

Gemäß § 2 Abs. 1WRKG in der bisher geltenden Fassung ist Aufgabe eines Krankentransportdienstes, Personen, bei denen während des Transportes eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

Gemäß § 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz – SanG), BGBI. I Nr. 30/2002 in der geltenden Fassung, dürfen der Beruf und Tätigkeiten des Sanitäters nur nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ausgeübt werden.

Gemäß § 8 SanG umfasst der Sanitätsdienst den Tätigkeitsbereich des Rettungssanitäters und des Notfallsanitäters entsprechend die eigenverantwortliche Anwendung von Maßnahmen der

  1. qualifizierten Ersten Hilfe,
  2. Sanitätshilfe und
  3. Rettungstechnik

einschließlich diagnostischer und therapeutischer Verrichtungen.

Gemäß § 9 Abs. 1 SanG umfasst der Tätigkeitsbereich des Rettungssanitäters unter anderem die selbstständige und eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung kranker, verletzter und sonstiger hilfsbedürftiger Personen, die medizinisch indizierter Betreuung bedürfen, vor und während des Transports, einschließlich der fachgerechten Aufrechterhaltung und Beendigung liegender Infusionen nach ärztlicher Anordnung sowie der Blutentnahme aus der Kapillare zur Notfalldiagnostik (Z 1) und die Übernahme sowie die Übergabe des Patienten oder der betreuten  Person im Zusammenhang mit einem Transport (Z 2).

Aus den Bestimmungen des § 2 WRKG in der derzeit geltenden Fassung ergibt sich, dass zur Abgrenzung der gewerbsmäßigen Personenbeförderung von Krankentransporten die medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch Sanitäter das ausschlaggebende Kriterium ist. Die Formulierung im § 2 Abs. 2 Ziffer 2 der Novelle entspricht der Diktion des § 9 Abs. 1 SanG und verdeutlicht den Tätigkeitsvorbehalt der Sanitäter. Ob eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist, ist im Einzelfall durch ärztliche Anordnung zu treffen.

Die Durchführung von Krankentransporten als Beförderung von Personen, bei denen während des Transports – bzw. auf dem Weg zum und vom Fahrzeug – eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, ist in Wien bereits nach der derzeitigen Rechtslage den im Sinne der Bestimmungen des WRKG befugten Krankentransportdiensten vorbehalten.

Nur wenn eine Betreuung durch Sanitäter während der Fahrt – sowie auf dem Weg zum und vom Fahrzeug – medizinisch nicht notwendig ist, darf nach derzeitiger Rechtslage und auch gemäß der Novelle die Beförderung von befugten Gewerbetreibenden erbracht werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 WRGK in der derzeit geltenden Fassung ist der gewerbsmäßige Transport von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen.

Trotz der gesetzlichen Definition eines Krankentransports in § 2 WRKG und der Abgrenzung in § 4 WRKG kam es in Wien immer wieder zu Transporten von Patientinnen und Patienten, die einer Betreuung durch Sanitäter bedurft hätten, jedoch von einem zur Ausübung des Mietwagengewerbes berechtigten Fahrtendienst befördert wurden. Bei einem Transport durch nicht qualifiziertes Personal, oder mit ungeeigneten Transportmitteln und / oder fehlender medizinischer Ausrüstung vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport könnten für Patientinnen oder Patienten Gesundheitsbeeinträchtigungen, Gefährdungen, Schmerzen oder Verzögerungen der Hilfeleistung im Falle eintretender Komplikationen resultieren.

Mit der Klarstellung und der demonstrativen Anführung von Beispielen in der Novelle zum WRKG, wann ein Krankentransport notwendig ist, soll die Fragestellung für die Wahl des geeigneten Transportes noch eindeutiger geklärt werden. Dem medizinischen Personal ist oft nicht bekannt, dass Fahrtendienste, die Krankenbeförderungen durchführen, über keine Bewilligung nach dem WRKG verfügen. Daher soll durch die Novelle der Anwendungsbereich des WRKG noch deutlicher formuliert werden; die Abgrenzung eines Krankentransportes von einer Beförderung durch einen zur Ausübung des Mitwagen-Gewerbes berechtigten Fahrtendienst soll noch unmissverständlicher getroffen werden.

In Wien verfügen zahlreiche Unternehmen über aufrechte Gewerbeberechtigungen zur Ausübung des Mietwagengewerbes.

Gemäß § 3 Abs.1 Z 2 des Bundesgesetzes über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG) in der geltenden Fassung dürfen Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§ 2 Abs. 1) für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen (Omnibussen oder Personenkraftwagen), unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge (Bestellungen) erteilt werden (Mietwagen-Gewerbe).

Mietwagenunternehmen sind nach derzeitiger Rechtslage weder berechtigt, Personen als SanitäterInnen zu beschäftigen noch Aufgaben eines Krankentransportdienstes im Sinne der Bestimmungen des WRKG zu übernehmen. Sie sind lediglich befugt, die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, welche während des Transports (bzw. auf dem Weg zum und vom Fahrzeug) nicht der medizinischen Betreuung durch Sanitäter bedürfen und zu deren Durchführung sie nach gewerbeberechtigten Vorschriften berechtigt sind, mit Kraftfahrzeugen zu übernehmen.

Die Novellierung der §§ 2 und 4 bezweckt somit eine Klarstellung. Auch die im § 4 Abs. 1 der Novelle gewählte Formulierung dient lediglich der Abgrenzung gewerblicher Transporte zum Krankentransport nach dem WRKG und führt faktisch zu keiner Verschlechterung der tatsächlichen persönlichen Mobilität von Menschen mit Behinderungen. 

Ich habe mich sehr über unser persönliches Kennenlernen gefreut.

Entwicklungen werden genau beobachtet

BIZEPS wird – wie die Behindertenanwaltschaft – genau beobachten, welche Veränderungen durch die Gesetzesnovelle im Mobilitätsbereich eintreten. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, wie sensibel der Fahrtendienst für eine Großstadt wie Wien ist und warum Fehler der Vergangenheit im Sinne der behinderten Menschen unbedingt vermieden werden müssten.

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Ein Kommentar

  • Es gibt ein rein praktisches Problem Roteskreuz z.b. weigerte sich auch schiebe Rollstühle mit zu nehmen die einen Elektromotor haben obwohl diese ganz normal faltbar sind
    ich hatte vor ca 3 Jahren deshalb das echte Problem nach einem kl. Sturz wurde ich von der Berufsrettung ins AKH gebracht um 1 Uhr früh weigerte sich dann das Rote Kreuz mich heim zufahren die Schwester frage mich händeringend ob ich nicht selber fahren könnte konnte ich nicht da ich mich in stockdunkler nacht nicht alleine am Gürtel fahren traue und die Batterie nicht gereicht hätte nach 4 stunden hat es dann das grüne Kreuz gemacht