Lange hat es gedauert - nun ist es aber passiert. Gesundheitsministerium verbietet den Einsatz von Netzbetten.
Das Gesundheitsministerium hat erfreulicherweise am 1. September 2014 bekannt gegeben, dass man „aus verfassungsrechtlichen Gründen per Erlass ein Verbot der Verwendung von Netzbetten in der Psychiatrie sowie in Heimen verfügt“.
Darin ist festgelegt, dass Netzbetten ab 1. Juli 2015 nicht mehr zum Einsatz kommen. Dies ist wichtig, so das Ministerium: „Damit zieht Österreich mit den internationalen menschenrechtlichen Standards gleich.“
Der Erlass im Detail
Konkret geht es um den „Erlass, Einsatz von psychiatrischen Intensivbetten in Einrichtungen nach dem UbG und HeimAufG“ (Geschäftszahl: BMG-93330/0002-II/A/4/2014).
Darin wird festgehalten, „dass unter Berücksichtigung der Wahrung der Menschenwürde und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit der Freiheitsbeschränkung die Verwendung von psychiatrischen Intensivbetten (‚Netzbetten‘) sowie anderen ‚käfigähnlichen‘ Betten nicht mehr dem europäischen Standard entspricht und daher unzulässig ist.“
Kräuter: „Ein dunkles Kapitel der österreichischen Psychiatrie wird endgültig geschlossen“
Volksanwalt Günther Kräuter zeigt sich „höchst erfreut“, dass Netzbetten „in der Psychiatrie und Heimen bald der Vergangenheit angehören werden“.
„Endlich wird mit der noch in Wien und teilweise der Steiermark gängigen Praxis aufgeräumt, psychisch kranke Menschen in käfigartige Betten zu sperren. Damit erfüllt sich eine langjährige Forderung der Volksanwaltschaft und ihres Menschenrechtsbeirates sowie des Europarates und der Europäischen Antifolterkonvention“, so Volksanwalt Kräuter in einer ersten Reaktion.
Österreich wird bald vom CPT überprüft
Das Verbot erfolgte im Vorfeld der in Kürze erwarteten neuerlichen Überprüfung durch das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT).
Schon bei seinen bisherigen Überprüfungen hat das CPT diese menschenrechtswidrige Praxis des Freiheitsentzugs in Österreich aufgezeigt. Eine neuerliche Rüge war daher absehbar.
Netzbetten widersprechen auch der UN-Behindertenrechtskonvention
Im September 2013 wurde Österreich bei der Überprüfung über die Einhaltung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom zuständigen UN-Fachausschuss ebenfalls deswegen massiv kritisiert.
In den UN-Handlungsempfehlungen (Punkt 33) heißt es daher: Man „empfiehlt dem Vertragsstaat die Verwendung von Netzbetten, Fixierungen und anderen nicht einvernehmlichen Praktiken abzuschaffen“.
Wien beugt sich
Die Wiener Landesregierung hat sich jahrelang für Netzbetten eingesetzt und sich massiv gegen ein Verbot gewehrt. Nun beugt man sich aber.
„Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) wird den Erlass fristgerecht und nachhaltig umsetzen“, ist einer Stellungnahme zu entnehmen. Das hindert die Wiener SPÖ aber nicht, bis jetzt die Tatsachen zu verdrehen.