Entwurf für EU-Verfassung vorgelegt

Am 13. Juni 2003 hat der EU-Konvent in Brüssel den entscheidenden Grundstein für eine neue EU-Verfassung gelegt und einen Entwurf vorgelegt.

Flagge der Europäischen Union
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Konventspräsident Valery Giscard d’Estaing hat den Entwurf am 20. Juni 2003 in Saloniki den Staats- und Regierungschefs der EU-Länder präsentiert. Der Verfassungsentwurf des Konvents ist eine gute Ausgangsbasis für den Beginn der Regierungskonferenz. Die Regierungskonferenz soll im Oktober 2003 einberufen werden und ihre Arbeit so bald wie möglich abschließen. Der Vertrag über die Verfassung soll bald nach dem 1. Mai 2004 unterzeichnet werden.

Seitens der NGOs von diskriminierten Gruppen liegen bisher noch kaum Stellungnahmen zu dem umfangreichen Verfassungsentwurf vor.

„Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien begrüßt den vorgelegten Entwurf für eine EU-Verfassung“, erklärt Generalsekretär Kurt Krickler, der auch Vorstandsvorsitzender des europäischen Lesben- und Schwulenverbands ILGA-Europa ist, in einer ersten Reaktion.

„In früheren Entwürfen war die Berücksichtigung von Gleichheit und Nichtdiskriminierung nicht in dieser Form in diesen Schlüsselartikeln über die Werte und Ziele der Union vorgesehen. Erst in Folge der großangelegten Kampagne der NGOs wurden die Formulierungen entsprechend abgeändert.“ zeigt sich Krickler erfreut.

„Allerdings sind wir noch nicht ganz zufrieden“, ergänzt HOSI-Wien-Obmann Christian Högl. Der bisherige Artikel 13 EG-Vertrag, in dem seit dem Amsterdamer Vertrag die Bekämpfung von Diskriminierung u. a. aufgrund der sexuellen Orientierung geregelt ist, soll nur unverändert als Artikel III-5 in die EU-Verfassung übernommen werden. Die bisherige Fassung sieht die Verabschiedung von Maßnahmen auf Basis dieser Bestimmung durch einstimmigen Beschluss im Rat vor, und auch das Europäische Parlament wird dabei nur angehört.

Viele NGOs aus den Bereichen Anti-Rassismus, Behinderung und Alter sowie Lesben- und Schwulenverbände fordern jedoch die Beschlussfassung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung mittels qualifizierter Mehrheit im Rat und durch das Mitentscheidungsverfahren mit dem Europäischen Parlament. „Wenn die EU im nächsten Jahr 25 Mitglieder hat, werden wohl kaum mehr Maßnahmen in diesem Bereich einstimmig im Rat angenommen werden. Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit sollen ja wegen der schwierigen Einstimmigkeit bei 25 Regierungen daher auch zum Normalfall werden. Es ist nicht einzusehen, dass ausgerechnet bei der Nichtdiskriminierung davon abgewichen wird.“ so Högl.

Hier Auszüge aus dem Verfassungsentwurf:

Artikel II-21 „Nichtdiskriminierung“ Absatz 1:
„Diskriminierungen wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.“

Artikel II-26 „Integration von Menschen mit Behinderung“:
„Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft“

Artikel III-1a „Allgemeine anwendbare Bestimmungen“:
„Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil der Verfassung genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“

Artikel III-5 (ex-Artikel 13) „Nichtdiskriminierung und Unionsbürgerschaft“:
„Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen der Verfassung im Rahmen der durch die Verfassung auf die Union übertragenen Zuständigkeiten können die für die Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen, des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung des Alters oder der sexuellen Ausrichtung erforderlichen Maßnahmen durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze des Rates festgelegt werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.“

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