Erwachsenenschutzgesetz soll Sachwalterrecht ersetzen

VertretungsNetz begrüßt die Reform des Sachwalterrechts

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Am 7. Juli 2016 stellte Justizminister Wolfgang Brandstetter das neue Erwachsenenschutzgesetz vor, das ab 2018 das Sachwalterrecht ablösen soll. Der Entwurf stellt Autonomie, Selbstbestimmung und Entscheidungshilfe für die Betroffenen in den Mittelpunkt.

VertretungsNetz begrüßt die Reform

Mit dem neuen Gesetz wird die Intention nach mehr Selbstbestimmung der betroffenen Personen umgesetzt werden – ganz im Sinn der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

„Wichtig für uns war, dass Betroffene so lange und in so vielen Angelegenheiten wie möglich selbst Entscheidungen treffen können. Die Handlungsfähigkeit soll künftig auch bei Errichtung einer Erwachsenenvertretung in vielen Belangen erhalten bleiben, dies unterstreicht den Grundsatz der Selbstbestimmung“, erläutert Christian Aigner Fachbereichsleiter Sachwalterschaft von VertretungsNetz. Ein verpflichtendes Clearing im Vorfeld einer – wie es künftig heißen soll – gerichtlichen Erwachsenenvertretung soll dies gewährleisten.

„Wir freuen uns auch, dass die Erwachsenenvertretung nur mehr befristet (drei Jahre) und nur mehr für bestimmte Angelegenheiten zum Einsatz kommen soll, dies wird bei allen Beteiligten ein lange überfälliges Umdenken bewirken“, so Aigner.

„Clearing“

Seit 2006 haben die Sachwaltervereine das Beratungsangebot an den Gerichten unter dem Begriff „Clearing“ entwickelt und ausgebaut. Fast zwei Jahre lang erprobten VereinssachwalterInnen von VertretungsNetz im Rahmen des Modellprojekts „Unterstützung zur Selbstbestimmung“ ein erweitertes Clearing, das vor allem auf die Vernetzungsarbeit mit den sozialen Umwelten der Betroffenen abzielte.

Wesentlich für das Konzept von „Clearing Plus – Unterstützung zur Selbstbestimmung“ ist eine Haltungsänderung: weg vom stellvertretenden Handeln für Betroffene, hin zur Suche nach Lösungen gemeinsam mit den Betroffenen. Dabei werden das persönliche Umfeld sowie professionelle soziale Dienste einbezogen. Unterstützung ist meist bei finanziellen Angelegenheiten und Behördenkontakten gefragt, aber auch bei persönlicher Betreuung und Versorgung, damit Betroffene etwa möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben können.

Im wissenschaftlich begleiteten Projekt konnte so bei rund zwei Drittel der Betroffenen eine Sachwalterschaft abgewendet werden. Im vorliegenden Gesetzesentwurf werden diese Erkenntnisse berücksichtigt. Eines aber hat „Clearing Plus“ sehr deutlich gezeigt: Die Länder sind nun gefordert und müssen intensiv am Aufbau von Erwachsenensozialarbeit und Modellen unterstützter Entscheidungsfindung arbeiten.

Ein neuer Anfang

Obwohl das Sachwalterrecht die Kultur der Entmündigung hätte beenden sollen, sind viele Sachwalter zu pauschal für alle Angelegenheiten bestellt worden. Das sollte sich jetzt ändern! Die Nennung der konkreten Angelegenheiten in Kombination mit der Befristung auf drei Jahre hat ein Reformpotential. Eine Verlängerung ist nur nach einem erneuten Clearing und einem mündlichen Verfahren bei Gericht möglich.

„Viele unserer Anliegen und Forderungen, die wir seit 2013 laufend in die Reformentwicklungen eingebracht haben, sind Teil des nunmehrigen Entwurfs geworden“, kommentiert Christian Aigner die Vorlage, zu der VertretungsNetz im Rahmen des Begutachtungsverfahrens eine Stellungnahme abgeben wird.

„Wir freuen uns auch, dass viele dieser Punkte ein Ende der alten Entmündigungskultur mit sich bringen können. Denn auch die Praxis des Sachwalterrechts hat hier oft zu wenig zu einer Veränderung beigetragen. Obligatorisches Clearing bedeutet bei jeder Anregung einen genauen Blick auf die Sachlage, die Bedürfnisse des Betroffenen und das Umfeld“, führt Christian Aigner aus.

Der Fachbereichsleiter sieht entscheidende weitere Verbesserungen auch dabei: „Betroffene sollen über medizinische Behandlungen grundsätzlich selbst entscheiden. Dazu soll verbesserte Aufklärung und Einbeziehung von Vertrauenspersonen unterstütztend wirken. In diesen Situationen wird es außerdem eine obligatorische Verfahrensvertretung durch die Vereine geben, sobald ein Dissens zwischen Betroffenem und Vertreter besteht.“

Größeres Aufgabenspektrum

Selbstgewählte Vertretungsformen – dazu gehören unter anderem die Vorsorgevollmachten – sollen zukünftig auch bei den Sachwaltervereinen errichtet und registriert werden können. Zufrieden ist Christian Aigner mit der Anerkennung der Sachwaltervereine, die künftig als Erwachsenenschutzvereine ein deutlich größeres Aufgabenspektrum anbieten werden. All diese erfreulichen Veränderungen sieht er als großen Fortschritt, um den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Betroffenen zu erhalten und zu verbessern.

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