EU-Binnenmarktrat für geänderte Vergabekriterien

Öffentliche Kreditaufnahmen sollen ausgenommen werden

Im Vorfeld zum Internationalen VÖWG-Kongress über „Zukunftsgestaltende Strategien für wirtschaftliche Dienstleistungen im Allgemeininteresse“, der am kommenden Montag im Wiener Rathaus eröffnet wird, gewinnen Signale aus Brüssel naturgemäß an Aktualität. Erst vor wenigen Tagen hat der EU-Binnenmarktrat eine Einigung über den Vorschlag der EU-Kommission zur Novellierung der Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen erzielt. Dem gemäß sollen gewisse Finanzdienstleistungen (öffentliche Kreditaufnahmen) nicht der

Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie unterliegen. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sollen ökologische und soziale Belange verstärkt berücksichtigt werden können. Wie die Vergabekriterien aussehen, sollen die Mitgliedstaaten selbst entscheiden können. Es wird nun eine gemeinsame Position erarbeitet, die aber dem Europäischen Parlament (EP) erst dann übermittelt werden soll, wenn auch eine gemeinsame Position zur Sektorenrichtlinie (Wasser, Energie, Verkehr und Telekommunikation) festgelegt sein wird. In Anbetracht differierender Auffassungen von Rat und EP dürfte dann ein Vermittlungsverfahren erfolgen.

Umstritten ist vor allem noch die Berücksichtigung sozialer Kriterien (z.B. die Pflicht zur Aufnahme von Behinderten oder anderen benachteiligten Personen). Konkretes wird im Text der „Einigung“ nicht formuliert, in der Präambel wird lediglich festgelegt, dass die für die Vergabe Verantwortlichen auf Kriterien zurückgreifen können, „die zur Befriedigung sozialer Bedürfnisse dienen“. Während das EP die Verankerung von Umwelt- und Sozialklauseln im Text der Richtlinie fordert, sind die Positionen im Rat divergierend: Einige Delegationen haben sich dafür eingesetzt (F, B, NL), andere sind strikt dagegen (GB). Nach einer Ansicht (Würmeling, D) würden derartige „vergabefremde Aspekte“ die Gefahr von Rechtsunsicherheit und Marktabschottung, verbunden mit höheren Kosten für die Steuerzahler, bergen.

Von der Richtlinie sollen öffentliche Kreditaufnahmen ausgenommen werden. Der EU-Binnenmarktkommissar (Bolkestein) hat dem Rat in diesem Punkt „Protektionismus“ vorgehalten, die Kommission werde sicherstellen, dass die EU ihren Verpflichtungen im Rahmen der WTO zum öffentlichen Auftragswesen (GPA – Government Procurement Agreements) nachkommen werde. Das EP hingegen hat eine umfassende Befreiung der Finanzdienstleistungen gefordert.

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