Die Entwürfe für die neuen EURO Banknoten wurden vorgestellt. Sind sie für sehbehinderte und blinde EuropäerInnen benützbar?

Ein sehr wichtiger Bereich des selbstbestimmten und selbständigen Lebens sehbehinderter und blinder EuropäerInnen ist die Abwicklung des Zahlungsverkehrs.
Von besonderer Bedeutung ist hierbei der selbstbestimmte und unabhängige Umgang mit Banknoten, da diese zumeist einen höheren Geldwert repräsentieren als die im Alltag am häufigsten verwendeten Geldmünzen und wegen ihrer Ausgestaltung meist schwer voneinander zu unterscheiden sind.
Die derzeit verwendeten Schilling-Banknoten sind vor allem durch ihre Grösse voneinander zu unterscheiden; dabei sei aber gesagt, daß diese Unterscheidung am sichersten mit einem Hilfsmittel, dem sog. Cash-Test , einer Schablone, mit der an Hand der Geldscheinlänge die jeweilige Banknote identifiziert werden kann, gelingt.
Leider wurde in Österreich auf andere Unterscheidungskriterien, wie etwa die auffällige farbliche Gestaltung, die Verwendung von deutlich les- bzw. tastbaren Symbolen oder Ziffern, nicht geachtet, was die Handhabung vor allem für sehbehinderte Menschen erschwert, ja sogar bei normalsichtigen Menschen zu Verwechslungen führt.
In diesem Zusammenhang hat sich auch der Verein Blickkontakt (Interessengemeinschaft sehender, sehbehinderter und blinder Menschen) bemüht, in Erfahrung zu bringen, wie es um die Handhabbarkeit, sprich Unterscheidbarkeit des EURO bestellt sein wird.
Das Ergebnis war, so viel sei vorweg gesagt, im Prinzip erfreulich.
Laut einer Information des Europäischen Währungsinstituts (EWI) wie der Österreichischen Nationalbank (ÖNB) ist bei der Gestaltung der EURO-Banknoten besonders auf die Anforderungen von sehbehinderten und blinden Menschen Rücksicht genommen worden; dies verwundert auch nicht, wenn man bedenkt, daß ca. 7 Mio EU-BürgerInnen (ca. 2 %) in erhöhtem Maße sehbehindert sind.
Als Orientierungshilfe für das Design von Banknoten wurde – BIZEPS-INFO berichtete – von der European-Blind-Union (EBU) ein Katalog an Mindeststandards entwickelt. Dieser stimmt mit dem vorliegenden Gestaltungskonzept des EWI nur in wenigen Punkten nicht überein.
Vier Kriterien
der Unterscheidbarkeit wurden dabei vom EWI in Zusammenarbeit mit Interessensvertretungen sehbehinderter und blinder Menschen festgelegt:
1. unterschiedliche Abmessungen der Banknoten
Die unterschiedlichen Abmessungen bieten wieder die Möglichkeit, die Banknoten voneinander sicher zu unterscheiden; dabei werden die Banknoten von
5 bis 500 EURO ansteigend jeweils um
6 bis 7 mm länger. Die Breite bleibt bei 100, 200 und 500 EURO gleich. Es ergeben sich folgende Größen:
5 EURO: 120 mm x 62 mm
10 EURO: 127 mm x 67 mm
20 EURO: 133 mm x 72 mm
50 EURO: 140 mm x 77 mm
100 EURO: 147 mm x 82 mm
200 EURO: 153 mm x 82 mm
500 EURO: 160 mm x 82 mm
Seitens der EBU wird ein Breiten- als auch Längenunterschied von mindestens 5 mm gefordert; dieses Erfordernis wird bezüglich der Breite der Banknoten also nicht erfüllt.
Wesentlich ist aber vor allem, daß die verschiedenen Längen eine Unterscheidung sowohl durch das Vergleichen beim Aneinanderlegen als auch mittels eines Cash-Test ermöglichen. Es sei noch angemerkt, daß der Geschäftsführer der Firma CARE-TEC, Dr. Dietmar Litschl, der den Cash-Test entwickelt hat, nach einem Gespräch mit der ÖNB sagen kann, daß auch bereits geplant ist, für den EURO einen Cash-Test zu produzieren.
2. unterschiedliche Hauptfarben der Banknoten
Für sehbehinderte Menschen, vor allem auch alte Menschen, wird die auffallende Farbgestaltung von Vorteil sein, wobei allerdings erst nach einer Gewöhnungsphase die Assoziation einer bestimmten Farbe mit dem jeweiligen Betrag möglich sein wird.
Die unterschiedlichen Hauptfarben sind: 5 EURO: grau, 10 EURO: rot, 20 EURO: blau, 50 EURO: orange, 100 EURO: grün, 200 EURO: gelblichbraun, 500 EURO lila.
Auch seitens der EBU wurde eine Farbgestaltung gefordert, die eine problemlose Unterscheidung ermöglicht. Diesem Erfordernis wurde weitestgehend Rechnung getragen.
3. Tasteigenschaften des Drucks
Die Tastbarkeit des Drucks wird versucht, durch ein gut tastbares Farbrelief im Wege eines Stichtiefdruckverfahrens zu verwirklichen. Erfahrungsgemäß sind derlei tastbare Symbole am unzuverlässigsten, da dazu besondere Geübtheit im Erkennen tastbarer Symbole erforderlich ist und sich diese Reliefdarstellungen durch die starke Beanspruchung von Banknoten (Abgreifen, Zusammenlegen, …) abnutzen.
4. deutlich erkennbare und lesbare Ziffern
Ebenfalls den Bedürfnissen sehbehinderter Menschen kommt entgegen, daß auf beiden Seiten der Banknoten und jeweils an derselben Stelle große und deutlich lesbare Ziffern angebracht werden, die außerdem noch dazu dienen, die Richtung anzuzeigen, in der Banknoten in Automaten einzuführen sind.
Diesbezüglich muß man sagen, daß hier erstmals auch auf einen Anwendungsfall Rücksicht genommen wurde, der insbesondere im Zuge der Emanzipierung behinderter Menschen zunehmend wichtig wird. Alles in allem kann man mit dieser Banknotengestaltung zufrieden sein. Bleibt nur abzuwarten, ob der EURO letztlich wirklich kommt.