Bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention darf nicht gespart werden – Österreich steht in völkerrechtlicher Verantwortung

Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen warnt Christine Steger, Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, eindringlich vor den angekündigten Sparmaßnahmen der Bundesregierung im Bereich der Inklusion.
Sie sieht darin einen Rückschritt bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, deren vollständige Umsetzung in Österreich weiterhin aussteht.
„Gerade im Hinblick auf die Empfehlungen des UN-Fachausschusses aus dem Jahr 2023 ist es unverständlich, dass nun Kürzungen im Bereich der Inklusion diskutiert werden“, so Steger.
Österreich sei völkerrechtlich verpflichtet, die Inklusion von Menschen mit Behinderungen voranzutreiben und dürfe sich nicht aus der Verantwortung ziehen“, so Steger
Berufliche Teilhabe nicht gefährden
Ein besonderer Fokus liegt auf der beruflichen Teilhabe: Dank einer verlässlichen Finanzierung durch den Ausgleichstaxfonds konnten in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte und Angebote – darunter die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz – erfolgreich etabliert werden. Diese Leistungen sind für viele Menschen mit Behinderungen essenziell, um gleichberechtigt am Arbeits- und Gesellschaftsleben teilhaben zu können.
„Wenn diese Angebote nicht langfristig gesichert werden, droht der Verlust zahlreicher Arbeitsplätze“, warnt Steger. Menschen mit Behinderungen würden aus dem ersten Arbeitsmarkt gedrängt, gleichzeitig wären auch Arbeitsplätze in der Sozialwirtschaft massiv gefährdet – mit negativen Folgen für die gesamte Wirtschaft.
„Dazu kommt, dass aktuell in vielen Branchen dringlich Arbeitskräfte gesucht werden. Die benötigte Unterstützung für Menschen mit Behinderungen sicherzustellen trägt dazu bei, diesem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Österreich kann in dieser Situation schlichtweg nicht auf die von Menschen mit Behinderungen erbrachte Arbeitsleistung verzichten“, betont Steger.
Warnung vor Umschichtungen und Projektstopps
Steger lehnt Umschichtungen und Kürzungen bestehender Projekte klar ab. Bereits angekündigte oder angelaufene Pilotprojekte wie die Harmonisierung der Persönlichen Assistenz, inklusive Arbeitsmodelle, die Initiative Lohn statt Taschengeld in Werkstätten sowie Maßnahmen für gehörlose und hörbeeinträchtigte Menschen seien zentrale Bausteine der UN-Behindertenrechtskonvention. Sie müssten konsequent weiterverfolgt und ausfinanziert werden.
„Es kann nicht sein, dass in einem Bereich Teilhabe eingeschränkt wird, um in einem anderen Verbesserungen umzusetzen“, betont Steger. „Solche Kompromisse untergraben mühsam erkämpfte Fortschritte.“
Verpflichtung aus dem Regierungsprogramm
Viele der genannten Vorhaben sind auch Teil des aktuellen Regierungsprogramms. Steger fordert die Bundesregierung auf, ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen ernst zu nehmen und die Finanzierung dieser Maßnahmen uneingeschränkt sicherzustellen.
Der UN-Fachausschuss verweist zudem in seinen abschließenden Bemerkungen anlässlich der letzten Staatenprüfung vom August 2023 wiederholt auch auf die Mitverantwortung der Länder. Viele für die Inklusion von Menschen Behinderungen maßgeblichen Leistungen und rechtlichen Bestimmungen fallen in deren Wirkungsbereich.
„Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine gemeinsame Verantwortung, die der Bund mit den Bundesländern zusammen wahrnehmen muss“, so Steger abschließend. „Jetzt ist die Zeit, klare Zeichen für echte Gleichstellung zu setzen.“